Liebe im Gepäck (German Edition)
der ewigen Liebe.
Während des Studiums hatten sie sich durch Zufall wiedergetroffen. Franziska war in dieser Zeit mit seinem damals besten Freund Paul liiert. Eine Liebe, die das Studium nicht überdauerte. Die Freundschaft zu Luke war jedoch geblieben. Auch wenn sie sich nicht oft sahen, hatten sie sich doch bemüht, sich gegenseitig über das Wichtigste in ihrem Leben auf dem Laufenden zu halten. Bis der Kontakt in den letzten Jahren wieder eingeschlafen war. Es war so schön, ihn wiederzusehen! Spontan ergriff Franziska seine Hand, lachend liefen sie zum Sessellift.
Harry saß im Sessel hinter Lukas Bares und begnügte sich zunächst damit, wütend Löcher in dessen Rücken zu starren.
Einmal drehte sich Franziska kurz zu ihm um. Sie hatte ihm fröhlich zuwinken wollen, doch sein mürrischer Blick nahm ihr dazu die Lust. Rasch wandte sie sich ab. Das fehlte noch, dass sie sich von seiner schlechten Laune anstecken ließ! So gut ihr Reisebegleiter aussah, so witzig und charmant er sein konnte, so seltsam verhielt er sich manchmal. Warum hatte er sie gestern nach dem Abendessen geradezu fluchtartig verlassen? Nicht, dass ihr das etwas ausgemacht hätte. So konnte sie mit Luke einen gemütlichen Abend an derHotelbar verbringen und in Erinnerungen schwelgen. Und was schrieb er immer wieder in sein Notizbuch, das er ständig bei sich trug?
Doch die Mauer war einfach viel zu beeindruckend, um sich weiter ablenken zu lassen. Franziska kam aus dem Staunen nicht heraus, während die Bahn sie immer näher an das Ziel brachte. Sie wandte ihren Blick auf die Welt unter dem Sessellift und konnte ihren Augen kaum trauen: »Schaut nur: Da ist eine Sommerrodelbahn!«
Unter ihnen glitt ein Chinese nach dem anderen im Zeitlupentempo ins Tal hinab. Sie fuhren mit geringem Abstand, und an ihren verspannten Gesichtern erkannte Franziska, wie sie sich bemühten, das Tempo zu drosseln, um nicht ihrem Vordermann in den Schlitten zu fahren. Franziska lachte laut auf. Wenn ihr das zu Hause jemand erzählt hätte, sie hätte es nicht geglaubt! Dieses Land steckte voller Überraschungen.
Auch Harry wurde von diesem unerwarteten Anblick schlagartig fröhlicher. War er denn blöd, sich durch missmutige Gedanken eine so aufregende Reise verleiden zu lassen? Nein, er würde diese Tage genießen, und er würde auf dieser Sommerrodelbahn zu Tal fahren. Er war seit Jahren nicht mehr auf einer Sommerrodelbahn gewesen. Ja, früher einmal, als er noch unbekannt war und als er mit Matthias die Ferien in Österreich verbracht hatte. Da hatte er seinen Eltern so lange in den Ohren gelegen, bis sie ihren Söhnen den teuren Spaß erlaubten. Doch heute? Heute mied er solche Vergnügungen in der Öffentlichkeit. Er konnte sich nur zu gut ausmalen: sein Bild in einer Hochglanzillustrierten und die große Schlagzeile darüber: »Mit Seebersteingeht’s bergab.« Nein danke, darauf konnte er gut verzichten! Aber hier, hier kannte ihn keiner, hier würde er sich das Vergnügen gönnen.
Der Sessellift war an der Mauer angekommen, er hüpfte aus dem Sessel und beeilte sich, dem Paar vor ihm zu folgen.
Franziska drehte sich zu ihm um: »Schau, Mat, das Schild da drüben! Die Rodelbahn ist in Deutschland gebaut worden. Ein Gruß aus unserer Heimat.«
Dann lachten alle drei, und als sie sich an den kurzen Aufstieg machten, der sie zur Mauer führte, war die Stimmung schon bei weitem besser.
Da plötzlich ein lauter Schrei!
Franziska schreckte zusammen. Harry legte ihr instinktiv die Hand beruhigend auf die Schulter. Eine beschützende Geste, die Lukas mit Stirnrunzeln wahrnahm.
Eine dicke Frau in buntem Gewand und mit einem langen schwarzen Zopf sprang aus einer Mauernische. Sie hielt ihnen einen gefährlich aussehenden Säbel entgegen und rief mit erzürnter Stimme einige völlig unverständliche Worte.
Als die drei zurückzuckten und sich fragten, was dieser Angriff wohl zu bedeuten hatte, überzog ein breites Grinsen das Gesicht der Frau, und sie fragte in leicht gebrochenem Englisch: »Want to make a photo?«
Der Übersetzer, der ihnen diskret gefolgt war, erholte sich als Erster von dem Schrecken und wechselte mit der Frau ein paar Worte. Dann erläuterte er: »Das ist eine Mongolin. Sie ist hier an der Mauer eingesetzt, um nach ›dem Rechten‹ zu sehen. Sie trägt eine alte mongolische Tracht und fragt, ob Sie ein Foto mit ihr haben möchten?«
Ein anderer Chinese war ebenfalls hinter einem Mauervorsprung hervorgetreten und hatte schon die
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