Liebe Hoch 5
pressen, und legt seine Lippen auf meine. Warm. Kaffee. Milch und Zucker. Ich versuche, einzuatmen. Schnaubend wie ein Rennpferd stemme ich die Hände gegen seine Brust und drücke ihn von mir.
» Sag mal … ich bin sauer und du willst das einfach wegküssen?«
Jason streicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und steckt sie hinter mein Ohr. Er wirkt noch immer amüsiert, was die wütende Hitze in meinem Bauch noch weiter ansteigen lässt.
» Hör jetzt auf damit und erklär dich«, drohe ich. »Sonst …«
» Ich wollte dir nur helfen, Em. Ich bin einer der wichtigsten Kunden dieses Magazins, also müssen sie dich einstellen, wenn ich das will.«
» Vielen Dank, dass du mir nicht zutraust, mir selbst einen Job zu besorgen.« Ich verschränke die Arme vor der Brust und trete einen Schritt zurück. »Ich hätte diesen aber sowieso nicht haben wollen.«
» Ich weiß.« Er lacht leise, was mich noch mehr irritiert. Dreht er etwa durch? Oder ist er einer von den Typen, die sich beim Betreten ihres Büros in Mr Hyde verwandeln? Im Angesicht der Macht verändern sich wohl einige Menschen, aber das ist eigentlich nicht Jasons Art.
» Was sollte das dann? Hast du Spaß daran, mich demütigen zu lassen?« Die alte Furcht steigt in mir auf, wie Säure aus meinem Magen. Hat er wirklich …? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Nicht nach den letzten Monaten. Es gibt keinen Grund, ihm zu misstrauen. Absolut keinen.
» Ich wollte dich wütend, Em. Hier. In diesem Büro.« Er kommt wieder auf mich zu und legt beide Hände auf meine Pobacken, zieht mich an sich. Ich spüre etwas Hartes an meinem Bauch, das mir die Röte ins Gesicht schießen lässt. »In diesem heißen Kostüm. Weißt du eigentlich, wie scharf du darin aussiehst? Ich möchte dich am liebsten über diesen Schreibtisch werfen und vernaschen.«
Mein Unterleib verkrampft sich, ich atme flacher.
» Das ist unfair, Jason«, flüstere ich an seinen Hals, aber meine Hände haben sich längst selbstständig gemacht und streichen über seinen Rücken. Ich atme seinen Duft ein, der mir längst so vertraut ist. Dann küsst er mich wieder, mit einer Hand an meinem Kopf, in meinem Haar.
» In meinem Büro sind wir ungestört«, raunt er dicht an meinem Ohr. »Komm mit.«
» Hast du Mr Ring dabei?«, frage ich kichernd, als ich mich von ihm mitziehen lasse, und er lacht.
» Oh ja.«
Ich schmiege mich von hinten an ihn, nachdem er die Tür zu seinem Büro aufgestoßen hat. Ich liebe den Blick über London von hier oben, der gesamte Raum ist von Glas umgeben und man kommt sich vor, als würde man über den Dingen schweben. Aber dann steigt Hitze in mir auf und meine Gesichtszüge entgleiten mir.
» Jason, was …?«
Nur aus den Augenwinkeln nehme ich noch wahr, dass er vor mir auf die Knie geht. Auf die Knie! Und etwas aus seiner Tasche zieht. Mein Blick ist gefangen von einem Blumenmeer. Rote Rosen, überall. Aber viel schlimmer als das sind … die Menschen. Sylvia. Orlando. Meine Mutter! Reverend Morris, der Nette meiner ehemaligen Arbeitgeber. Einige Kollegen und Mitarbeiter von Jason, die ich kennengelernt habe. Sogar sein Bruder Phil ist da! Was um alles in der Welt …?
» Em … Liebes.« Jasons Anrede lässt mich zusammenfahren und den Blick nach unten richten. Nach unten! Vor meine Füße! Syl wischt mit einem Taschentuch an ihrem Auge rum.
» Wenn wir die Augen öffnen,
begegnen wir im Leben Menschen,
die uns verändern.«
Gott. Im. Himmel. Das tut er nicht. Nicht hier, nicht jetzt. Ich schlucke hart, mein Mund ist trocken wie ein Toastbrot, während ich seinen Worten lausche. Meinen Worten, denn es ist mein Gedicht, das er rezitiert, vor mir kniend, in der herabhängenden rechten Hand eine kleine blaue Schachtel.
Meine Augen werden heiß, mein Herz zieht sich zusammen.
» Menschen wie dich, Em. Wir haben schon eine gemeinsame Vergangenheit, und ich wünsche mir eine gemeinsame Zukunft. Ich will mit dir leben, Kinder mit dir haben. Kleine süße Mädchen mit deinen Augen und deinem Lachen. Und vielleicht noch einen kleinen Jungen mit dunklen Haaren und dem Ehrgeiz, die Welt zu verbessern. Ich will mit dir das Leben entdecken und für dich da sein. Dich jeden Tag lieben wie am ersten Tag, damit es niemals einen letzten Tag für uns gibt. Dich beschützen und mich gleichzeitig bei dir geborgen fühlen. Deine ständig versalzenen Nudeln probieren und behaupten, sie seien das Beste, was ich je
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