Liebe im Zeichen des Nordlichts
eine ausgesprochen schlechte Nachricht.«
Verzweifelt schüttelte er den Kopf.
Simon gab dem Barmann ein Zeichen, die nächste Runde zu bringen, bevor er sich wieder Hugh zuwandte.
»Ich befürchte, der Tod könnte zur Abweichung von der Norm werden. Inzwischen ist jeder Todesfall einer, der hätte verhindert werden können. Ich weiß nicht, wo das alles noch enden soll.«
»Wir werden zu Opfern unseres eigenen Erfolgs«, antwortete Simon. »Die Leute halten uns für allmächtig und werden wütend, wenn wir scheitern. Ich stimme dir darin zu, Hugh, dass es die Dinge ziemlich erschwert.«
Und bis zu einem gewissen Grade teilte er Hughs Auffassung auch. Er konnte Hugh nicht widersprechen, denn er hatte recht. Und dennoch irrte er auch. Aber wie sollte er ihm das erklären? Auf einer prinzipiellen Ebene lag Hugh absolut daneben.
Simon unterbrach ihn nicht, weil es ohnehin zwecklos gewesen wäre.
»Wir tun nichts anderes, als das Unvermeidliche hinauszuzögern. Und damit können sich die Menschen nicht abfinden, Simon. Sie weigern sich einfach. Doch wir wissen es besser, weil wir jeden Tag damit zu tun haben. Wir wissen, dass das Leben in allen Fällen tödlich endet.«
Simon nickte zustimmend.
»Unser Königreich«, fuhr Hugh fort, »ist nicht ewig. Und dennoch bilden sich immer mehr Leute ein, dass es so wäre.«
»Nein«, sagte Simon. »Niemand von uns währt ewig.«
»Verstehst du, Simon? Der Zorn! Die Wut, die die Leute im Bauch haben, richtet sich direkt gegen uns.«
»Manchmal fühlt es sich wirklich so an.«
»Wo kommt diese Wut nur her?«
»Aus dem Nichtwahrhabenwollen«, sagte Simon leise.
Aber Hugh hörte gar nicht zu.
»Trauer«, fügte Simon hinzu. Seine Stimme erstarb langsam, bis sie kaum noch zu hören war.
Er sah Hugh geradewegs in die Augen. Hugh erwiderte seinen Blick. Doch man merkte ihm an, dass er gedanklich abschweifte. Sein Augenausdruck war starr.
»Liebe«, flüsterte Simon, hauptsächlich an sich selbst gewandt.
»Du hättest dir keine Sorgen zu machen brauchen«, meinte Simon, als er später am Abend mit Della allein war. »Er zieht eine Niederlage nicht einmal in Erwägung.«
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Kapitel 30
D a Della, Simon und die Mädchen verreist waren, verbrachten sie Weihnachten nur zu dritt.
Bruno hatte vorgeschlagen, in der Wohnung ein Abendessen zu kochen, doch Hugh wollte, dass sie zu ihm kamen. Für Hugh war eine Wohnung nicht der geeignete Ort für ein Weihnachtsessen. In einer Wohnung konnte man meinetwegen Cocktails servieren, aber keine anständige Mahlzeit. »Tun wir ihm den Gefallen«, sagte Addie zum wohl hundertsten Mal in ihrem Leben. »So können wir wenigstens flüchten, wenn wir wollen.«
»Wir sollten besser einen fertigen Truthahn bestellen«, sagte Addie. »Gibt es überhaupt so kleine Truthähne?«
»Oh, ich glaube, ein Hähnchen genügt.«
Alle waren nervös. Sie hatten die Begegnung zu lange hinausgeschoben. Es war dumm gewesen, damit bis auf die letzte Minute zu warten, denn inzwischen hatte sich zu viel Druck aufgebaut. Und jetzt kam auch noch die emotionale Bedeutung von Weihnachten hinzu.
»Schenke ich ihm etwas?«, hatte Bruno gefragt.
»Ach, herrje, nein«, antwortete Addie. »Du kennst ihn ja gar nicht.«
Addie sah vor sich, wie Bruno die Herrenabteilung von Brown Thomas durchforstete. Wie er Schals hochhielt, während die Verkäuferin hilfsbereit Schubladen mit Lederhandschuhen öffnete. Draußen schneite es, es war wie Weihnachten im Film. Bruno ging die Straße entlang, das Gesicht verborgen hinter einem Stapel von Geschenkkartons in seinen Armen.
»Ich kann ihn doch nicht an Weihnachten besuchen, ohne ein Geschenk mitzubringen«, protestierte Bruno. Der Gedanke allein schien ihn zu empören.
Schließlich einigten sie sich auf eine Flasche Wein. Addie erlaubte Bruno sogar, sie in Geschenkpapier zu verpacken.
»Ich wünschte, wir müssten nicht hin. Warum können wir nicht den ganzen Tag im Bett bleiben, abends Frühstücksflocken essen, uns nicht anziehen und niemanden sehen?«
»Das können wir doch jeden Tag«, wandte Bruno ein. »Schließlich ist Weihnachten.«
In seinen Worten schwang eine kindliche Begeisterung mit. Es tat ihr leid, dass sie ihm nicht mehr zu bieten hatte. Bruno zuliebe wünschte sie, sie wäre die Art Frau gewesen, die sich schon genau überlegt hatte, was sie zu Weihnachten anziehen wollte. Sie malte sich aus, dass sie eine cremefarbene Spitzenbluse, einen schwarzen Samtrock mit Kummerbund, eine schwarze
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