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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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Strümpfe mit Strapsgürtel und hohe Absätze zu tragen. Wenn er nach Hause kam, würde sie ihn an der Tür erwarten. Sie spürte bereits ein Prickeln, als ob sie sich an ihn presste und seine Hand ihren Rücken hinunterglitt. Dann nahm sie ihn am Arm, drehte sich um, trat einen Schritt zurück und zog ihn hinter sich her wie das Mädchen in der Parfümwerbung.
    »Put your make-up on and fix your hair pretty
    And meet me tonight in Atlantic City.«
    Die Welle des Bedauerns wegen all der Dinge, die sie nie getan hatte, traf sie wie ein Schlag. Sie bereute ihr halb gelebtes Leben.
     
    Addie beschloss, den Vormittag allein und nur mit ihrem kleinen Hund zu verbringen. Sie schaltete das Telefon ab und steckte es in die Ladestation auf dem Flurtisch. Dann nahm sie einen Zehner aus ihrem Geldbeutel und stopfte ihn, zusammen mit ein paar Hundetütchen und dem Schlüsselbund, in die Manteltasche.
    Es gab keinen bestimmten Grund, warum sie am Kanal entlangschlenderte, anstatt zum Strand zu gehen. Es war ein Tag von ehrfurchtgebietender Schönheit. Die kahlen Äste der Bäume ragten wie schwarze Tuschezeichnungen in den leuchtend weißen Himmel. Das Schilf am Ufer war von einem zartblassen Goldgelb. Das Wasser des Kanals war ruhig und dunkel. Das Spiegelbild der Bäume reichte bis weit in seine Tiefen.
    Addie hatte einen oder zwei kurze Momente, um alles auf sich wirken zu lassen, bis Lola den Frieden störte. Sie raste das mit Gras bewachsene Ufer hinunter und warf sich mit einem gewaltigen Bauchplatscher ins Wasser. Ein Mann auf dem Fußweg am anderen Ufer blieb laut lachend stehen. Addie schwoll vor Stolz das Herz.
    Am gegenüberliegenden Ufer stand ein Reiher, der Addie jetzt erst auffiel, perfekt ausbalanciert auf einem Bein im Schilf. Mit glitzernden schwarzen Augen beobachtete er, wie Lola näher kam.
    Der Mann sah ebenfalls zu. Er hatte die Hände in den Taschen, und langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Ein Stück weiter den Weg hinauf hatten sich einige Obdachlose auf einer Bank versammelt. Sie alle hielten inne, um dem Spektakel zuzuschauen. Also hatte Lola ziemlich viel Publikum, als sie auf den Reiher zupaddelte.
    Addie war zwar Zeugin der Geschehnisse, aber sie dachte dabei an Della. Die arme Della war wahrscheinlich gerade zu Hause und hinterließ noch eine Nachricht auf Addies Mailbox. Vielleicht campierte sie ja sogar vor Addies Tür und fragte sich, wo sie wohl sein mochte. Währenddessen telefonierte Hugh vermutlich seine sämtlichen Kollegen ab, forderte Zweit- und Drittmeinungen und vereinbarte Termine für weitere CTs und Blutuntersuchungen. Der bloße Gedanke löste in Addie Erschöpfung aus. Und Bruno. Der saß sicher glücklich und zufrieden an seinem Tisch in der Bibliothek. Der arme Bruno ahnte noch nicht, was bald über ihn hereinbrechen würde.
    Doch trotz all dieser Gedanken war Addie nicht traurig. Stattdessen war sie sich des gewaltigen weiten Himmels über ihrem Kopf bewusst, des feuchten Bodens unter ihren Füßen, der Stille hier, mitten in der Stadt. Sie genoss diese gestohlene Zeit und fühlte sich, als schwänzte sie die Schule. Es war ein wundervolles Gefühl der Freiheit, noch gesteigert von dem Wissen, dass der Schulalltag ohne einen weiterging.
    Inzwischen hatte Lola den Reiher fast erreicht. Ein Satz, und sie würde ihn haben. Der Reiher wartete noch eine spannungsgeladene Sekunde ab. Sein prachtvoller Körper war völlig reglos. Er rührte sich noch immer nicht, als der Hund sich bereits abmühte, an der glitschigen Böschung Halt zu finden. Und dann, ganz, ganz langsam, breitete er die Schwingen aus. Ein gewaltig rauschender Flügelschlag, und er war in der Luft. Lola, die gerade aus dem Wasser kroch, sprang ihm nach. Ihr zerzauster kleiner Körper sauste mit jedem Sprung höher empor. Der Reiher flog einen weiten Bogen und kehrte dicht über dem Kanal zurück. Sein Schatten glitt unter ihm über das Wasser, und er schwebte triumphierend und elegant über Lolas Kopf hinweg.
    Die Obdachlosen lachten. Der Mann im Anzug schmunzelte in sich hinein, wandte sich ab und schlenderte den Fußweg entlang davon. Die arme Lola stand da und blickte dem Reiher entgeistert nach. Sie wirkte völlig perplex und begriff offenbar nicht, wie es möglich sein konnte, dass sie um den Sieg betrogen worden war. Nachdem sie etwa eine Minute lang hingestarrt hatte, schien sie die Angelegenheit jedoch vergessen zu haben. Sie schüttelte sich und hüpfte vergnügt zurück in den

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