Liebe Hoch 5
verstummt bin. Ich zupfe an meinem Ohrläppchen und stehe auf, die Handtasche hänge ich mir über die Schulter.
» Ja, natürlich. Einen schönen Tag noch, Mrs Randall.« Moment mal … was hat sie da gerade gesagt? Sie haben den Job? Verwirrt drehe ich mich zu ihr um. Sie lächelt und entblößt dabei ihre Zähne, auch wenn ihre Stirn botoxgestärkt keine einzige Falte zeigt.
» Was haben Sie gesagt?«
» Ich möchte Ihnen den Job anbieten, Ms White. Sie sind eine kritische und sicherlich sehr gute Journalistin und wären eine perfekte Ergänzung für unser junges Team.«
Ihre Wangen sind rot, und das ist neu. Also kein Rouge. Mein Mund klappt auf und wieder zu. Ich schließe kurz die Augen und denke fieberhaft nach, ob ich zufällig in einem David Lynch-Film gelandet sein könnte oder was zum Teufel hier los ist. Mit zitternden Fingern greife ich nach dem Heft auf ihrem protzigen Schreibtisch und blättere ein paar Seiten, bis ich die doppelseitige Anzeige wiedergefunden habe.
The new world of fashion . Jasons Unternehmen. Er verkauft reduzierte Designerklamotten über das Internet und verdient irre viel Geld mit dem Zeug. Mir wird ganz heiß, Wut steigt in mir auf.
» Entschuldigen Sie, Mrs Randall«, sage ich leise und beuge mich über ihren Tisch, sodass sie vor mir zurückweicht. »Es hat nicht zufällig damit zu tun, dass ein gewisser Jason Hall ein großer Anzeigenkunde von Ihnen ist, oder?«
» Ich … nein, er hat nur … also er meinte, Sie seien genau das, was uns …«
Ich stöhne genervt auf und werfe das Heft auf den Tisch zurück. Gut, er hat zwar auf meinen Rat gehört, in der aktuellen Winterkampagne sehen die Models tatsächlich aus wie fast normale Frauen. Aber dass er sich traut, sich einfach so in meine Jobplanung einzumischen … Ich bin echt sauer.
» Danke für das Gespräch, Mrs Randall. Leben Sie wohl.«
» Warten Sie! Ms White!«
Ich ignoriere ihre Rufe und marschiere hoch erhobenen Hauptes aus dem Büro. Dem ersten dünnen Huhn, das mich missbilligend ansieht, werfe ich einen so wütenden Blick zu, dass das Mädchen den Kopf einzieht und hinter einer Tür verschwindet. Na also, geht doch!
»Ich muss zu Jason. Sofort.«
»Emma! Wie geht es dir? Ich glaube, er ist in einer Besprechung, aber ich kann dich …«
» Jetzt. Sofort.« Ich beuge mich über die gläserne Empfangstheke in der hellen Lobby von Jasons Büro und mache Maggie, der niedlichen Sekretärin, klar, dass es dringend ist. Täusche ich mich, oder huscht da ein Grinsen über ihr feines Gesicht? Egal.
» Ist was passiert?«, fragt sie, den Hörer in der Hand, und reißt ihre Augen auf.
» Allerdings«, knurre ich. »Und es wäre besser, wenn er Zeit für mich hätte. Sonst …«
Sie zuckt zusammen, dann gurrt sie ins Telefon und kündigt Jason mein Kommen an. Nickend schaut sie mir in die Augen, nach ein paar Sekunden legt sie wieder auf.
» Du kannst hochfahren. Er erwartet dich.«
» Gut, danke.« In mir brodelt es. Mein Magen verkrampft sich im Aufzug, in Gedanken lege ich mir schon die Worte zurecht, mit denen ich ihn gleich zurechtstutzen werde. Ehrlich, es ist vielleicht süß gemeint gewesen, mir zu helfen, aber ich habe ihm schon vor Monaten gesagt, dass ich auch allein klarkomme. Oben angekommen stürme ich aus dem Lift auf Jasons Empfangszimmer zu. Der Tisch ist leer, der junge Mann, der sonst hier sitzt, fehlt. Etwas verwirrt bleibe ich stehen, dann gehe ich auf Jasons verschlossene Bürotür zu, um zu klopfen. Noch ehe meine Knöchel das Holz berühren, wird die Tür von innen aufgerissen und er steht vor mir. Im weißen Hemd, mit silbernen Manschettenknöpfen und in einer engen schwarzen Anzughose, deren Anblick mich scharf die Luft einziehen lässt.
» Em! Was ist los? Du siehst sauer aus.« Er zieht die Tür vorsichtig hinter sich zu und legt beide Arme um meine Schultern.
» Ich bin sauer, Jason. Hast du mit der Chefredakteurin vom London Fashion Spot gesprochen und sie gezwungen, mich einzustellen?« Ich hoffe, meine Augen werfen mindestens so hitzige Blitze, wie es sich anfühlt. Jason verzieht den Mund zu einem Grinsen. Seine blauen Augen funkeln.
» Das ist nicht witzig!«, sage ich. »Ehrlich, es war mir peinlich. Ich brauche keinen Fürsprecher, Jason. Ich bin alt und selbstständig genug, um auf mich selbst …«
Er überrascht mich durch eine plötzliche Attacke. Zieht mich an sich, bis meine Brüste sich an seinen Oberkörper
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