Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
aber wollte er etwas ganz anderes. Und all die sehnsüchtigen SMS, die er ihr geschickt hatte, kamen ihr plötzlich nicht mehr süß, sondern anzüglich vor. Sogar sein Bekenntnis, er hätte von ihr geträumt, bekam einen schmutzigen Beigeschmack. Er hatte nicht davon geträumt, mit ihr Händchen zu halten oder ausgelassen am Strand herumzualbern. Sondern davon, sie flachzulegen. Sie fühlte sich schändlich benutzt.
Lektion eins: Wer liebt, der leidet.
»Wie konntest du nur?« Ihre Stimme war tonlos und brüchig, und sie wusste, dass sie jeden Moment in Tränen ausbrechen würde. Wütend schleuderte sie das Handy auf den Tisch. »Darum ist es dir also gegangen? Und ich dachte, du wärst anders.«
»Ach herrje«, murmelte Edie, die in Erziehungsfragen von jeher Anhängerin der Nichteinmischungspolitik gewesen war: Auch wenn es manchmal bitter war, Kinder mussten versuchen, ihre Probleme allein zu lösen. »Wir haben morgen einen wichtigen Tag vor uns, Liebster. Zeit, dass wir die Jugend noch ein bisschen ohne uns Oldies Spaß haben lassen!« Sie stand auf, zog Remington – der immer noch seinen Teller mit dem Soufflé in der Hand hielt – vom Stuhl und schob ihn aus dem Restaurant.
»Es ist nicht so, wie du denkst, Avery. Das Ganze ist allein Hughs Idee gewesen und … Hör mir doch bitte zu …« Rhys griff nach ihrer Hand, aber sie schlug sie weg. Dann schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf.
»Avery?«, sagte Jack und stand ebenfalls auf.
Wütend drehte Avery sich zu ihr um. Auch Jack hatte sie verraten und betrogen. »Lass mich bloß in Ruhe!«, fauchte sie und sah mit Genugtuung, wie sich Jacks Augen erschrocken weiteten. »Du bist keinen Deut besser als er und belügst und benutzt andere nur. Erzählst mir, ich hätte dir gefehlt, dabei bist du in Wirklichkeit nur hier, um dich an meinen Bruder ranzumachen. Und ich will gar nicht wissen, was du ihm schon alles für Geschichten aufgetischt hast. Du hast einen Freund, verdammt noch mal!« Sie blickte in die schockierten Gesichter um sich herum und wusste, dass es genug war. »Lasst mich einfach in Ruhe – und zwar ALLE!« Mit hoch erhobenem Kopf stürmte sie aus dem Restaurant.
Baby schob ihren Stuhl zurück, um ihr zu folgen, zögerte dann aber. War sie nicht selbst auch total verlogen und berechnend? Sie hatte heute noch kein einziges Wort mit Riley gewechselt, obwohl er nur zwei Stühle weiter saß. Gestern war sie seinetwegen noch im siebten Himmel geschwebt, aber heute wusste sie nicht mehr, ob sie nicht einen Riesenfehler gemacht hatte. Sie mochte ihn immer noch, aber Layla mochte sie auch. Und die würde morgen ganz offiziell ihre Schwester werden. Sie schob den Stuhl wieder an den Tisch zurück.
Das Geräusch ließ Rhys aus seiner Schockstarre erwachen. Abrupt stand er auf, um Avery hinterherzulaufen. Er musste sie davon überzeugen, dass alles ganz anders war, als sie dachte. Denn das, was sie dachte, musste katastrophal für sie sein.
»Denk noch nicht mal dran«, zischte Owen und stieß ihn in seinen Korbstuhl zurück. Er konnte nicht glauben, dass sein bester Freund hinter seinem Rücken mit seiner Schwester rumgemacht hatte. Die Tatsache, dass er ihn angelogen hatte, als er sagte, er wäre noch nicht über Kelsey hinweg, war nur die Spitze des beschissenen Eisbergs. »Du hast schon genug kaputt gemacht.«
Hilflos sah Rhys zu, wie sein bester Freund und seine Beinahe-Freundin davonrannten. Wie hatte er es nur geschafft, auf einen Schlag beide so gegen sich aufzubringen?
Auch Jack blickte den beiden hinterher und hatte exakt den gleichen Gedanken.
Heißt es nicht: Geteiltes Leid ist halbes Leid?
im champagner
liegt die wahrheit
»Schöne Scheiße«, murmelte Layla, nachdem Jack und Rhys sich mit verstörtem Gesichtsausdruck entschuldigt hatten und nur noch sie, Baby und Riley am Tisch saßen.
»Hoffentlich renkt sich das bis morgen wieder ein«, fügte Riley wenig hilfreich hinzu.
»Hoffentlich«, sagte Baby leise, ohne wirklich zugehört zu haben, und schenkte sich ein Glas Champagner ein. Normalerweise trank sie nichts, aber jetzt brauchte sie dringend etwas, das ihr dabei half, diese grauenhafte Situation durchzustehen. Sie war nicht gut darin, ihre Gefühle zu verbergen, was auch der Grund dafür war, dass sie Layla seit gestern Abend aus dem Weg ging. Layla schien ihr seltsames Verhalten zum Glück darauf zurückzuführen, dass sie, ähnlich wie Owen, der Hochzeit ihrer Mutter mit gemischten Gefühlen gegenüberstand.
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