Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
natürlich noch etwas anderes gewesen. Aber das hier war das echte Leben.
»Da ist aber jemand ganz schön nervös«, sagte Genevieve leicht von oben herab, als sie aus dem Aufzug stieg und schnurstracks auf die Dessousständer zusteuerte.
»Das täuscht«, sagte Jack kühl und konnte sich nur mit Mühe beherrschen, Genevieves Rücken nicht die Zunge rauszustrecken. Genevieve hatte vor ein paar Wochen ihre Unschuld an irgendeinen drittklassigen Teenie-Schauspieler verloren, als sie zur Verleihung der Teen Choice Awards nach L.A. zu ihrem Dad, seines Zeichens Regisseur, geflogen war. Damit war sie die Erste von Jacks Freundinnen, die schon Sex gehabt hatte, und sie sorgte in regelmäßigen Abständen dafür, dass keine der anderen das jemals vergaß.
»Dann willst du es also wirklich tun?«, fragte Jiffy laut und blieb vor einem Ständer mit hässlichen pink-schwarzen Halbschalen-BHs aus Spitze stehen.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?« Eine Verkäuferin schob sich reserviert lächelnd zwischen Jiffy und die Ständer. Ihrem Ton nach zu urteilen, hätte sie sie am liebsten eine Etage tiefer befördert, wo es die junge Mode gab.
»Nein danke. Wir kommen allein zurecht.« Jack schlenderte zu einer Auslage mit Pyjamahosen aus Kaschmir, die zwar absolute Liebestöter waren, aber wenigstens außer Hörweite der neugierigen Verkäuferin lagen.
»Also wenn ihr mich fragt, sind Dessous out«, sagte Genevieve und zeigte mit einer ausholenden Geste um sich. »Ich meine, wozu das Ganze, wenn man es am Ende doch auszieht? Aber wenn du stattdessen mit einer an genau der richtigen Stelle platzierten Schleife durch die Tür kommst – zum Beispiel in einer aus goldener Seide, wie ich sie in Kate’s Papeterie gesehen habe –, könnte er dich wie ein Geschenk auspacken. Das ist doch total sexy, findest du nicht?«
Jack warf ihrer Freundin einen irritierten Blick zu. Sie auspacken ? Sollte das ein Scherz sein?
Sie ging zu einem runden Glastisch und befühlte einen hellblauen BH und das dazu passende Höschen. Ganz hübsch, aber sah es nicht ein bisschen zu sehr nach Bikini aus? Sie schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie sie und J.P. es endlich taten. Sie würde Musik auflegen, Nina Simone vielleicht, Kerzen anzünden oder zumindest für schummriges, figurfreundliches Licht sorgen. Erdbeeren und Champagner waren natürlich ein Muss. Aber sollte sie sich eher verrucht oder eher mädchenhaft geben? Bedeckt oder freizügig? Verdammt, warum war das bloß so schwer?
Jiffy hielt ihr ein hässliches pfirsichfarbenes Negligé unter die Nase. »Du solltest das hier anziehen und dazu nichts als deine Spitzenschuhe tragen. Typen stehen doch auf den keusch-sexy Ballerinalook, oder?«
»Der Fetzen ist scheußlich.« In diesem Moment hätte Jack es sogar vorgezogen, mit ihren kleinen Halbschwestern zu shoppen statt mit ihren Freundinnen. »Hört zu, ich glaube, es ist besser, wenn ich allein weitersuche. Wir treffen uns dann einfach nachher wieder unten, okay?«
»Aber ich dachte, du würdest unseren Rat brauchen.« Auf Jiffys kesses sommersprossiges Gesicht trat ein verletzter Ausdruck.
»Komm schon, Jif, wir gehen«, rief Genevieve durch die Abteilung, woraufhin die Verkäuferin ihr einen wütenden Blick zuwarf. »Jack kommt auch ohne unsere Hilfe klar. Und egal was sie sich aussucht – J.P. wird es lieben. Schließlich wird sie Sex mit ihm haben!«, fügte sie noch laut über die Schulter hinzu.
»Halt die Klappe!«, zischte Jack und spürte, wie sie rot wurde. Normalerweise war sie nicht so leicht aus der Fassung zu bringen, aber sie war hier in ihrem Lieblingskaufhaus, in Begleitung ihrer beiden kindischen Freundinnen, die in Konzertlautstärke über Sex redeten.
Plötzlich trat eine lärmende Gruppe Mädchen aus dem Aufzug.
»Das ist ihr Junggesellinnenabschied!«, rief eines der Mädchen mit starkem schottischem Akzent und zeigte auf ein großes Mädchen mit Locken und schlechter Haut. »Jetzt suchen wir ihr erst mal einen megaheißen Fummel aus, und dann machen wir die Bars unsicher!«, krähte sie, offensichtlich glücklich darüber, ihre Neuigkeiten mit jedem zu teilen, der zuhörte. Jiffy nickte begeistert und schien sich der ausgelassenen Truppe am liebsten sofort anschließen zu wollen.
Jack verdrehte die Augen. Die zukünftige Braut war zwar ziemlich kräftig gebaut und hatte neben der schlechten Haut auch noch schlechte Zähne, aber sie strahlte und sah glücklich aus. Sie stellte sich vor, wie sie
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