Liebe auf südlichen Straßen
sind ganz nette Kerle, und ob Deutscher, Engländer oder Amerikaner, auf unsere Weiber sind alle scharf wie Gift. Aber die Deutschen sind ruhiger. Auch wenn sie besoffen sind. Da sollst du aber mal die Americani erleben, maresciallo! Wenn sie voll sind, dann knallen sie einfach in der Gegend herum, als ob sie aus Spielzeugpistolen schießen. Und außerdem — du weißt es, maresciallo — ihr seid mir einfach sympathisch, und gegen sein Herz kann man nicht an...«
»Alla salute, Peppino!« sagte ich und stieß mit ihm an. Er war inzwischen ein Stück gewachsen, hatte einen dunklen Bartanflug unter der Nase und auf den braunen Wangen unterhalb der Schläfen und sah aus wie ein junger Mann. — Es gab in der Kantine in Recco nicht mehr viel zu kaufen, aber Beutel mit Haarwaschpulver, Fußpuder, Bleistifte, Feldpostblocks und Rasierapparate gab es in rauhen Mengen. Und ich schenkte Peppino einen soeben erstandenen Rasierapparat und ein Dutzend Klingen Marke »Landsknecht« dazu. Er fuhr sich mit der flachen Hand über Kinn und Wangen...
»Meinst du, daß ich es schon nötig habe, maresciallo?« fragte er errötend.
»Du bist ein Mann geworden, Peppino!« sagte ich, »und du kannst nicht mehr unrasiert wie ein Schwein herumlaufen.«
»Beim kochenden Blut des heiligen Januarius!« sagte" er und warf sich in die Brust, »du hast recht, Maresciallo! Und ich merke es manchmal selber, daß ich ein Mann geworden bin. Ich danke dir! Leih mir deine Seife und deinen Pinsel. Der Bart muß herunter!«
Eine Viertelstunde später verließ er mich mit weißgepudertem Kinn, um sich bei den Freunden von früher und bei Hauptmann Södering zu melden. Am Abend war er schon mitten im Geschäft, kannte bereits die Hälfte der Damen im Ort, kannte die Namen sämtlicher Bauern in der näheren Umgebung und verhandelte mit zwei Fischern, denen er ihre Fänge restlos unterzubringen versprach.
»Verstehst du, Maresciallo! Sie verkaufen an mich, einen Italiener, und sind damit die Sorge los, daß ihnen die Partisanen und ihre Helfer in Camogli die Netze zerschneiden. Weißt du, ein Auto müßte man haben, und wenn es nur ein ganz kleines und wackeliges Vehikel wäre! Ich würde Heereslieferant für die ganze Küste bis Varazze und Savona werden. Ein Geschäft, bei dem zweihundert Prozent zu verdienen sind. Wenn du nicht Soldat wärest, würde ich dich zu meinem Kompagnon auf Kippe machen, und wir könnten beide, wenn dieser Dreckskrieg zu Ende ist, reiche Leute sein und könnten in Neapel ein fabelhaftes Etablissement aufmachen. Nur erstklassige Weiber, taufrisch und keine älter als dreißig!«
Das war nun sein Lebensziel, und dagegen war nichts zu machen. Ich bedauerte höflich, Soldat zu sein und mich an seinen augenblicklichen und zukünftigen Unternehmungen nicht beteiligen zu können. »Aber findest du nicht«, fragte ich schließlich, »daß du ein wenig gefährlich lebst? Was dann, wenn du eines Morgens mit einem Messer in den Rippen aufwachst oder nicht mehr aufwachst?«
Er sah mich von unten herauf an.
»Kannst du schweigen, Maresciallo?«
»Natürlich kann ich, aber was soll das?«
»Dann schwöre mir bei den Gebeinen und beim Blut von San Gennaro in der Kathedrale zu Napoli, daß du den Mund halten wirst!«
»Ich schwöre nicht, aber ich bin still wie das Grab von San Januarius in der Kathedrale zu Neapel.«
»Also paß auf«, sagte er, »die Partisanen in den Bergen haben selber nichts zu fressen. Verstehst du, Maresciallo?«
»Ich verstehe kein Wort...«
»Stell dich doch nicht so dumm an, Maresciallo! Ganz einfach, ich beliefere euch und ich beliefere auch die Partisanen mit Fischen. Und dazu brauche ich ein Fahrzeug. Zu den Küstenorten komme ich im Boot. Aber in die Berge kann man nicht segeln. Nun, ich werde schon einen Weg finden.«
»Ich fürchte«, sagte ich ehrlich erschüttert, »daß ich dich eines Tages irgendwo baumeln sehen werde...«
»Keine Sorge, Maresciallo! Eine Zigeunerin, eine alte blinde Gitana, die wirklich etwas von ihrem Geschäft verstand, hat mir geweissagt, daß ich als reicher Mann mit dreiundsiebzig Jahren an einer Fischgräte im Hals ersticken werde. Nicht daß ich abergläubisch bin, ich bin schließlich ein Neapolitaner und kein Bauer von Pomigliano, aber verlaß dich darauf, ich werde mich hüten, ab dreiundsiebzig Fisch zu essen. Ich mach’ mir sowieso nicht viel daraus.«
»Wie alt bist du eigentlich, Peppino?«
»Nicht einmal meine Mutter weiß es genau, aber es muß so um
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