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Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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richtig zugeknallt.
    Ich weiß nicht mehr, wie ich dazu kam. Es war wohl die Nachwirkung von Johnnys Schnapsbohnen: Ich trottete auf den Wagen zu und atmete den wonnigen Geruch von besonntem Leder und Gummi ein, der die Autos so liebenswert macht. Ich sah mich um. Niemand war in der Nähe! Mit einem kurzen Satz war ich im Wagen und auf den roten Sitzen. Sie rochen nach Parfüm, aber anders als Rita, frischer und unaufdringlicher.
    Der fremde Duft brachte mir das Unerlaubte meiner Handlungsweise zum Bewußtsein. Ich wollte aussteigen. Zu spät.
    Die Tür des Buchladens wurde aufgerissen. Ich sah den dunklen Kopf einer jungen Frau, die mit energischem Schritt auf den Wagen zukam. Heute preise ich die Furcht, die mich damals davon abhielt, hinauszuspringen. Ich quetschte mich zwischen den Sitzen durch und verkroch mich nach hinten. Im nächsten Augenblick flog ein Buch dicht an mir vorbei, dann ein Einkaufsnetz. Der Parfümduft verstärkte sich. Die Tür knallte zu.
     
    Ich war zu Tode erschrocken, als der Motor losbrummte und das Auto abbrauste. Ich kippte um, geriet ein Stück weiter nach hinten und sah das dunkle Haar des Mädchens über der Lehne. Wunderbarer Hals. Schulterpartie in weißer Leinenjacke.
    O Dan, dachte ich. Jetzt suchst du mich und machst dir Sorgen. Nichts als Ärger hast du mit mir. Ich bin ein blinder Passagier auf hoher See und kann nicht aussteigen... Der Fahrtwind pfiff mir um die Ohren. Das Mädchen zog den Wagen scharf um die Ecken. Wenn der Motor weniger laut gewesen wäre, hätte es hören müssen, wie ich zwischen dem Netz und dem Buch herumrollte. Und das mit meinem Kater!
    Hoffentlich ist sie nicht aus einer anderen Stadt, dachte ich. Oder die Frau eines Hundefängers.
    Nach einiger Zeit hatte ich es raus, mich in die Kurven zu legen. Aber diese Fertigkeit nützte mir nichts mehr. Sie bremste so scharf, daß ich mit Vehemenz gegen die Lehne knallte. Der Motor blieb stehen. Die Fahrt war zu Ende.
    Ich hörte, wie das Mädchen die Handbremse anzog. Dann drehte sie sich um, und ich sah zum erstenmal in ihre wunderschönen hellgrünen Augen.
    Geraume Zeit passierte nichts.
    «Ja, wo gibt's denn so was?» sagte sie dann. «Wie kommst du hierher?»
    Dreimal darfst du raten, dachte ich. Eingestiegen.
    Sie streckte die Hand aus. Im allgemeinen lasse ich mich nicht von fremden Leuten anfassen. Jetzt wäre es aber die Höhe der Frechheit gewesen, sie obendrein noch zu beißen. Ihre schlanke, warme Hand strich über mein Fell. Sie lachte. «Du mußt erst mal mit raufkommen. Sonst brennt mein Braten an.» Sie nahm Netz und Buch und stieg aus. Ich blieb sitzen.
    «Na los, los! Wirst nicht gefressen.»
    Widerstand war zwecklos. Ich sprang hinaus und schüttelte mich. Sie hielt die Haustür auf. Ich sprang hinter ihr die Treppen hoch und mußte mich anstrengen, mit ihr Schritt zu halten.
    Im zweiten Stock schloß sie ihre Wohnungstür auf, knallte Netz und Buch auf einen Stuhl und rannte weiter nach hinten. Ich folgte vorsichtig. Es roch schon ziemlich stark nach Braten. Aber nicht angebrannt. Ich hörte sie hantieren und herumlaufen. Dann kam sie wieder. «Komm, blinder Passagier!» sagte sie.
    Wir gelangten in ein mittelgroßes helles Zimmer. Die Einrichtung war typisch weiblich. Ein Haufen Zeug, das Dan sich niemals angeschafft hätte.
    Sie setzte sich und nahm eine Zigarette. Während sie rauchte, hatte ich Muße, sie zu betrachten.
    Wirklich toll. Das schönste Mädchen, das ich mir vorstellen konnte. Ein Langhaardackel unter den Menschen.
    Schwarzes Haar, wie die Federn eines jungen Raben. Helle Augen mit ganz feinen braunen Pünktchen darin, fröhlich und selbstbewußt. Beachtliche Oberweite, aber trotzdem schlank, und bildhübsche Beine. Sie schlug mit der flachen Hand neben sich auf die Couch. «Hopp — komm zu mir!»
    Ich fügte mich, obwohl ich sonst kaum auf Kommandos reagiere. Sie zog noch einmal an ihrer Zigarette, legte sie weg und griff nach meinem Halsband. Ich dachte voller Dankbarkeit an Gerda Gilbert, Pauls reizende Frau, die Dan den vortrefflichen Rat gegeben hatte, einen Zettel mit meiner Anschrift in das Täschchen zu stecken. Das Mädchen las und lächelte über die zwanzig Pfennige. «Blasius heißt du also», sagte sie. «Herrchen wird dir deine Ohren noch länger ziehen.»
    Das fürchtete ich auch.
    Auf einem kleinen Sekretär hatte sie ein weißes Telefon. Sie wählte Dans Nummer. Die Scheibe drehte sich mit leisem Schnarren.
    Nichts. Es meldete sich niemand.
    Entweder

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