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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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nicht sicher, wie das hier funktioniert, aber ist es in Ordnung, wenn ein Mann eine Frau zum Essen einlädt?«

[home]
    Kapitel 12
    S obald Della die Eingangstür geschlossen hatte, spürte sie, wie eine Welle aus Selbstmitleid über sie hinwegbrandete. Sie musste eine Minute in der Vorhalle stehen bleiben, um sich wieder zu fassen, und kam sich sehr gemein vor. Natürlich freute sie sich für Addie, und es war ihr sogar gelungen, diese Freude vorzuspielen. Sie hatte Addie mit der strikten Anweisung losgeschickt, nach Hause zu fahren und sich zu schminken, und lächelnd in der Tür gewartet, als ihre Schwester, gefolgt von ihrem Hund, den Gartenweg entlangrannte. Dann hatte sie dem davonfahrenden Auto nachgewinkt und ihr »viel Spaß« hinterhergerufen.
    Doch sobald die Tür ins Schloss gefallen war, hatte sie sich entsetzlich allein gelassen gefühlt.
    Nun lehnte sie sich an die Tür und sah sich um. Simons Mantel war vom Garderobenständer gerutscht und in einem Haufen auf den Fliesen gelandet. Überall lagen schlammige Gummistiefel herum, dazwischen ein offenbar nasses Unterhöschen, verheddert in eine Strumpfhose. Aus dem Wohnzimmer hörte sie den Fernseher. Sie stellte sich vor, wie Simon in der Sofaecke saß, eine Flasche Bier und die Fernbedienung neben sich auf der Armlehne.
    Oben lief ein zweiter Fernseher, vermutlich eine nicht für Kinder geeignete Sendung. Zumindest für Lisa. Vor kurzem hatte sich Della gezwungen gesehen,
The Simpsons
aus dem Programm zu streichen, nachdem Lisa sie gefragt hatte, was essbare Unterwäsche sei. Allerdings nahm niemand dieses Verbot ernst. Sie sahen sich die Sendung trotzdem an. Schließlich war die arme Lisa nach dieser dämlichen Serie benannt, was konnte man da anderes erwarten?
    Als Della sich nach Simons Mantel bückte, fühlte sie sich müde und erschlagen. Mein Leben erinnert an ein Country-and-Western-Stück, dachte sie.
    Auf dem Weg in die Küche schob sie den Gummistiefelhaufen mit dem Fuß beiseite. Sie schlich an der offenen Wohnzimmertür vorbei und die drei Stufen in die Küche hinunter, wo sie schnurstracks auf ihren Lesesessel zusteuerte. Es war ein weißer Rattansessel, den sie sich bei ihrem Auszug von zu Hause angeschafft hatte. Inzwischen war die Farbe abgeblättert, und das Flechtwerk gab nach. Es wurde schlaff – genau wie sie selbst. Sie holte ihr Buch hinter dem Sitzkissen hervor, ließ sich in den Sessel sinken und zog die Beine an. Dann las sie an der Stelle weiter, wo sie heute Morgen aufgehört hatte. Dabei fragte sie sich, wie viel Zeit ihr wohl bleiben würde, bis jemand etwas von ihr wollte.
     
    Als Kind hatte Della ganze Tage damit verbringen können, auf ihrem Bett liegend zu lesen. Sie las stundenlang ohne Pause, so lange, bis sie ihren Körper nicht mehr spürte und bis ihr vor Hunger der Magen knurrte. Nach einer Pause zum Abendessen ging sie sofort wieder hinauf in ihr Zimmer und las bis Einbruch der Dunkelheit.
    Inzwischen erscheint ihr die Erinnerung an die viele Zeit, die sie ungestört zur freien Verfügung hatte, wie ein Traum.
    Manchmal versucht sie immer noch, sich davonzustehlen. Sie verschwindet mitten am Nachmittag ins Schlafzimmer, ohne Bescheid zu sagen, legt sich, erfüllt von schlechtem Gewissen, auf die Oberdecke, nimmt das Buch vom Nachttisch, schlägt es gierig auf und verschlingt es, als wäre es Pornographie. Beim Lesen spitzt sie beide Ohren und horcht nach lautem Gepolter, Weinen, Rangeleien oder Stürzen vom Baum. Selten schafft sie ein ganzes Kapitel.
    Mum.
    Die Stimme nähert sich auf der Treppe.
    Mum!
Wo bist du?
    Dieses Wort hört sie tagaus, tagein.
Mum,
rufen sie und schaffen es irgendwie, fünf Silben darin unterzubringen.
Mum,
weißt du, wo meine Turnschuhe sind?
Mum,
dürfen wir fernsehen?
Mum,
Stella hat mit meinem Nintendo gespielt, ohne zu fragen. Ein quengeliges
Mum,
ein empörtes
Mum.
    Mum, Mum, Mum!
    Erinnern Sie sich daran, wie Sie als Kind geübt haben, Ihren Namen immer wieder auf ein Stück Papier zu schreiben? Und nach einer Weile ergaben die Buchstaben dann keinen Sinn mehr. Sie schienen willkürliche Zeichengebilde zu sein, völlig ohne Bedeutung. Und dann fragte man sich, ob das überhaupt der eigene Name war. Man begann zu glauben, man fiele durch die leere Luft, und es sei niemand da, der einen auffing.
    So geht es Della, wenn sie sie
Mum
nennen. Sie fühlt sich nicht gemeint.
    Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war, als Simon sie mit
Mum
ansprach.
Mum,
sagte er, weißt

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