Liebe im Spiel
Schaum von ihrem Cappuccino. Wie praktisch, dachte sie, dass Berry direkt gegenüber eines angesagten Coffeeshops wohnte. Das bedeutete, dass sie seine Eingangstür beobachten konnte, während sie sich gleichzeitig von dem Streit mit Rufa erholte. Sie war wahnsinnig wütend aus Wendys Wohnung gestürmt und hatte in der U-Bahn ein ganzes Paket Papiertaschentücher verheult. Gott, war das peinlich gewesen – alle hatten sie angestarrt, und ein schwarzer Mann in Priesterrobe hatte angefangen, sie nach der Bibel zu befragen. Aber sie war zu abwesend, als dass es sie gekümmert hätte. Vom Regen in die Traufe – sie hätte sich Edward niemals offenbart, wenn sie auch nur im Traum daran gedacht hätte, dass er dem Hochzeitsspiel ein Ende setzen würde, indem er Rufa selbst heiratete.
Sie hatte Edward von der Verletzlichkeit ihrer Schwester erzählt, und er hatte es benutzt, um Vorteil daraus zu ziehen. Es war krank. Es war ekelhaft. Auf dem Höhepunkt des Streits hatte Nancy geschrien, es wäre praktisch Inzest. Er hatte immerhin seine Cousine ersten Grades geheiratet – »Also ist er offensichtlich nicht darüber erhaben, verdrehte Beziehungen einzugehen.«
Ihre Augen brannten erneut. Sie schnüffelte verärgert, und sie bereute es, dass sie ihre Argumentation verdorben hatte, indem sie überreagiert hatte. In Ordnung, Inzest war ein wenig hart gewesen. Aber Edward war einer der Erwachsenen, und sie hatte erwartet, dass er Rufa nur eine Standpauke verabreichen würde. Die dumme Kuh dachte jetzt, sie wäre glücklich, wo doch jedermann erkennen konnte, dass sie die Bedeutung dieses Wortes vergessen hatte. Sie wollte Edward nur heiraten, so wie Nancy es sah, weil er nicht Adrian war und sie lieber das bekanntere Übel erwählte. Er war vielleicht zu jung und gut aussehend, um als geiler, alter Mann zu gelten, aber es war immer noch dreist. Und der große Mann hätte es als Verrat angesehen.
Das nagende Schuldgefühl machte alles noch schlimmer. Nancy vermied nach Möglichkeit jegliche Innenschau, aber jetzt war sie gezwungen, ihr Verhalten zu überprüfen. Was hatte sie seit dem Tod des großen Mannes getan? Sie war sehr zufrieden, alles recht gut zu schaffen und wegen des Hauses – und des »Blutes«, über das der große Mann immer geredet hatte wie ein Vampir – nicht so dumm zu sein wie Ru. Aber auch sie hatte nach Schutz gesucht, indem sie ihr Herz an den armen Tim Dent verlor. Sie hatte sich schlicht geweigert, in die Zukunft zu blicken. Sie hatte alles Ru überlassen, weil Rufa im Sorgen besser war. Und hier war nun das Ergebnis. Ihre Lieblingsschwester, die so viel wert war wie alle Übrigen zusammen, wollte sich in eine Ehe stürzen, die man nur als grotesk bezeichnen konnte.
Es gab nur eine Möglichkeit, sie zu retten. Nancy war zu dem ausdrücklichen Zweck hierher gekommen, Berry zu einem Heiratsantrag zu bewegen.
Nancy seufzte ungeduldig. Sie saß hier schon fünfundvierzig Minuten und wartete darauf, dass Polly aus der schmucken blauen Haustür auf der anderen Straßenseite treten würde. Polly die Perfekte mit ihren komplizierten Strähnchen konnte es sich doch gewiss nicht leisten, den Friseurtermin, von dem Rufa erzählt hatte, abzusagen?
Schließlich öffnete sich die Tür. Die lebhafte, gefärbt blonde Gestalt Pollys erschien auf der Eingangstreppe und hielt einen Moment inne, um anerkennend den strahlend blauen Himmel zu betrachten. Sie suchte in ihrer Fendi-Handtasche nach dem Autoschlüssel, stieg in ihren exquisiten silberfarbenen Jeep und fuhr elegant davon.
Auf Gefechtsstation. Nancy wischte sich mit ihrer Serviette über die Lippen, um alle Überreste des Cappuccinos zu entfernen, und hoffte, dass ihre Augen nicht zu geschwollen waren. Sie verließ den Coffeeshop, ging über die Straße und drückte auf Berrys Klingelknopf. Ihr Herz hämmerte laut. Sie war nervös, was ungewohnt und eher aufregend war.
Seine Stimme erklang knarrend aus der Sprechanlage. »Hallo?«
»Hi, ich bin es, Nancy. Kann ich hochkommen?«
»Nancy?« Berrys Stimme wurde zu einem zitternden Falsett. Er räusperte sich. »Eh … ich fürchte, Polly ist nicht da.«
»Oh, Mist«, sagte Nancy. »Wie schade. Aber du bist da. Ich komme trotzdem rein.«
Ein kurzes, aber bedeutungsvolles Schweigen entstand. Der Türöffner summte, und Nancy trat ein. Der Gemeinschaftsflur des Hauses war peinlich sauber, mit einem dicken, beigefarbenen Teppich und einem glänzenden Schrank für die Post. Nancy lächelte ihrem sündhaften
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