Liebe im Gepäck (German Edition)
Männer nicht für ihre gestammelten Worte interessierten. Als der Dolmetscher übersetzen wollte, winkten sie ab.
Wer die übrigen vier Mitarbeiter waren, wusste Franziska nicht. Doch mittlerweile sah sie darin keinen Anlass mehr, sich zu wundern. Es war schon mehrmals vorgekommen, dass Mitarbeiter von anderen Abteilungen am Gespräch teilnahmen. Nicht jeder reichte ihr eine Visitenkarte.
Die höflichen Worte zur Einleitung des Gesprächs fielen überraschend kurz aus. Nach der Frage, ob sie eine gute Reise hatten, wurde die Antwort nicht einmal richtig abgewartet. Und schon lehnte sich Mr. Wang in seinem Stuhl zurück und begehrte zu wissen, warum Franziska so kurzfristig um ein Gespräch gebeten habe.
Während Harry diese Frage äußerst seltsam fand und schon aufbrausen wollte, bewahrte Franziska die Beherrschung. Höflich dankte sie für die Gelegenheit zudieser Unterredung. Sie stellte ihr Kofferprojekt in kurzen Worten noch einmal vor und legte die vorbereiteten Verträge auf den Tisch. Es sei zwischen den Juristen aus China und denen aus Deutschland alles genau festgelegt worden, und sie selbst sei nach China gekommen, damit die Papiere gemeinsam unterschrieben würden. Und damit die Produktion starten konnte.
»Zum Wohle unserer beiden Unternehmen. Als Beginn einer fruchtbringenden, freundschaftlichen Geschäftsbeziehung«, fügte Lukas hinzu, dem diese blumige Formulierung angebracht schien.
Harry starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
Die Herren hatten mit freundlichen Mienen zugehört, ab und zu genickt, nun ergriff Mr. Wu das Wort. Man habe mit großem Interesse Miss Querulins Worte gehört. Man freue sich, dass sie sich eine Partnerschaft mit Yu Yi wünsche. Aber an einen Vertragsabschluss sei noch keinesfalls zu denken. Schließlich habe man noch nicht alle Informationen. Und es seien auch noch nicht alle wichtigen Personen im Haus in das Projekt eingeschaltet worden. Nein, sie könnten beim besten Willen heute keinen Vertrag unterschreiben. Nein, sie möge doch verstehen, so eine wichtige Angelegenheit könne man nicht so schnell entscheiden. Und außerdem sei die Produktion ohnedies schon überfordert. Man habe kaum noch freie Kapazitäten. Ihren Auftrag sofort in Angriff nehmen? Nein, ausgeschlossen. Vielleicht im Frühjahr, oder Mitte nächsten Jahres. Sie möge sich noch etwas gedulden.
Auch wenn Franziska den Verdacht hatte, dass Mr. Wu gut englisch sprach, zog er es vor, ihr gegenüberMandarin-Chinesisch zu verwenden. Der Übersetzer bemühte sich redlich, seine Worte in ein verständliches Englisch zu bringen. Aber es war eine mühevolle Prozedur.
Franziska konnte nicht glauben, was sie hörte! Es war doch alles vereinbart, die Verträge waren unterschriftsreif. Sie zog ein Fax vom letzten Monat aus ihren Unterlagen, in dem ihr ausdrücklich zugesichert wurde, die Produktion werde sofort nach ihrem Besuch und der Vertragsunterzeichnung starten. Sie hielt Mr. Wu das Blatt entgegen. Er würdigte es nicht eines Blickes.
Alle ihre Einwände, dass sie sich doch einig wären, alle ihre Einwände, dass die Produktionspläne gemeinsam erarbeitet worden wären, verhallten ungehört. Es schien, als sei eine unsichtbare Mauer zwischen ihr und den chinesischen Geschäftspartnern errichtet worden. Eine Mauer, die sie nicht durchdringen konnte. Sie schienen sie zwar zu hören, doch verstanden sie sie auch? Wollten sie sie überhaupt verstehen?
Harry saß daneben und zermarterte sich das Gehirn, wie er Franziska helfen könnte. Allein, außer ein ernstes und, wie er fand, eines Rechtsanwalts würdiges Gesicht aufzusetzen, fiel ihm nichts ein. Außerdem war er es nicht gewohnt, so viel grünen Tee zu trinken. Ein junges Mädchen, das etwas abseits im Besprechungszimmer saß, hatte ihm immer wieder heißes Wasser auf die Teeblätter nachgeschenkt. Und ihm dabei unter gesenkten Lidern hoffnungsvolle Blicke zugeworfen. Seebersteins Sexappeal funktionierte auch im fernen Osten! Nach der vierten Tasse half alles nichts. Er musste zur Toilette. Also murmelte er eine Entschuldigung, stand auf und verließ den Raum. Schon beim Eintreten hatteer das entsprechende Hinweisschild gesehen, also eilte er den Gang entlang und wurde rasch fündig.
Doch wie fand er wieder zurück? Vor ihm lag ein langer grauer Korridor, von dem rechts und links braune Türen abgingen. Alle sahen gleich aus. Keine der Türen trug ein Schild. War er aus der fünften Tür links gekommen oder aus der sechsten? Oder aus der
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