Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
Wobei Owen sich mittlerweile ganz gut damit arrangiert zu haben schien, nachdem er sie alle tagelang mit seiner miesen Laune tyrannisiert hatte.
Baby nahm einen großen Schluck von dem Champagner und genoss das leichte Schwindelgefühl, das sich kurz darauf einstellte. Seufzend schloss sie die Augen und wünschte sich, sie wäre mit Riley in einem fernen Fantasiereich, in dem seine zukünftige Exfreundin morgen nicht ihre Schwester werden würde.
»Beim Theater heißt es doch immer, dass es Glück bringt, wenn die Generalprobe verpatzt wird. Vielleicht gilt das auch für Hochzeiten?« Layla zog hilflos die Schultern hoch und blickte zwischen Baby und Riley hin und her. »Außerdem haben sich ja wenigstens nicht deine Mutter und mein Vater gestritten!«
»Stimmt«, räumte Baby ein. Sie war glücklich für ihre Mutter und wollte auf keinen Fall, dass auf der Hochzeit morgen irgendetwas schiefging. Trotzdem musste sie gegen ihren Willen daran denken, dass Layla aus ihrem Leben verschwinden würde, wenn Edie und Remington morgen aus irgendeinem Grund nicht heiraten würden.
»Ist es okay für dich, wenn Riley und ich gleich noch ein bisschen an der Setliste für unser kleines Konzert morgen arbeiten?«, fragte Layla und schob die Ärmel ihres Tunikakleids von American Apparel ein Stück nach oben. »Uns fehlen nämlich immer noch ein paar Songs und dieser Kerl hier …«, sie boxte Riley spielerisch in den Oberarm, »… hat sich den ganzen Tag nicht bei mir blicken lassen.«
»Okay, dann lass uns aber sofort loslegen«, sagte Riley. »Morgen wird ein langer Tag und ich würde gern einigermaßen früh schlafen gehen …« Er warf Baby einen bedeutungsvollen Blick zu.
Babys Herz schlug ein paar Takte schneller. Riley hatte sie gerade eindeutig eingeladen, ihn später noch zu besuchen. Und obwohl sie wusste, wie falsch das wäre, musste sie beim Anblick seines schiefen Lächelns daran denken, wie richtig es sich angefühlt hatte, mit ihm zusammen zu sein. Vielleicht konnten sie ja einfach da weitermachen, wo sie aufgehört hatten, und Layla müsste nie etwas davon erfahren. Sie wollte doch sowieso mit ihm Schluss machen. Jedenfalls hatte sie gestern so etwas angedeutet. Und übermorgen würde Riley nach Ithaca zurückkehren, und es war fraglich, ob sie sich überhaupt jemals wiedersehen würden. Wenn doch bloß nicht alles so kompliziert und verwirrend wäre. Sie nahm noch einen kräftigen Schluck von ihrem Champagner.
Ob Alkohol in diesem Fall wirklich dienlich ist?
»Wir müssen ja nicht sofort gehen.« Layla schien Baby nach dem unschönen Ende des Abends nur ungern allein lassen zu wollen.
»Quatsch. Ist schon in Ordnung. Ich geh einfach auch früh schlafen«, sagte Baby und wusste, dass Riley sie richtig verstehen würde. Ihr schlechtes Gewissen Layla gegenüber versuchte sie mit dem Gedanken wegzuschieben, dass ihr eigentlich niemand einen Vorwurf machen konnte. Wenn sie an der Ithaka studieren würde und Riley in der Mensa oder in der Philosophievorlesung oder in irgendeinem Café in der Stadt getroffen hätte und er ihr erklärt hätte, wie es um ihn und Layla stand, dann hätte sie keine Sekunde gezögert, sich auf ihn einzulassen.
Die Bahamas sind aber nicht Ithaca …
»Kommst du, Layla?« Ohne auf eine Antwort zu warten, stand Riley auf und schlenderte nach draußen. Nicht ohne Baby vorher heimlich zuzuzwinkern.
Obwohl er es schon nicht mehr sehen konnte, zwinkerte sie zurück.
Eine Stunde später machte Baby sich auf den Weg zurück zu den Bungalows. Sie war noch eine Weile allein im Restaurant sitzen geblieben, hatte der Steelband zugehört und das bittersüße Gefühl genossen, mitten in einer komplizierten Liebesgeschichte zu stecken. Zumindest hatte sie eine gewisse Romantik darin entdecken können, nachdem sie sämtliche angebrochenen Champagnerflaschen geleert hatte, die noch auf dem Tisch standen.
Beim Jungs-Bungalow angekommen, schlich sie leise über die Terrasse, öffnete vorsichtig die Schiebetür und schlüpfte hinein. Es brannte kein einziges Licht mehr – wahrscheinlich wollte Riley die anderen glauben machen, er schlafe schon, wenn sie zurückkamen. Sie pirschte auf Zehenspitzen durchs Wohnzimmer und drückte behutsam die Tür zum Schlafzimmer auf. Auf einem Bett machte sie die Umrisse eines gekrümmten Körpers aus. Als sie jedoch darauf zuging, bewegte er sich, und sie sah, dass dort noch jemand lag. Im Schein des silbernen Mondlichts, das durchs Fenster fiel, konnte sie einen
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