Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
Hoffentlich hatte sie kein Problem mit Remington, so wie Owen.
Avery drückte die weiße Holztür zur Damentoilette auf und sah Baby auf einer perlmuttfarbenen Ottomane sitzen. Sie starrte unglücklich in den muschelförmigen Spiegel, der an der gegenüberliegenden Wand hing.
»Was ist los?« Avery sah streng auf Baby hinunter.
»Nichts. Mir ist nur wieder ein bisschen schlecht geworden, wahrscheinlich immer noch von den Muscheln gestern«, sagte Baby und nickte, als müsste sie sich selbst davon überzeugen. »Richtest du den anderen bitte aus, dass ich wahnsinnig gern beim Mittagessen wäre, mich aber leider ein bisschen hinlegen muss? Sobald es mir wieder besser geht, mache ich sogar bei einer von Moms abgedrehten Urlaubsaktivitäten mit, versprochen«, setzte sie hastig hinzu und lächelte gequält. Jetzt war Avery sich absolut sicher, dass mit ihrer Schwester irgendetwas nicht stimmte. Baby konnte einen ranzigen Straßenhotdog essen, ohne sich dabei den Magen zu verderben. Von wegen die Muscheln waren schlecht.
Die Tür der Damentoilette wurde aufgestoßen, und eine ältere Frau, die unter jedem Arm einen kleinen King-Charles-Spaniel trug, betrat den Waschraum und warf ihnen einen missbilligenden Blick zu.
»Dauert Ihr Pläuschchen noch lange?«, fragte sie. »Wir brauchen nämlich unsere Privatsphäre, meine beiden Lieblinge und ich.«
Avery musste sich ein Grinsen verbeißen. Sie wusste, dass Baby solche absurden Situationen liebte. Aber Baby sah sie noch nicht einmal an, geschweige denn, dass sie ihr verschwörerisch zuzwinkerte.
»Entschuldigung!«, sagte Baby und stürzte aus der Toilette.
Seufzend wusch Avery sich die Hände. Waren Ferien nicht dazu da, sich zu entspannen? Warum waren dann alle bloß so verdammt unentspannt?
Als sie an den Tisch zurückkam, waren bereits große Silberplatten mit Meeresfrüchten aufgetragen worden. Remington hatte schon zugegriffen und saugte gerade, die Serviette in den Kragen seines Hemds gesteckt, genießerisch die Schere eines Hummers aus.
»Da bist du ja wieder!«, rief er und winkte ihr mit der Hummerschere fröhlich zu.
»Wo ist Baby?«, fragte Edie.
»Sie fühlt sich immer noch nicht so gut.« Avery zuckte mit den Achseln. »Sie wollte sich lieber noch ein bisschen hinlegen.«
»Ich hätte ihr nicht vorschlagen sollen, die frittierten Muscheln zu essen«, sagte Layla schuldbewusst.
»Unsinn!« Edie wedelte mit der Hand, als wollte sie eine lästige Fliege fortscheuchen. »Woher hättest du denn wissen sollen, dass sie sie nicht verträgt? Und Baby sieht das ganz bestimmt genauso. Sie mag dich sehr.« Sie lächelte Layla liebevoll an.
»Sie ist ein tolles Mädchen. Genau wie du, Avery«, sagte Remington großmütig und spießte eine gebratene Jakobsmuschel auf. »Ich weiß, dass ich Baby und dich noch nicht besonders lange kenne, aber irgendwie seid ihr schon wie meine eigenen Töchter.« Er wischte sich die Finger an der Serviette ab. »Und ich weiß auch, dass eine Patchworkfamilie nicht von heute auf morgen funktioniert. Wir müssen erst noch zusammenwachsen, und ich werde mich auf keinen Fall an eine Stelle drängen, die mir nicht zusteht, oder euer Leben durcheinanderbringen. Ich mag euch so, wie ihr seid.«
Holt die Taschentücher raus.
»Weißt du was?« Edie knallte ihr Besteck auf den Tisch und sah ihn an. »Ich habe keine Lust, noch länger darauf zu warten, dass wir eine richtige Familie werden. Remington … lass uns einfach sofort heiraten. Hier, auf der Insel. Carpe diem! « Die beiden letzten Worte hatte sie beinahe herausgebrüllt. Das Gemurmel der anderen Gäste im Raum war verstummt, sodass nur noch das Surren des Deckenventilators zu hören war. Sogar die Barkeeper hatten innegehalten und ließen die Cocktailshaker in der Luft schweben.
Averys und Laylas Blicke trafen sich. Auf ihren Gesichtern stand die gleiche Frage: Seid ihr jetzt total verrückt geworden? Heiraten? Hier und jetzt? Wie soll das denn gehen – ohne Kleid, ohne Blumen, ohne Ring?
»Oh, diese Spontaneität! Das ist genau der Grund, warum ich diese Frau liebe! Edie, du hast ja so recht. Das hier ist der perfekte Ort und Moment, um zu heiraten. Lass es uns tun, Schatz!« Remington beugte sich über den Tisch und küsste seine Zukünftige stürmisch. Das gesamte Restaurant brach in jubelnden Applaus aus. Eine Armada von Kellnern eilte mit Champagnerflaschen herbei und sogar der Maître hatte Tränen in den Augen.
Aber nur weil keiner mehr von seinen
Weitere Kostenlose Bücher