Liebe im Spiel
darin lebenden Menschen vollkommen sicher wären.
Edward sagte sehr ruhig: »Sag ja, und du kannst ein für alle Mal mit diesem unsinnigen Hochzeitsspiel aufhören. Du bist sehr müde, Ru, und es geht dir offensichtlich schlecht. Das ist schon so, seit dein Vater starb, und ich kann es nicht mehr ertragen. Sag Miss Muir, wo sie sich ihre Dinnerparty hinstecken soll, und lass mich dich gleich nach Hause bringen.«
Sie schloss die Augen. Nach Hause, mit Edward. Keine Sklavenarbeit in den Küchen anderer Leute mehr. Kein Verbiegen ihrer Persönlichkeit mehr, um den gnadenlosen Standards Adrians zu entsprechen. Sie liebte Adrian nicht, und sie würde ihn niemals lieben. Er wusste das ebenso gut wie sie. Und er wusste auch, dass er sie kaufte. Wenn sie Edward heiratete, würde sie ihn nie wiedersehen müssen.
Es war, als habe sich das eiserne Band um ihr Herz, das sie seit dem Todestag des Mannes kalt umschlossen hatte, plötzlich in Luft aufgelöst. Wenn sie tief und ungezwungen einatmete, schwebte sie bestimmt davon.
Sie weinte, schwach und schwindelig vor Erleichterung. »Ja«, flüsterte sie. »Ja, bitte.« Sie schluchzte. Diese Schluchzer hatten schon seit Monaten entweichen wollen, und sie konnte sie nicht zurückdrängen.
Edward erhob sich so gemächlich und bewusst, wie er alles tat, und kam zu Rufas Seite des Tisches herum. Sie spürte, wie er sie mit seinem Körper ganz vor den Blicken der Cafébesucher schützte.
»Tut mir Leid … tut mir Leid …«
Rufa schämte sich, dass sie nicht aufhören konnte zu weinen – Edward hasste Szenen. Anstatt sie jedoch zu drängen, sich zusammenzureißen, legte er die Arme um sie und zog ihren Kopf an seine Schulter, wie er es auch an dem schrecklichen Tag getan hatte, als der große Mann gestorben war.
»Ist schon gut«, murmelte er. »Es ist alles vorbei.«
Die Zeit wirbelte zu jenem Tag zurück. Es war eine unerledigte Angelegenheit zwischen ihnen. Rufa weinte insgeheim Gallonen von Tränen um den Mann, aber sie hatte nur einmal die Kontrolle verloren, mitten in einer Entschuldigung Edward gegenüber, weil sie das Zimmer nicht hatte saubermachen können, in dem sie ihren Vater gefunden hatte. Ihr gequältes Weinen hatte sie beide überrascht. Edward hatte sie wortlos fast eine Stunde lang festgehalten und getröstet und gestreichelt. Dieser Ausbruch und der jetzige schienen in einem Zusammenhang zu stehen, als hätte sie seitdem nicht aufgehört zu weinen.
Schließlich konnte sie ihr nasses Gesicht von seiner Schulter heben. Er reichte ihr ein sauberes Taschentuch.
Sie wischte sich die Augen und putzte sich die Nase. »O Gott, es tut mir so Leid …«
Edward sagte: »Hör auf, dich zu entschuldigen.«
»Es ist nur so, dass mir wieder einfiel, wie …«
»Ja, ich weiß.«
»Wie spät ist es? Himmel, ich sollte zurückgehen.«
Er lächelte. »Ich denke, du solltest vorher besser noch einen Tee trinken.«
Edward setzte sich wieder auf seinen Platz und bestellte den Tee. Rufa fühlte sich wie ausgehöhlt und ausgemergelt. Sie hatte die Kraft und Tiefe seiner Liebe zu ihr, und zu ihrer Familie, gespürt. Melismate war gerettet. Sie prüfte ihre neu gewonnene Heiterkeit vorsichtig, um zu sehen, ob sie anhielt. Der Albtraum war vor-über.
»Du hattest Recht«, sagte sie. »Ich bin müde. Und es ging mir elend.«
Edward hatte jetzt seine ganze Forschheit und Haltung zurückgewonnen. »Rufa, du brauchst dich nicht mehr verrückt zu machen. Ich weiß, weshalb du dich elend gefühlt hast – und ich verspreche dir, um deinetwillen freundlich zu den nichtsnutzigen Bastarden zu sein.«
Es war fast sieben Uhr, als sie zu Pollys Wohnung zurückeilten. Sie war durch den Spiegel getreten, und die Welt hatte sich nun vollkommen, bezaubernd verändert. Sie mochte jedermann, sogar Polly.
»Ich weiß, ich bin furchtbar spät, aber es wurde kompliziert.«
Polly hatte gerade einen riesigen Strauß orangefarbener und schockierend pinkfarbener Rosen in Empfang genommen und strahlte. »Erzähl mir mehr über deinen unglaublich jungen und attraktiven Paten. Ist er schon vergeben?«
Rufa spürte mit leichter Verärgerung, wie sie errötete.
Sie sagte: »Ja.«
»Adrian wird bald hier sein. Du solltest dich besser ein wenig restaurieren.«
Zu spät. Sie hatte sich bereits völlig restauriert. Jetzt stand ihr nur noch bevor, Adrian wissen zu lassen, dass er sie verloren hatte. Das Hochzeitsspiel war vorüber.
Kapitel Vierzehn
Nancy löffelte verdrießlich den letzten Rest
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