Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest
tiefe Eiszeit in einer Beziehung ist immer das Ergebnis von innerem Rückzug und äußerem Rollenverhalten. Beide sind nur noch vorhanden in ihren Funktionen - sie funktionieren als Ehepartner, als Elternteil, als Versorger, als Gastgeber, als Begleiter in der Öffentlichkeit, aber sie sind als Menschen nicht mehr in Verbindung. Vielleicht haben Sie schon einmal bei einem
Karnevalsumzug
die
so
genannten
Fußtruppen
beobachtet. Da gibt es riesige Figuren aus Pappmache, in denen innen ein Mensch versteckt ist, der diese Figur durch die Menge trägt. So wie die kleinen Träger unter den riesigen Figuren aus Pappmache funktionieren wir häufig nach einer gewissen Zeit in unseren Ehen.
Irgendwann im Laufe der Beziehung hat uns etwas wehgetan, aber wir hatten nicht den Mut, unserem Partner diese Wunde offen zu zeigen, keine Hoffnung mehr, sie idealerweise mit ihm gemeinsam zu heilen. Vielleicht waren wir eifersüchtig oder fühlten uns bloßgestellt, haben dies aber nie angesprochen. Oder wir zogen uns Stück um Stück zurück, weil wir etwas Wichtiges von uns nicht mit unserem Partner teilen konnten. Nicht selten kommen Frauen zu mir, die irgendwann einen Orgasmus vorgespielt haben und später
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nicht mehr damit aufhören konnten. Hinter der Maske der stöhnenden Liebhaberin wuchsen über die Jahre tiefe Einsamkeit und Leere, verbargen sich zunehmend Wut und Ablehnung gegen den, der ihnen eigentlich Befriedigung bringen sollte.
Manchmal verweigern wir uns dann aus Rache und hungern uns damit selber aus. Manchmal fühlen wir uns schuldig dafür, dass wir uns unserem Partner in bestimmten Bereichen nicht mehr nahe fühlen. Sehr extrem funktioniert dieser Mechanismus in der Sexualität: Im alltäglichen Miteinander gibt es kaum noch Austausch über wirkliche Befindlichkeiten, keiner von beiden weiß, wie es dem anderen tatsächlich geht. Der Beziehung entweicht schleichend die innere Nähe. Sie trocknet aus. Dies gestehen sich die beiden Partner allerdings nicht ehrlich ein, oder es ist ihnen nicht wirklich bewusst. Irgendwann geht dann einem von beiden die Lust an der gemeinsamen Sexualität verloren. Weil er dies aber nicht in Verbindung bringen kann mit der fehlenden seelischen Nähe zwischen ihm und seinem Partner,
fühlt
er
sich
schuldig
und
versteht
sein
Rückzugsverhalten nicht.
Um die starre Leere nicht spüren zu müssen, wenn wir die natürliche, erwachsene Bindung zu unserem Partner verloren haben, neigen viele von uns aber auch dazu, eine symbiotische, kindliche Ersatzverbindung zu suchen. Wie Mutter und Kind in ihrer frühen Verbindung, verschmelzen wir mit dem anderen.
Da geht die Stimme um eine Oktave in die Höhe, wenn Putzi mit Mausi spricht, oder Schatzi sich freuen, wenn Bärchen nach Hause kommt. Dabei verschwimmen unsere Grenzen, wir sind nicht mehr zwei Individuen, son143
derm fühlen ins wie durch ein Gummiband an unseren Partner gebunden. Wenn er agiert, sind auch wir gezwungen, zu agieren.
Unbewusst fühlen wir uns bei jeder Bewegung in der Abhängigkeit, können aber hinter dieser kindlichen Freundlichkeit unsere Angst davor verbergen, uns wahrhaft zu zeigen.
Wahre Bindung ist frei und beruht auf echter Anziehung. Wir wollen einfach mit dem anderen zusammen sein, fühlen uns selbstverständlich verbunden.
Symbiotische Verschmelzung dagegen nimmt uns die Konturen unserer Persönlichkeit, erlaubt uns kindliche Freundlichkeit und führt uns in Aufopferung und Abhängigkeit.
Häufig, wenn der wahre Kontakt zu unserem Partner gestört oder abhanden gekommen ist, fangen wir an, kompensatorische Rollen zu spielen, um die Beziehung nicht zu gefährden. Das haben wir bereits in unserer frühesten Kindheit gelernt, um in unserem Familienverbund akzeptiert bleiben zu können.
Unzählige Male haben wir unsere spontane Lebendigkeit mehr oder minder freiwillig den offenen, vor allem aber den unausgesprochenen, subtilen Anforderungen in der Familie untergeordnet. Jedes Mal erstarrte dabei aber etwas von unserer eigentlichen Lebenskraft, ist ein Teil von uns eingefroren.
Später in unseren Beziehungen werden wir dann zu treu sorgenden
Hausfrauen
und
materiell
versorgenden
Familienoberhäuptern, fühlen uns aber innerlich leer und ausgebrannt.
Wir tun dis Richtige und kümmern uns um unsere Familie.
Aber wir tun es aus den falschen Gründen - wir tun es mechanisch ohne inneren, von Herzen kommenden Antrieb.
Ganz im Gegenteil, je weniger wir uns von Herzen verbun144
den und
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