Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
Kehle hinunter. Sie hatte tatsächlich Lust, etwas mit Layla zu unternehmen. Sie war witzig und locker und sie kam sogar mit Avery klar. Wenn da nur nicht ihr entsetzlich schlechtes Gewissen wegen Riley gewesen wäre, das ihr aus jeder einzelnen Pore zu dringen schien.
»Cool, dann lass uns gleich losgehen! Viel Spaß, die Damen!«, rief Layla, bevor sie sich eine große Korbtasche über die Schulter hängte, die mit – offensichtlich aus dem Jungs-Bungalow geklauten – Kalik-Dosenbier gefüllt war. Sie hakte sich bei Baby ein und schlenderte mit ihr die Stufen zum Strand hinunter.
»Ich freu mich total, dass wir bald Schwestern sind«, sagte Baby ein bisschen verlegen, als sie sich auf ein Stück Treibholz setzten und zum Horizont blickten. Sie freute sich wirklich. Dieser Nachmittag mit Riley musste auf jeden Fall eine einmalige Sache bleiben. Egal welche Regeln in seiner Beziehung mit Layla galten, sie schlossen definitiv eine Affäre mit Schwestern aus.
Und wie liegt der Fall bei Stiefschwestern?
»Ich mich auch. Ich hab mir schon immer eine kleine Schwester gewünscht«, antwortete Layla grinsend und machte zwei Bier auf.
»Und jetzt bekommst du gleich zwei Schwestern und einen Bruder.« Baby betrachtete Laylas Profil. Sie hatte ihre blonden Locken zu einem losen Dutt am Oberkopf zusammengesteckt und sah einfach umwerfend aus. Baby bewunderte sie dafür, dass sie sich nichts vorschreiben ließ, nur das tat, was sie glücklich machte, und nur mit Menschen zusammen war, die sie mochte. Was würde passieren, wenn sie herausfand, dass ihre neue kleine Schwester mit ihrem Freund herumgemacht hatte? Der Gedanke ließ Baby schaudern.
»Ist dir kalt?« Layla zog ein lilafarbenes Kapuzenshirt aus ihrer Tasche und hielt es Baby hin.
»Geht schon, danke. Woher kommt eigentlich der Name Layla? Von dem Eric-Clapton-Song?«
»Erraten.« Layla verdrehte die Augen, als würde sie das ständig hören, wenn jemand sie nach ihrem Namen fragte. Baby lächelte mitfühlend. Sie kannte das Problem. Bei ihrem Namen glaubte jeder, sie hätte ihn aus »Dirty Dancing«.
Layla trank einen Schluck Bier und räusperte sich. »Schon komisch. Mein Vater ist immer total auf Musik und Kunst abgefahren, aber die meiste Zeit meiner Kindheit hat er nur für die Arbeit gelebt. Ich glaube, er hat erst in den letzten Jahren angefangen, sein Leben wirklich zu mögen. Ich will mein Leben aber immer mögen. Verstehst du, was ich meine?«
»Absolut.« Baby grub ihre Zehen in den kühlen Sand.
»Dann gebe ich dir jetzt meinen ersten Rat als deine zukünftige große Schwester.« Layla grinste, aber ihre Stimme klang ernst. »Auf der Highschool hab ich immer gedacht, ich wüsste, wer ich bin. Dabei habe ich erst auf der Uni wirklich etwas über mich selbst gelernt. Das klingt jetzt vielleicht wie das totale Klischee, aber erst wenn man von seiner Familie und seiner vertrauten Umgebung weg ist, findet man heraus, wer man ist. Ich hatte natürlich immer Riley …« Sie verstummte.
»Ist das Studium dadurch leichter?«, fragte Baby, nachdem sie einen Moment lang überlegt hatte, was sie sagen konnte, ohne dass es zu neugierig klang.
Wie rücksichtsvoll.
»Ja und nein. Ich frage mich natürlich manchmal, wie es gewesen wäre, wenn ich als Single an der Uni angefangen hätte. Und immer öfter hab ich das Gefühl, es ist an der Zeit, mich aus meinem sicheren Nest rauszuwagen. Was immer das dann auch heißen mag«, gestand Layla und sah aufs Meer hinaus. Die untergehende Sonne ließ den Horizont rosafarben erstrahlen, während die Wellen sanft ans Ufer rollten.
Babys Herz schlug schneller. Bedeutete das, dass Layla das Gefühl hatte, ihre und Rileys Zeit wäre vorbei? »Als wir von Nantucket nach New York gezogen sind, bin ich noch eine Weile mit meinem Freund zusammengeblieben«, sagte Baby.
»Und was ist dann passiert?«
»Er hat mich betrogen und wir haben Schluss gemacht.« Baby bekam eine Gänsehaut. Wenn sie so darüber nachdachte, war es eigentlich genau die gleiche Geschichte, die gerade zwischen Layla und Riley ablief. Fröstelnd zog sie die Knie an die Brust und umschlang sie mit den Armen. Ihr Gespräch war auf gefährliches Terrain geraten. Andererseits konnte man die beiden Beziehungen überhaupt nicht miteinander vergleichen. Tom war Hardcorekiffer gewesen und ging noch auf die Highschool. Riley dagegen war ein sensibler Künstler. Das war etwas völlig anderes.
Natürlich!
»Gefällt es dir am Oberlin College?«, fragte sie, um
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