Liebe im Gepäck (German Edition)
Zhao Zhe ab. Ja ja, er wisse über die Koffergeschichte Bescheid. Nein, es habe keinen Sinn, mit ihm darüber zu sprechen, und außerdem habe er nun leider keine Zeit mehr, denn er müsse in eine andere Besprechung. Sie mögen ihm bitte verzeihen. Er lächelte, und man konnte ein leises Kichern vernehmen, als er sich erhob, um sich von seinen Gästen zu verabschieden.
Franziska hatte Joe Kaufmanns Worte deutlich im Ohr. »Wenn ein Chinese so kichert, dann ist ihm etwaspeinlich«, erklärte sie Harry, als sie etwas frustriert das Haus verließen.
»Ich meine, natürlich haben wir unterschiedliche Kulturen. Aber findest du, dass das hier so abläuft, wie es sollte? Kommt dir da nicht manches spanisch vor?«
»Na ja«, Franziska lächelte gequält, »nicht wirklich spanisch, aber chinesisch schon. Warum war Mister Zhao Zhe plötzlich so kurz angebunden? Denn nach all dem ausufernden Gerede zu Beginn hat er uns doch kurzerhand hinauskomplimentiert, als wir über den Koffervertrag sprechen wollten. Warum war es ihm offensichtlich peinlich, mit mir über das Koffergeschäft zu sprechen?«
Darauf wusste Harry keine Antwort.
»Mat, ich habe nicht mehr die geringste Lust, mich an der Nase herumführen zu lassen. Ich rufe jetzt Kaufmann an und fordere ihn auf, hierher zu kommen. Wenn er dabei ist, öffnen sich alle Türen. Wenn ich allein komme, bleiben sie anscheinend verschlossen. Das ist ärgerlich, aber das ist Tatsache.« Sie holte ihr Handy aus dem Aktenkoffer, suchte im Register nach dem Namen des Agenten und drückte auf den grünen Knopf.
Die freundliche Assistentin, die sich meldete, bedauerte. Nein, Mister Kaufmann sei nicht zu sprechen. Nein, Mister Kaufmann werde heute nicht mehr ins Büro kommen. Und ob sie bitte so freundlich sein könne, den Koffer wieder zurückzubringen, den sie gestern irrtümlich mitgenommen habe. Mister Kaufmann brauche ihn dringend.
Genervt legte Franziska auf. »Ha, er braucht den Koffer dringend! Kein Wort ist wahr! Der Koffer interessiertihn überhaupt nicht. Er hat ja nicht einmal eine Stunde Zeit, sich um mich zu kümmern.«
»Hast du keine Handynummer von diesem Mann?«
Franziska verneinte. Er hatte ihr nie seine private Handynummer gegeben.
»Dann lass uns jetzt zu deinem lieben alten Freund Luke fahren«, schlug Harry vor.
Franziska war überrascht: »Zu Luke? Nach Hause? Ans Krankenbett? Nach Tianjin? Ich habe doch keine Ahnung, wo Luke dort wohnt.«
»Nein, ich denke nicht, dass es notwendig ist, ihn zu Hause aufzusuchen. Wir fahren in sein Büro. Er hat doch ein kleines Büro hier in Peking, wie er einmal am Rande erwähnte. Ich wette zehn zu eins, dass wir ihn dort finden werden.«
»Aber Mat, wie kommst du denn darauf? Warum sollte er mich anlügen? Dazu hat er doch gar keinen Grund.«
»Was er für einen Grund hat, weiß ich nicht, doch ich bin sicher, dass er lügt. Gestern war der gute Mann noch gesund und munter. Ich habe keine Ahnung, wie ihn so schnell eine Grippe überfallen haben sollte. Es sei denn, die Grippe kommt ihm sehr gelegen. Einen Versuch ist es doch wert, oder?«
Franziska zuckte mit den Schultern. Versuchen konnten sie es wirklich. Sie hatten ohnehin nichts anderes vor. »Gut«, sagte sie, »hast du seine Adresse?«
Nein, die Adresse hatte Harry nicht, aber eine Idee. Sie fuhren gemeinsam ins Hotel zurück und suchten dort das Business-Center auf. Währen Franziska sich ins Internet einwählte, um Lukas’ Adresse herauszufinden, veranlasste Harry, Visitenkarten für sich drucken zulassen. Schlichte weiße Karten mit der großartigen Bezeichnung: »Matthias Gerstenberg, Lawyer« und dazu die Adresse seines Bruders. Die freundliche Hotelbedienstete nahm den Auftrag entgegen und versprach, die Visitenkarten noch bis zum Abend auf sein Hotelzimmer zu bringen.
In der Zwischenzeit druckte Franziska die Adresse ihres Freundes aus, und es stand nichts mehr im Wege, mit dem Taxi dorthin zu fahren.
Es war so, wie Harry es vorausgesehen hatte.
Sie klopften, öffneten die Tür und standen einem völlig verdutzten Lukas Bares gegenüber.
»Was macht denn ihr hier?«, stammelte er fassungslos.
XII
All sein Selbstbewusstsein war verschwunden. Lukas Bares war das personifizierte Schuldbewusstsein, und es hatte kurz den Anschein, als wollte er an den unerwarteten Gästen vorbei hinaus ins Treppenhaus flüchten.
Noch bevor Franziska antworten konnte, hatte Harry ihm die flache Hand auf die Brust gedrückt und ihn unerbittlich in sein Büro
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