Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
Vom Netzwerk:
rief jeden Abend an, sie dabei am Poolrand, die Füße im Wasser, das Telefon im Schoß, der kleine Lautsprecher auf on, ein Bericht über das Hickhack bei der Seearztserie, Finale mit Hochzeit in San Vigilio, ja oder nein, die Braut eventuell schwanger? Oder redaktionelle Bedenken, was den Missbrauchsstoff anging, mehr Doku oder mehr Fiktion, auch weibliche Opfer, weibliche Täter? Hosenscheißerei, sagte Renz. Und anschließend ihr Bericht zu Haus und Garten, die gute Vorarbeit von Bühl: Bühl schon wieder unterwegs nach Assisi. Erstaunlich, wie leicht es ihr fiel, Renz etwas aufzubinden; darum auch kein Essen im Ort, ja nicht einmal das nächtliche Bootfahren, trotz Ankündigung.
    Ihr war das klar und Bühl genauso, der Tribut an die Realität, und abends hätte man darüber reden können, taten sie aber nicht; ein Übergehen, kein Mantel des Schweigens, wie sie auch anderes übergingen: dass sie bald zu dritt sein würden in Torri oder den goetheschen Geburtstag, das jährliche Fest, unter den Gästen Kilian-Siedenburg, das Stück Doku, das einer wie Wilfinger für ein Ja zu dem Stoff brauchte. Lieber sprach Vila in den Abendstunden über die neue Arbeit, ihre Suche nach originellen Leuten, die auch vor der Kamera noch originell wären, mit mehr rüberkämen als mit Zahlen und Sprüchen, und auf einmal war sie bei Kilian-Siedenburg: vor der Kamera fast schon Profi in eigener Sache, seine Sprüche zum Thema immer so, dass ihm keiner am Zeug flicken kann, einer, der auch in die Politik passen würde, Parteistratege, Hoffnungsträger. Oder ist der Eindruck falsch? Er war ja einen Abend lang bei uns, mein Mann hat gekocht, hörst du zu? Sie hielt eine der Hände, die in den Mittagsstunden gut zu ihr waren, die sich auskannten auf ihr, überall, eine Hand, die sie manchmal an ihre Wange drückte, das Ganze an dem Steintisch unter den Bananen, bei Wein und Brocken von Parmesan, in der Tischmitte brennende Räucherstäbchen gegen winzige Mücken, ein Geruch wie aus frühen Tagen mit Renz – vielleicht daher die Wortwahl Mein Mann.
    Der Eindruck ist richtig, sagte Bühl. Cornelius war Schulsprecher, er hat sich Stimmen gekauft, von dem Geld seines Vaters. Ich habe ihn unterstützt, als Freund. Er hat sich vor allem um die Jüngeren bemüht, versprochen, sich dafür starkzumachen, dass der Abendausgang verlängert wird, das kam an. Und jetzt hat er eine Website zu seinem Entschädigungsprojekt, dort schreibt er über Aarlingen, als sei er selbst ein Opfer. Er sagt es nicht direkt, er lässt es nur offen, eher eine Sünde als ein Vergehen. Schicksalsschwindel ist leider kein Tatbestand. Und dein Mann hat ihn eingeladen, das ist gut.
    Weil du ihn hier treffen willst, bist du deshalb im Sommer hier, gibt es keinen besseren Ort für ein Wiedersehen? Was ist mit dir los, Bühl, was geschieht in deinem Kopf, bewegen sich da nur Männer, Franziskus in einer Kutte, dieser Rudertrainer im Muscle-Shirt, dein Ex-Freund im Anzug? Was willst du dann von mir? Vila stand auf, sie lief über den Rasen und sah auf den See, in ihrem Rücken das Klatschen der Bananenblätter, wenn einer zwischen den Stauden hindurcheilt, um schneller zum Gartentor zu kommen; dann das Geräusch des Tors, sein Auf- und Zugehen, und keine Sekunde zu früh auf der Terrasse das Telefon, da hatte sie es extra hingelegt, damit sie nicht den renzschen Abendanruf verpasst. Wo bist du, fragte sie gleich, und Renz sagte In Frankfurt, und sie lief mit dem Telefon um den Terrassentisch, auf dem noch alles herumstand vom Essen – sie hatte am Vormittag Doraden gekauft, dazu ein Amaronerisotto gemacht, am Ende doch ein gewisser Aufwand –, und vom Tisch lief sie über den Rasen bis zu den Rosmarinsträuchern am Zaun, von wo aus man die Zufahrt sah, während Renz immer weiterredete, nicht von zu Hause, wie er sagte, sondern von der Stadt aus, wo er noch letzte Besorgungen machte, weil er morgen schon losfahren wollte, ganz früh, um vor dem Abend da zu sein, endlich am See. Was fehlt denn noch, fragte sie, bemüht, ihm zuzuhören, auch etwas aufzugreifen, jetzt schon auf der Treppe zum Gartentor mit dem Telefon. Renz war in der neuen Mall auf der Zeil, da war sie selbst erst einmal durchgelaufen, einmal und nie wieder, er stand vor dem Hollister-Laden, der Hollister-Grotte, wie er erklärte, er hatte nach einem Hemd gesucht, war dort wohl herumgeirrt zwischen den Sachen, alle nur punkthaft angeleuchtet wie Pflanzen in einem Nachttierhaus. Aber auf jedem Teil steht

Weitere Kostenlose Bücher