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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Grille zirpte – unermüdlich ihr Auf und Ab, dann aber doch jäh eine Pause. Und in der Stille aus einem der tiefer gelegenen Gärten Frauengemurmel, ein Parlando wie von einer geheimen Bühne, dazwischen gedämpftes Lachen, auch leise Wortfetzen, das Zirpen dagegen geheimnislos; erst als es wieder anfing, machte er die Augen auf und sah Vila in dem Bäumebogen, den Kirchturm verdeckend, Vila in Jeans und weißer Bluse, eine Duty-free-Tüte und ihre Schuhe in der Hand. Das Taxi hat vor der Zufahrt gehalten, sagte sie, du hast es nicht gehört, der Jasmingeruch kann einen betäuben. In der Spätmaschine gab es Plätze, ich konnte umbuchen. Renz hat in den nächsten Tagen noch Termine, er kommt am Wochenende, er mag es, wenn ich alles vorbereite. Und du?
    DER Jasmingeruch – sie würde nie Duft dazu sagen, Duft sagten nur Besucher, die selbst schon mit Düften ankamen. Sie kam verklebt von der Reise, zwanzig Minuten auf dem Vorfeld in Frankfurt im Bus, ein drückender Abend, und drückende Luft auch während des Flugs in der kleinen Maschine, sie hatte seine letzten gemailten Seiten noch einmal gelesen. Franz sieht Klara nach einem Jahr wieder, für Klara aber ist es wie fünf Jahre, sie hat das Warten satt und manchmal wohl auch das Fasten; sie hat das Warten und Fasten sozusagen gefressen und kaum etwas anderes, Nahrhaftes. Und das Ergebnis erschreckt sie: kein Sieg über den Leib, eher eine Niederlage, ein Sieg höchstens der Gedanke, dass es eine Niederlage wäre. Im Grunde will Klara Franz gefallen, auch wenn es etwas Schmutziges hat – ein sicheres Gefühl schon beim ersten Lesen. Und wie gern hätte sie Klara einmal in Assisi erlebt, oder wie gern würde sie Klara in die heutige Zeit versetzen, Franz weckt dagegen nur ihre Neugier. Die wenigen stillen Momente der Juniwochen hat sie mit Klara verbracht, einer hochgewachsenen jungen Frau, seltsam hellhäutig in ihrer Umgebung, schmale Augen, schmaler Mund, aber die Art von Lippen, die plötzlich voll werden können; einer, nach der sich die Leute umdrehen, wenn sie ihr Lächeln herabfallen lässt wie ein paar Münzen in die Hände von Bettlern. Und einer, die den Mut hat zu lieben, gegen alle Vernunft und doch rational. Ich will. Und du, fragte sie noch einmal. Was magst du?
    Bühl schob einen Zettel mit letzten Notizen unter das Notebook, Wo ist dein Gepäck? Er stand auf, nur in Hemd und Hose. Oben am Tor, eine Tasche, sagte sie und griff in den Pool, das Haar fiel ihr übers Gesicht; sie schüttelte das Wasser ab und kam wieder hoch und ging am Becken entlang bis zum Rasen vor der Laube, ihre Schuhe noch in der Hand, flache Sandalen, ein schönes Gefühl an den Füßen auf dem gemähten Stück. Oder bin ich zu früh, fragte sie, als er schon mit ihrer Tasche ankam, einer großen, prallvollen Tasche, in aller Eile gepackt, fast ein Fluchtgepäck. Er trug die Tasche zum Haus, und sie schaffte es, vor ihm auf der Terrasse zu sein, Arme in die Luft gestreckt, die Sandalen und ihre Tüte auf dem Boden. Bühl stellte die Tasche ab, er hob die Tüte auf, darin Bücher und eine Stange Zigaretten. Hast du Hunger? Eine Frage wie an ein Kind, das spät heimkommt, und sie nickte nur, während die Arme einsanken, die Hände ins Haar fielen, sie so vor ihm stand, unter Verzicht der Hände, ihrer Frisur, der Schuhe, schutzlos, dazu ohne Dusche nach der Reise. Es blüht ja alles, sagte sie und sah ihn Momente lang an, wie ein schnelles Feststellen, ob er das auch sei, und er stellte die Tüte ab und nahm ihre Hände, Seit wann rauchst du? Er hob die Hände aus dem Haar und hielt sie in einer Schwebe. Die Zigaretten? Schmeiß sie weg, rief sie. Stör ich, bin ich zu früh? Sie drückte gegen die Hände, er gab etwas nach, sein Nein: nein, nicht zu früh, und sie atmete wie eine Patientin, die abgehorcht wird, tief einatmen soll. Dabei noch immer das Lehnen an seinen Händen und ihr Mund leicht offen nach dem Atmen, ebenso die Augen, halb offen, halb zu, Kleinigkeiten, die sich zusammenschnürten, und schon überschlugen sich die Dinge, das erste Umarmen und Küssen, das Taumeln vor Nähe, Fuß auf Fuß: zwei Tanzschüler, wenn die Musik plötzlich aussetzt, die Haut des anderen auf einen Schlag volle Geltung erlangt. Wenn es gilt.
    Es galt, sich zu lieben, sonst nichts. Ein Konzentrieren weder auf sich noch auf den anderen, eher auf etwas Drittes, das beide verbindet, wie das Tanzpaar auf die plötzliche Stille, auch wenn sie Nähe bedeutet. Es gibt kein Handbuch für

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