Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
bewusst. Ich brauche keine Belehrungen von dir!!!“, brüllt er erneut unkontrolliert herum. „Das Einzige, worum ich dich bat, war, mir dein Vertrauen zu schenken. Aber da scheine ich wohl zu viel von dir verlangt zu haben.“
Mit geballten Fäusten bleibe ich stehen und bemühe mich, meinen einsetzenden Zorn auf ein Standardmaß herunterzudrosseln. Bis heute ist es nicht mal meiner Tante gelungen, mich so zu reizen, dass ich mich vergesse. Doch sein ungerechtes Verhalten führt zu einem Überdruck in mir. Ich fühle mich wie ein Korken, der jeden Augenblick aus der Champagnerflasche knallen möchte.
„ Du hast mir doch dein Vertrauen genauso wenig schenken wollen!!!“, schreie ich ihn endlich an. Interessant! Wenn ich will, kann ich das Volumen meiner Stimme nahezu verdoppeln. Und offenbar zeigt es Wirkung, denn David sieht mich alarmiert an. „Wenn du nur ein Fünkchen Vertrauen in mich gesetzt hättest, dann wäre diese Geheimniskrämerei gar nicht nötig gewesen. Aber David Barclays Schultern sind ja wohl grenzenlos groß. Die können nämlich die gesamte Last seines Lebens alleine tragen. Er braucht niemanden, dem er sich anvertrauen kann. Alle Menschen brauchen jemanden, aber David Barclay nicht. Er ist unverwundbar!!! Zwar möchte er, dass ihm jeder vertraut, aber er kann von sich nichts weiter geben als heiße Luft! Da sind Menschen, die sich um ihn sorgen und die bereit sind, ihr Weltbild auf den Kopf zu stellen, nur um ihm zu helfen. Statt diese Bemühungen − welcher Art sie auch sein mögen − anzuerkennen und dankbar dafür zu sein, weist er sie zurück, nein, er verurteilt sie sogar!“
Mir schießt die Röte ins Gesicht. So aufgeregt habe ich mich noch nie. Meine Vernunft sagt mir, dass ich meinen Puls so schnell wie möglich herunterfahren sollte, bevor meine Lebenserhaltung versagt, aber versuch mal bei Tempo zweihundert eine Vollbremsung hinzulegen. Das geht praktisch nicht!
„Es reicht“, sagt David nun tonlos. „Ich habe genug gehört. Wenn du das alles so siehst, dann ist es besser, wenn du jetzt gehst.“ Er öffnet die Tür, die er zuvor angelehnt hatte und weist mir den Weg hinaus aus dem Zimmer. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Ich gebe zu, dass ich meinen Standpunkt ein wenig überdreht vertreten habe, aber seine ungerechten Worte wühlen mich derartig auf, dass sich meine Beherrschung verflüchtigt hat wie ein Gas.
„Du brauchst mich nicht rauszuschmeißen. Ich wäre jetzt ohnehin gegangen“, sage ich mit dem letzten bisschen Stolz, der mir noch geblieben ist. Er kann sich nun gerne einen anderen Sündenbock suchen. Ich bin für heute bedient. Wenn David jeden so behandelt, der ihm nur Gutes will, dann weiß ich nicht, was ich hier verloren habe. Auf der Türschwelle bleibe ich noch einmal stehen und sehe David ins Gesicht. Er schaut mich an, als begreife er selbst nicht, was hier gerade zwischen uns passiert. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sage ich leise und gehe.
Neues Leben, neues Glück?
Vier Wochen sind inzwischen vergangen und es hat sich viel für mich verändert. Ich bin zu einigen neuen Erkenntnissen gelangt, vor allem aber habe ich durch den Streit mit David eine Seite an mir entdeckt, die mich zutiefst verunsichert. Bisher dachte ich immer, dass ich meine charakterlichen Schwächen ganz gut im Griff habe, aber diese Annahme ist an dem Tag, an dem ich David das letzte Mal sah, wie eine Seifenblase zerplatzt. Abgesehen davon, dass ich meine Selbstbeherrschung zum ersten Mal bei diesem hitzigen Wortwechsel verlor, habe ich noch ordentlich an den Folgen zu knabbern. Ich bin nämlich recht einsilbig geworden und ein Lächeln ist mir nur noch selten zu entlocken.
Meine Tante blieb nach diesem folgenschweren Abend eine ganze lange Woche, um mich wieder auf andere Gedanken zu bringen. Sie arbeitete hart an mir mit verschiedenen Tinkturen und Heilkräutern. Aber gegen Liebeskummer ist nun mal kein Kraut gewachsen. Als sie endlich abfuhr, war ich sehr erleichtert und doch fühlte ich mich einsam.
Kurze Zeit darauf fing ich als Assistentin bei Dr. Wilson an und vielleicht wäre ich sogar glücklich, für ihn arbeiten zu dürfen, wenn die Umstände andere wären. Aber mein Glück fand ich nun mal auf Rosefield. Ich vermisse die Kollegen, Charly, Clark und vor allem David. Wenn ich einen Weg kennen würde, alle Worte des Vorwurfs und der Kränkung, die noch immer in meinen Ohren nachhallen, aus dem Gedächtnis auszublenden,
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