Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)
…«
»Pscht«, fiel Prudhomme ihr abrupt ins Wort. Clarissa mutmaßte jedoch richtigerweise, dass Lady Achard auf ein baldiges Ableben ihres armen, bedauernswerten Gatten hoffte.
»Wa… Waaas?«, stotterte seine Begleiterin. Sie klang nervös.
»Ich glaube, ich höre etwas.«
Das Paar stob auseinander, keine Sekunde zu früh, bevor eine andere Frau über den Weg gelaufen kam. Sie blieb stehen, sichtlich verblüfft beim Anblick der beiden. »Oh, Lord Prudhomme, Lady Archard.«
An der Stimme erkannte Clarissa Lady Alice Havard, eine weitere Freundin ihrer Stiefmutter. Das Mädchen duckte sich tiefer in die Büsche.
»Lady Havard«, murmelten die beiden Nachtschwärmer und taten dabei so harmlos, als wäre zwischen ihnen nichts gewesen.
»Draußen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, Alice?«, erkundigte sich Lady Achard. In ihrer Stimme klang leises Misstrauen an.
»Ja, drinnen ist es entsetzlich schwül«, erwiderte Lady Havard. Dann schob sie süffisant hinterher: »Das meinte Lord Achard vorhin auch.«
»Arthur ist hier?« Die Panik in Hazel Achards Stimme war kaum zu überhören. »Aber er fühlte sich doch unwohl und wollte deswegen nicht mitkommen.«
»Tja, anscheinend hat er es sich anders überlegt.« Lady Havard lächelte selbstzufrieden. »Er wollte wissen, wo du bist. Ich hab ihm gesagt, du bist zum Büfett gegangen.«
»Oh.« Eine kurze Pause schloss sich an. Dann drehte sich Lady Achards bunt wogende Masse zu Prudhomme. »Haben Sie vielen Dank, Mylord. Es war überaus freundlich von Ihnen, dass Sie mir Ihren Garten gezeigt haben. Ich denke, ich sollte jetzt wieder hineingehen.« Nach kurzem Zögern bemerkte sie spitz: »Begleitest du mich, Alice?«
»Nein. Ich möchte mir erst noch Lord Prudhommes neuen Springbrunnen anschauen. Henry, Sie erwähnten doch neulich, Ihre Mutter habe einen bauen lassen?«
»Ja, ja«, sagte Prudhomme schnell. »Kommen Sie, ich zeig Ihnen, wo er ist.«
»Also … ich bin dann mal weg«, meinte Lady Achard erkennbar widerwillig, und ihre diffuse Gestalt schob ab.
Fest davon überzeugt, dass Prudhomme und Lady Havard ihrem Beispiel folgen würden und dass sie und Adrian dann endlich wieder auf den Ball zurück könnten, hätte Clarissa beinahe laut erleichtert aufgeseufzt. Sie täuschte sich jedoch. Lady Havard baute sich vor Prudhomme auf. Ihre Stimme bitter vor Eifersucht, fragte sie: »Was wollte sie von dir?«
»Lady Achard wollte ein bisschen frische Luft schnappen und bat mich, ihr die neu gestalteten Teile des Parks zu zeigen. Das habe ich getan«, sagte Prudhomme mit Unschuldsmiene. Clarissa verdrehte die Augen. Grundgütiger, der Kerl schwindelte wie gedruckt!
»Oh.« Lady Havard klang erleichtert. Dann platzte sie heraus: »Als ich euch beide hier draußen sah, dachte ich …«
»Pscht, Liebchen.« Prudhommes kleiner dunkler Schemen zog Lady Havards nebelhaft verwaschene Silhouette in seine Arme. »Du weißt genau, dass mir alle anderen Frauen egal sind. Ich liebe nur dich, Alice. Und ich werde dich immer lieben, bis an mein Lebensende.«
»Ja, Henry«, seufzte sie, als er ihre Halsbeuge mit fedrigen Küssen bedeckte. »Ich bin in letzter Zeit bloß so eifersüchtig.«
»Dafür gibt es keinen Grund, Herzelein.«
Clarissa kniff krampfhaft die Augen zusammen und neigte sich neugierig weiter vor, denn Prudhomme zerrte eben an den bauschigen Stoffmassen der Dame. Gute Güte! Sie stellte bestürzt fest, dass der alte Lüstling Lady Havards Brüste entblößt hatte – und das mitten im Park. Zumindest nahm Clarissa an, dass die rosig verwischten Wackelberge, die Prudhomme hingebungsvoll drückte und quetschte und mit laut schmatzenden Küssen bedeckte, Lady Havards Brüste waren.
Lady Havard griff stöhnend in seine Perücke und riss seinen Kopf von ihrem Busen weg. »Was ist mit dem Mädchen?«
»Clarissa Crambray?« Aus Prudhommes Stimme sprach unverstellter Ärger. »Sie ist bloß ein Kind. Was weiß sie schon von einer Leidenschaft wie der zwischen uns?«
»Du liebst mich doch noch, oder?«, flehte sie.
»Natürlich«, versicherte er.
Abermals vermischten sich ihre konturierten Schatten, ehe er von Neuem beteuerte: »Ich träume von dir. Ich wache morgens mit deinem Namen auf meinen Lippen auf und stelle mir vor, dass diese ganze Heimlichtuerei ein Ende hat.«
Clarissa verdrehte abermals die Augen. Anscheinend träumte der Mann eine ganze Menge. Wo nahm er bloß die Zeit her, zumal er offenbar zwei Damen beglücken musste?
»Oh
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