Liebe auf den zweiten Blick
noch aufrecht stehen zu können.
Als ihr klar wurde, dass sie eigentlich empört sein sollte,
knallte sie doch noch die Tür zu, wenn es auch zu spät war, um irgendwen zu beeindrucken.
„Die verdammte alte Schachtel!. Ich dachte nicht, dass es noch jemanden in Tulip gibt, der sich daran erinnert.”
Effies einziger Ausflug in die Freiheit hatte mit einer schrecklichen Demütigung geendet.
Sie hatte all die Jahre versucht, diese Niederlage zu überwinden, indem sie den Ruf anderer Leute ebenfalls in den Schmutz zog. Offenbar würde sie sich jetzt ein anderes Ventil suchen müssen.
8. KAPITEL
Rosemary zupfte an ihrem Haar herum, zerzauste es dabei aber eher, als dass sie es glättete.
„Ich kann mich nicht erinnern, wann uns zuletzt ein Mann zum Gottesdienst begleitet hat. Das ist so aufregend.”
Tyler grinste, als Amelia ruhig die Frisur ihrer Tante in Ordnung brachte. „Ja, Ma’am. Es ist auch für mich wirklich nett. Ich sitze normalerweise nicht mit drei hübschen Damen zusammen.”
Der Ausdruck „hübsche Damen” freute Wilhemina, aber niemand hätte ihr das ansehen können. Stattdessen verzog sie den Mund, als Tyler nach Amelias Arm griff. Aber es rührte sie, wie Amelias Gesicht aufleuchtete. Einen Moment lang fragte sie sich, wie ihr Leben
verlaufen wäre, wenn sie einiges anders gemacht hätte. Sie seufzte. „Ja, nun, es ist eine Weile her, seit ein Mann bei uns gesessen hat. Ich schätze, es wurde langsam Zeit.”
Rosemary kicherte, als Tyler auch nach ihrem Arm griff.
Wilhemina schnitt eine Grimasse. „Rosemary! Komm schon.”
Die Tanten gingen voraus, und Amelia und Tyler blieben ein paar Schritte zurück. Amelia wollte etwas sagen, vergaß das aber sofort, als Tyler sie plötzlich küsste.
Tyler konnte nicht anders. Es lag daran, dass er hin und wieder etwas von Amber in ihr aufblitzen sah und daran erinnert wurde, was sich unter Amelias tugendhaftem Äußeren verbarg. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, also nutzte er die Gelegenheit, ihr einen Kuss zu stehlen.
Amelia fing gerade an, es zu genießen, als ihr einfiel, dass sie auf der Kirchentreppe standen, wo jeder, der gerade kam, sie sehen konnte. Widerstrebend löste sie sich von Tyler, dann sah sie sich um und stellte erleichtert fest, dass niemand sie beobachtete.
Tyler strich zart mit einem Finger über Amelias Unterlippe und betrachtete ihren Körper.
Ihm war nie bewusst gewesen, wie verlockend eine Frau wirken konnte, auch wenn sie nur wenig zeigte. Es war eine verwirrende Erkenntnis, dass Amelia ihn mindestens so faszinierte wie Amber. Nachdenklich schob er sie in die Kirche.
Dass die Gemeinde die neue Sitzordnung zur Kenntnis nahm, war eine Untertreibung.
Überall wurde geflüstert, bis Tyler seinen Blick über die Reihen schweifen ließ. Die Botschaft darin war klar. Tyler Savage machte Amelia Beauchamp ganz offen den Hof, und es gab
niemanden in Tulip, der den Mut hatte, etwas dagegen zu sagen.
Für Amelia war das Schlimmste vorbei. Für Tyler fing es gerade erst an. Er musste einen Weg finden, um Amelia davon zu überzeugen, dass er wirklich sie liebte, und er wusste, dass das nicht leicht sein würde. Immerhin hatte er ihr, als sie Amber war, erklärt, wie viel sie ihm bedeutete. Wenn er nicht vorsichtig war, würde sie ihn für einen Mann halten, der nur auf Abenteuer aus war. Sie wusste ja nicht, dass er ihr kleines Geheimnis kannte.
Es wäre so einfach gewesen, wenn sie es ihm gestanden hätte, aber er verstand, warum sie es nicht tat. Sie würde ihm in die Augen sehen und zugeben müssen, dass ihr bereits klar war, wie erregt er war, wenn er sie in den Armen hielt. Dass sie schon lustvoll aufstöhnte, wenn er nur zart über ihren Nacken strich und dass ihre Brustspitzen sich unter dem roten Satin aufgerichtet hatten, wenn er sie nur angesehen hatte.
Er hatte eine Seite von Amelia erlebt, von der sie vermutlich selbst nicht gewusst hatte, dass sie existierte. Es war seltsam, dass er mit Amber fast geschlafen hatte und Amelia gerade mal zart geküsst hatte - und dass beide Frauen ein und dieselbe Person waren.
Als der Geistlichen zum ersten Lied aufrief, griff Effie mit mehr Kraft als sonst in die Tasten der Orgel. Rosemary blickte von ihrem Gesangbuch auf. Offenbar hatte Effie die Botschaft verstanden. Es war gut, dass sie ihren Eifer ausnahmsweise auf die Religion richtete.
Rosemary war der Meinung, dass eine kleine Veränderung keinem schaden konnte.
Tyler schob sich das letzte Stück von Wilheminas
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