Liebe im Zeichen des Nordlichts
das Essen und ließ ihn damit allein.
»Ich rede mit ihm«, entgegnete Addie. »Ich versuche, etwas herauszufinden.«
»Möchtest du die gute oder die schlechte Nachricht hören?«, so meldete sie sich bei Della, als sie sie später am Abend zurückrief.
Sie hatte Bruno für diesen Abend abgesagt, ihm alles erklärt und sich ausführlich entschuldigt.
»Ich habe ihn vernachlässigt«, meinte sie. »Und jetzt ist er beleidigt. Der alte Knabe ist nämlich ziemlich eifersüchtig.«
»Ist schon in Ordnung«, antwortete Bruno. »Dann wasche ich mir eben die Haare.«
Jetzt hatte Addie auch noch ein schlechtes Gewissen wegen Bruno. Man konnte einfach nicht gewinnen. Einen verrückten Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, ihn einzuladen, doch sie verwarf ihn sofort wieder.
Also ging sie allein mit ihrer Einkaufstüte nach oben und bereitete ein Käsesoufflé zu, damit Hugh gute Laune hatte. Sein Lieblingsessen. Sie hat sich einmal beigebracht, wie es funktionierte, als Geburtstagsgeschenk für ihn. Das komplizierteste Gericht, das sie beherrscht. Sie kocht es, wenn er Aufmunterung nötig hat. Das hat inzwischen Tradition.
Sie verspeisten es am Küchentisch, dazu gab es einen grünen Salat und eine Flasche Bordeaux. Hugh musste den Wein zwar mit dem Strohhalm trinken, bestand aber darauf, ohne fremde Hilfe zu essen. Es war ein Trauerspiel, ihm dabei zuzuschauen, wie er versuchte, die Gabel mit den Fingerspitzen festzuhalten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis jeder Bissen im Mund landete. Wahrscheinlich war das Soufflé eiskalt, als er damit fertig war.
»So gut bekommt man es in keinem Restaurant«, das sagte er immer, wenn es Käsesoufflé gab. »Nicht einmal im Shelbourne.«
Erst bei der zweiten Flasche Wein gelang es ihr, ihn dazu zu bringen, über den Prozess zu sprechen.
»Hast du schon einen Termin?«, erkundigte sie sich mit Unschuldsmiene.
»Ach, irgendwann im neuen Jahr«, erwiderte er. »Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Aber zerbrich dir nicht den Kopf darüber.« Er war ausgezeichneter Stimmung, das Soufflé hatte gewirkt. »Ich bin voller Vertrauen, dass wir gewinnen werden.
Sie suchen nur einen Sündenbock«, fuhr er fort. »Da man sie nicht mehr lebendig machen kann, brauchen sie einen Schuldigen. Ich hätte ja nichts dagegen, aber ich habe wirklich mein Möglichstes getan, um diese Frau zu retten.«
»Wer sind
sie?
«
»Die Eltern.«
»Ich dachte, der Ehemann hätte dich verklagt.«
»Ja, doch die treibende Kraft ist der Vater. Er ist Taxifahrer.«
Als ob das eine Erklärung gewesen wäre.
»Geld. Darauf läuft es letztlich hinaus. Diese ganze hässliche Geschichte wird nur deshalb veranstaltet, um so viel Geld wie möglich aus der Versicherung herauszupressen. Mit jedem Anklagepunkt wächst die Summe.«
Er war ziemlich offen und schilderte den Fall ausführlich, während sie die zweite Flasche leerten.
»Die Frau war ein Fass. Keine Ahnung, warum ich das nicht sagen soll. Schließlich ist es keine Ansichtssache, sondern steht in ihrer gottverdammten Krankenakte. Klinisch adipös. Wenn sie nicht so verdammt dick gewesen wäre, wäre sie nicht gestorben. Ich habe sie gewarnt und ihr geraten, erst ein paar Kilo abzunehmen. Doch sie hat sich geweigert. Sie wollte die Operation rechtzeitig hinter sich bringen, um zu einer Hochzeitsfeier gehen zu können. Versuch du mal, jemanden zu operieren, der mehr Fettschichten hat als ein Wal, so dass man die dämliche Gallenblase kaum findet.«
Ein leichter Zweifel überkam Addie. Sie spürte ihn lautlos wie eine Wolke über sich hinwegziehen.
»Aber so hast du es doch nicht ausgedrückt?«
Er hatte sich auf seinem Holzstuhl mit Armlehnen zusammengerollt. Als er sich nun aufrichtete, hatte es etwas Bedrohliches an sich.
»Verzeihung?«
Addie zuckte zusammen.
»Erzähl mir nicht, dass du das so zu der Familie gesagt hast.«
»Natürlich nicht. Wofür hältst du mich?«
Jetzt hatte sie auch noch ein schlechtes Gewissen, weil sie an seinen Worten zweifelte. Wenn seine eigene Tochter ihm nicht glaubte, wer dann?
Sie beugte sich vor und schenkte den letzten Rest Wein ein, in der Hoffnung, das Schlimmste hinter sich zu haben. Aber Hugh sprach weiter.
»Natürlich geht das Krankenhaus nun in Deckung. Offenbar will man die Gelegenheit nutzen, mich aufs Altenteil zu schicken. Doch das war zu erwarten. Anscheinend hat man einige jüngere Kollegen dazu gebracht, diese Drecksarbeit zu übernehmen. Ebenfalls zu erwarten, wie ich fürchte, mein
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