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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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Pensionszimmer schreckte Bruno aus einem Alptraum hoch. Sein Herz klopfte so heftig, dass er es beinahe hören konnte. Außerdem bekam er kaum Luft und musste schlucken, um die in seiner Kehle aufsteigende Angst zurückzudrängen.
    Da die Vorhänge zugezogen waren, war es stockdunkel im Zimmer. Bruno beugte sich vor und knipste die Nachttischlampe an. Dann ließ er sich wieder in die Kissen fallen und blickte sich argwöhnisch im Zimmer um, als hätte er es noch nie zuvor gesehen. Er hatte das Gefühl, in den letzten Stunden durch das Haus seiner Kindheit gestreift zu sein, und war vom Träumen noch ganz benommen.
    Er hatte diesen Traum schon öfter. Jetzt fällt es ihm ein. Es ist ein immer wiederkehrender Alptraum. Er kommt vielleicht einmal im Jahr, und jedes Mal erkennt er ihn von früher. Doch in ein oder zwei Stunden wird er ihn wieder vergessen haben. Der Traum besitzt die eigenartige Gabe, sich zu tarnen. Ein Traum, der eigentlich kein Traum ist, denn er hat kein Drehbuch. Ein hinterhältiger Traum und so lebensecht, dass Bruno stets eine Weile braucht, um dahinterzukommen, dass er nur träumt.
    Im Traum lebt seine Mutter noch und ist im Pflegeheim. Bruno hat sie schon seit Jahren nicht mehr besucht, und auch sonst war niemand von der Familie bei ihr. Die Mitarbeiter des Pflegeheims wundern sich, warum sich nie jemand blicken lässt. Seine Mutter fragt nach ihren Angehörigen, aber sie kommen nicht.
    Wenn Bruno aufwacht, schwappt eine Welle des Grauens über ihn hinweg. So hat er sich nicht mehr gefühlt, seit er als Kind ins Bett gemacht hat. Es ist das Gefühl, etwas Schreckliches verbrochen zu haben, ohne es überhaupt zu bemerken. Etwas, das man nie wieder in Ordnung bringen kann.
    Wenn Bruno ins Bett gemacht hatte, ging seine Mutter mit ihm nach unten ins Bad und zog ihm den nassen Pyjama aus. Dann säuberte sie ihn mit einem Schwamm und trocknete ihn mit einem Handtuch ab. Er erinnert sich noch daran, wie seine Haut beim Abtrocknen prickelte. An den angenehm sauberen Pyjama beim Anziehen. An die Erleichterung, wenn er sich wieder hinlegte, ein zusammengefaltetes Handtuch strategisch so plaziert, dass es den feuchten Fleck aufsaugte, und ein frisches Laken darüber gebreitet. Die Freude, wieder einschlafen zu können, weil das Problem gelöst war.
    Und dasselbe Gefühl hat er jetzt, als es ihm endlich gelingt, sich zu überzeugen, dass der Traum nicht echt ist. Er braucht eine Weile, die Gründe aufzulisten und alles logisch zu durchdenken. Seine Mutter ist tot, und zwar schon seit fünf Jahren. Als sie noch lebte, hat er sie jede Woche besucht, und zwar bis zum Ende.
    Er ist kein schlechter Mensch.
     
    Er war jede Woche bei ihr, jedoch ohne es jemandem zu verraten. Nicht einmal seiner Freundin. Sie konnte das nicht verstehen. Bruno glaubt, dass sie es nicht verstehen wollte.
    Sie waren nicht verheiratet, ja sie wohnten nicht einmal zusammen. Gleich am Anfang hatten sie beschlossen, dass von einer Ehe nicht die Rede sein würde. Sie waren beide gebrannte Kinder.
    Eigentlich war es nicht seine Absicht gewesen, ihr zu verheimlichen, dass seine Mutter noch lebte. Er hatte es eben einfach nicht erzählt. Und als sie es schließlich doch herausfand, hatte sie viel Aufhebens darum veranstaltet. Sie solle es nicht persönlich nehmen, hatte er versucht, ihr begreiflich zu machen. Er habe sie nicht ausschließen, sondern schonen wollen. Es sei schwierig zu erklären.
    »Es ist ja nicht so, als ob ich eine Affäre hätte«, hatte er verkündet.
    Aber aus ihm unbekannten Gründen fand sie das sogar noch schlimmer.
    »Ich habe gedacht, sie sei tot! Eine vernünftige Schlussfolgerung, weil du immer nur in der Vergangenheitsform von ihr sprichst. Da du nie erwähnt hast, dass du sie besuchst, bin ich davon ausgegangen, dass sie nicht mehr lebt.«
    Er hatte befürchtet, dass sie seine Mutter würde kennenlernen wollen. Deshalb hatte er geschwiegen. Niemand sollte sie in diesem Zustand erleben. Die verängstigten Augen in einem ausgezehrten Gesicht. Die langen, runzeligen Hände, die sich in die Bettwäsche krallten. Die übergroßen Knöchel. Das Heftpflaster, das verhinderte, dass ihr der Ehering vom mageren Finger rutschte. Darüber wollte er mit niemandem reden.
    Es wäre ihr gegenüber unfair gewesen, sie mit einer wildfremden Frau zu konfrontieren. So zu tun, als würde sie die beiden einander vorstellen, und dann der Versuch, am Bett Konversation zu betreiben. Der Gedanke allein war unerträglich.
    Er hatte sie

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