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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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nicht leugnen: Es waren alles glückliche.
    »Moment mal«, meinte er verwirrt. »Hattest du denn keine glückliche Kindheit?«
    Er klang so arglos, dass es ans Lächerliche grenzte.
    »Nein!«, entgegnete sie. »Ich hatte keine glückliche Kindheit. Meine Mum ist gestorben, das war einfach nur Mist! Vielleicht sprechen wir deshalb nicht gerne über früher. Bist du vielleicht schon einmal auf diesen Gedanken gekommen? Wir sprechen nicht gern über die Vergangenheit, weil sie traurig war.«
    Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit.
    »Addie«, sagte er. »Ihr seid die Leute, die die Hungersnot überlebt haben. Wo ich herkomme, ist man stolz auf solche Dinge.«
    Sie brachte keinen Ton heraus.
    Stattdessen sah sie ihn nur stumm vor Entsetzen an. Dann wandte sie sich ab und beugte sich mit verengten Augen und zusammengebissenen Zähnen über ihre Arbeit. Sie saß einfach nur da und lauschte wie erstarrt, als er aufstand und in die Küche ging.
    In diesem Moment hasste sie ihn wirklich von ganzem Herzen.
     
    Das war ihr erster Streit.
    Nachdem sie ihn wohlbehalten überstanden hatten, schienen sie eine andere Ebene erreicht zu haben wie bei einem Computerspiel. Sie kabbelten sich zwar öfter als früher, doch die Anspannung hatte sich gelegt. Addie fühlte sich mit sich selbst im Reinen. So sehr wie nie zuvor.
    Jedes Wochenende fuhren sie aufs Land. Keine Friedhöfe, hatte sie gefordert. Keine lange verschollenen Verwandten. Und er war einverstanden, nun, da es offen ausgesprochen war.
    Draußen vor der Stadt war es ruhig. Alles schaltete für den Winter einen Gang zurück, so auch die bleichen, kühl goldenen Weizenfelder mit ihrem Kurzhaarschnitt. Die Hecken waren inzwischen farblos und nicht mehr sommerbunt. Die Bäume verloren in diesem Jahr spät ihre Blätter, zumindest hatte Addie diesen Eindruck. Als ob sie noch verweilten, um die schwache Wintersonne bis ins Letzte auszunutzen.
    Bruno bestand darauf, sich vom Navigationsgerät seines iPhones lotsen zu lassen. Er sah sich als großer Fährtensucher und saß, über sein Telefon gebeugt, auf dem Beifahrersitz. Alle zwei Minuten meldete er Richtungsangaben, die gegen jegliche Vernunft zu verstoßen schienen.
    »Links«, rief er, kurz nachdem sie eine Kreuzung passiert hatten. Er hätte die Abzweigung ohnehin nicht gesehen, so sehr war er mit seinem Telefon beschäftigt.
    »Ich bin Architektin«, wandte sie ein. »Ich habe eigentlich einen recht guten Orientierungssinn.«
    »Wir müssen eindeutig nach links«, beharrte er im direkten Widerspruch zu sämtlichen Straßenschildern.
    Also tat Addie ihm den Gefallen, wendete, bog ab und fuhr eine weitere schmale Landstraße entlang, obwohl sie wusste, dass diese nur wieder zu einer weiteren und dann zu noch einer führen würde.
    Auf diese Weise legten sie viele Kilometer zurück und bekamen Orte zu sehen, an die sie sich wohl sonst nie verirrt hätten. Immer wieder verfuhren sie sich und verbrachten ganze Tage damit, auf winzigen Straßen den Rückweg zu suchen. Eine Straße, die mitten im Feld endete. Eine von Schlaglöchern durchzogene Piste, die über einen stillen Hügel führte und danach in engen Alleen mündete, bis sie irgendwann wieder zufällig an der Hauptstraße endeten.
    Unterwegs hörten sie ständig Bruce Springsteen. Bruce lieferte die Begleitmusik zu ihren Spazierfahrten.
    Die Seen von County Cavan, die einsamen Hügel von Laois. Die Wälder des westlichen Wicklow. All die wenig bemerkenswerten Örtlichkeiten im Landesinneren, die Addie so rasch abgetan hatte. Inzwischen musste sie ihm gestehen, dass sie einen Besuch wert waren. Mittlerweile verschwammen Midlands, Heartlands und Badlands für Addie zu einem großen Ganzen. Sie dachte wie Bruce Springsteen und stimmte manchmal sogar ein, wenn Bruno mitsang.
    »Well I’ve tried so hard baby
    but I just can’t see
    What a woman like you
    is doing with me.«
    Mittlerweile sangen sie zu dritt im Chor. Bruno, Addie und Bruce in vollkommener Harmonie. Addie schaute beim Singen aus dem Fenster und betrachtete die regennassen Felder.
    »… The gypsy swore our future was right
    But come the wee wee hours,
    Well maybe baby the gypsy lied.«
    Nur wenige Wochen bis Weihnachten, und in ihnen beiden vibrierte eine Vorahnung von Möglichkeiten. Die Möglichkeit, dass Addie ihre Ängste und Zweifel hinter sich lassen und jemandem ihre Swimmingpools zeigen würde, dass sie vielleicht einmal irgendwo in einer Galerie hängen und eines Tages sogar jemand eines der Bilder

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