Liebe auf den zweiten Kuss
die Augen und schüttelte den Kopf. »Ach so ist das. Sie haben ein Faible für ihn.«
»Ein was?« Nell runzelte die Stirn, dann begriff sie.
»Nein, ich kenne ihn erst seit einer Woche.«
»Dazu braucht es doch höchstens eine Minute, meine Liebe«, wandte Lynnie ein. »An dem werden Sie sich die Zähne ausbeißen. Er wird Sie ausnutzen, ohne dass es ihm selbst überhaupt auffällt. Sehen Sie sich nur die arme dumme Chloe an.«
»Ich will nur das Geld zurückhaben«, wiederholte Nell.
»Ja, das habe ich mittlerweile begriffen. Ich folge Ihnen in meinem Auto.«
»Ich bin zu Fuß gekommen«, sagte Nell. »Ich fahre bei Ihnen mit. Das ist ohnehin viel netter.«
In einer kleinen Zweigstelle der Bank in der Altstadt löste Lynnie wenig später einen Scheck ein und reichte Nell das Geld.
»Danke.« Nell drehte sich um und verließ die Bank und versuchte, so rasch wie nur irgend möglich von Lynnie weg zu kommen – lass ab von mir, Satan -, doch sie hatte kaum das Freie erreicht, als Lynnie ihr vom Eingang der Bank aus hinterher rief.
»Sie haben gerade einen Fehler begangen«, sagte Lynnie ganz ruhig, und Nell blinzelte zu ihr hoch.
»Soll das eine Drohung sein?«
»Nicht doch. Sie kämpfen für die falsche Seite. Sie sind knallhart und schlau und geben all das Gabe. Haben Sie nicht genau dasselbe schon einmal für Ihren Ex-Mann getan?«
Nell schluckte. »Das ist etwas anderes.«
Lynnie schüttelte den Kopf. »Es ist das Gleiche. Wenn Sie und ich uns zusammentun würden, könnten wir einigen Schaden anrichten.« Sie lächelte Nell an, ein Lächeln, in dem sich mehr Bedauern als Ärger spiegelte. »Mein Problem ist, dass ich mit Geld immer ein gutes Händchen hatte, aber die Planung ist nicht meine Stärke. Ich brauche immer jemand Cleveren, der sich um die Details kümmert. Ich glaubte einmal, jemanden gefunden zu haben, aber er hat sich aus dem Staub gemacht.«
Die Erinnerung daran verzerrte ihr Gesicht etwas. »Er wollte sich scheiden lassen und mich heiraten, und ich habe ihm geglaubt. Lassen Sie sich nur niemals mit Ihrem Chef ein.«
»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, entgegnete Nell und dachte an Tim.
»Gabe wäre der Schlimmste«, fuhr Lynnie fort und musterte sie. »Mit einem solchen Mann kann man einfach nicht zusammenarbeiten, man kann lediglich für ihn arbeiten.« Sie lehnte sich etwas näher zu Nell hinab. »Aber Sie könnten mit mir zusammenarbeiten. Sie machen den Eindruck, als ob Sie zu planen verstünden, und ich würde Sie niemals übers Ohr hauen.«
Das würde sie nicht , dachte Nell und ging zu ihr zurück.
»Es tut mir wirklich Leid, dass die Männer Sie so schlecht behandelt haben. Ehrlich. Ich hoffe, dass Sie das bekommen, was Sie sich in den Kopf gesetzt haben. Vorzugsweise ohne irgendjemanden zu vernichten natürlich, aber ich hoffe, dass Sie es dennoch bekommen.«
»Das Vernichten ist eigentlich das Beste.« Lynnie lehnte sich gegen die schmiedeeiserne Balustrade. »Hören Sie zu, ich habe da einen in der Mangel. Sie würden es sicher gutheißen, denn dieser Typ ist solch ein Ausbeuter, dass noch nicht einmal ich es glauben kann. Und ich habe ihn am Haken, er zahlt, und es ist auch noch mehr drin. Was wir ihm antun könnten, hat er sich alles redlich verdient. Wir sprechen hier von einer Gerechtigkeit mit Zins und Zinseszins.«
Lynnie lächelte sie an, und Nell erwiderte ihr Lächeln.
»Aber er ist ganz schön ausgefuchst. Ich könnte gut etwas Hilfe gebrauchen. Wie wäre es? Sie und ich, Erntezeit, und dann mit Volldampf in die Zukunft.«
Einen Augenblick lang stellte sich Nell vor, wie sie beide stellvertretend für alle Frauen Rache nehmen würden. Eine wilde Phantasie, nicht mehr. »So etwas kann ich nicht tun, Lynnie. Es entspricht mir einfach nicht.« Sie streckte die Hand aus, und nach einem kurzen Augenblick drückte Lynnie sie. »Viel Glück, das meine ich ernst.« Dann trat sie auf die Straße hinaus. Ohne sich noch einmal umzusehen, steuerte Nell das Büro der McKennas an, ganz auf sich gestellt und mit Volldampf in die Zukunft.
Eine Stunde später saß Nell im Büro, als Suze mit einem Karton Gourmet-Hundeküchlein und einem Bastkorb hereinkam, in dem ein kurzhaariger, schwarzer Dackel in einem roten Pullover saß.
»Du musst dich um Schnuckiputz kümmern«, erklärte sie Nell. »Jack hat gerade angerufen und möchte, dass ich mit ihm zu Mittag esse. Meinst du, er könnte von der Hundeentführung Wind bekommen haben? Vielleicht hat dieser Farnsworth
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