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Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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suchte er in den Straßen unseres Viertels nach mir, oder er saß noch bei Eugen, dem Flüssigen, und war schon so blau, daß er mein Fehlen gar nicht bemerkt hatte.
    Meine Gastgeberin legte den Hörer auf.
    «Na — dann essen wir erst mal.»
    Sie sagte das mit solcher Selbstverständlichkeit, als hätte sie jeden Tag fremde Hunde zu Gast. Der Anblick des Bratens hob meine Stimmung. Ich bekam eine ganze Scheibe, eine kleine Kartoffel und ein wenig Soße, was meinen Diätvorschriften ziemlich genau entsprach. Sie aß in aller Ruhe, rauchte noch eine Zigarette und rief wieder mein Herrchen an. Jetzt war Dan da. «Gengenbach», sagte das Mädchen, «Herr Nogees... kennen Sie einen Herrn Blasius?
    Ja... bei mir... in mein Auto gestiegen...»
    Dan redete anscheinend schnell und viel.
    «Wollen Sie mit ihm sprechen?»
    Sie hielt mir den Hörer ans Ohr. Ich vernahm Dans liebe Stimme.
    «Du dreimal verfluchter Satansbraten», schimpfte er, «ich werde dich schlachten und ausstopfen lassen! Wir suchen uns dusselig, und du sitzt bei fremden Frauen. Du stehst morgen auf der Speisekarte, du Satansratte, so wahr ich...»
    Den Rest seiner Ausführungen vernahm ich nicht mehr. Sie hörte wieder zu und lachte. Dann nannte sie die Adresse und hängte auf.
    «Gleich kommt Herrchen angesaust», sagte sie. «Nette Stimme hat er.»
    Sie stand auf und ging hinaus. Ich blieb nachdenklich sitzen und hörte sie draußen rumoren. Einmal kam sie herein und hatte einen weißen Kittel an. Sie arbeitete irgend etwas, aber ich fand nicht heraus, was es war. Immerhin: Berufstätig. Na ja, was ging es mich an?
     
    Ich hockte allein im Wohnzimmer und döste vor mich hin.
    Durch das offene Fenster drang der Lärm von Autos und Straßenbahnen: Den Krach von Dans altem Karren hätte ich noch aus dem Geknatter von hundert Motoren herausgehört. Er trat noch einmal auf den Gashebel, wenig später schepperte die Tür. Ich sprang zu Boden und rannte auf den Korridor. Sie kam aus einem kleinen Zimmer heraus, in dem flache Schalen und Flaschen standen.
    «Was ist? Kommt er?»
    Ich schwänzelte und grinste sie an. Man hörte, wie jemand die Treppe dreistufenweise heraufsauste. Es klingelte fürchterlich. Sie öffnete, und Dan stolperte über die Schwelle. Er hockte sich nieder, und ich sprang ihm ins Gesicht und quiekte in höchsten Tönen. Er drückte mich, ich kam frei, rannte im Kreis herum und sprang ihn wieder an. Er schwatzte dummes Zeug, mein Gequietsche schallte durch das Haus, und erst nach längerer Zeit erinnerten wir uns der Wohnungsinhaberin.
    Sie stand an der Wand und betrachtete uns aufmerksam.
    Dan richtete sich auf und strich sich seine zerwühlte Frisur zurecht. «Entschuldigen Sie», sagte er verlegen, «Nogees... es war unsere erste Trennung, wissen Sie... ich danke Ihnen, Fräulein...»
    «Gengenbach», half sie ihm.
    Dan verstummte. Langsam schien ihm klar zu werden, was er da vor sich hatte. Er brachte den Blick nicht los von ihrem Gesicht. Ruhig sah sie ihn an. Ich setzte mich, guckte mit hängender Zunge von einem zum anderen.
    Sie musterten sich so intensiv, daß mir war, als liefe ein knisternder Strom zwischen ihnen. Es wurde mir fast peinlich, daß Dan sie so anstarrte. Irgend etwas vollzog sich jetzt dort oben, von dem ich keine Ahnung hatte und nie eine haben würde.
    Dan erwachte und nahm mich hoch.
    «Hatten Sie Ärger mit ihm?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Keine Spur. Fromm wie ein Osterlamm.»
    «Möchte wissen, wie er auf die Idee gekommen ist», sagte Dan. «Zuerst sah es so aus, als hielte er nichts vom Autofahren. Wurde seekrank. Und nun... aber ich möchte Sie nicht aufhalten...»
    Sie tat auch nichts, um uns aufzuhalten.
    «Leider habe ich gleich Kundschaft», erklärte sie.
    Heiliger Blasius. Jetzt mußte ihm etwas einfallen, sonst waren wir draußen und aus war's mit der Romanze.
    Dan hielt mich in einem Arm und fingerte in seiner Tasche herum.
    «Darf ich Ihnen das Telefongeld...»
    Sie schüttelte leicht ihr schönes Haar.
    «Das hatte er mit.»
    «Wie?... Ach ja, das hatte er mit...»
    Mein schüchternes Herrchen nahm die Hand aus der Tasche und verbeugte sich. «Nochmals vielen Dank», sagte er. «Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich getan hätte, wenn er weg gewesen wäre...»
    «Kann ich Ihnen nachfühlen», sagte sie. Ihre Hand strich über meine Schnauze.
    «Wiedersehen, Blasius. Es war mir ein Vergnügen.»
    Mir auch. Vom Braten erzählte sie kein Wort. Wunderbare Frau. Nie würde ich ihren Geruch aus

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