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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Seitenlehne des Sofas. Sie streichelte sein Haar, bis der Kellner den Tee brachte, eine Kanne und zwei Tassen auf einem Tablett. Er wollte sofort kassieren, also zog Bühl einen Schein aus der Hose, For you, der Kellner konnte es kaum glauben, es hätte für fünf Kannen Tee gereicht, rückwärts ging er davon, und Vila griff in Bühls Tasche mit dem Geldvorrat, Darf ich? Sie fühlte ein ganzes Bündel aus Scheinen und durch den Hosenstoff auch sein Fleisch und Blut, den Wunsch, mit ihr zu schlafen. Bist du vermögend? Vermögende Leute, die müssen nicht ameisenhaft fleißig sein, mit Mist ihr Geld verdienen. Bist du’s? Sie zog an dem Bündel, und er schlug ihr leicht auf die Hand. Vermögend, nein. Aber es reicht für ein Jahr in Hotels, dann ist meine Franziskus-Geschichte fertig. Und wenn sie keiner will, werde ich wieder Lehrer. Warum bleibst du nicht noch länger? Bühl griff nach ihrem Gesicht, sie drückte seine Hand auf ihre Wange und erklärte es ihm und auch sich. Sonntag in einer Woche sei schon die Sendung, ein Beitrag von ihr, zwei von anderen, aber sie für alles verantwortlich. Und am Samstag danach kämen Gäste, die Englers aus Mainz, er beim Fernsehen, Jugendthemen, sie frühere Pastorin, dazu Nachbarn von gegenüber, Heide und Jörg mit kleiner Firma für Solartechnik, Gebhard Cleanlight: Sagt dir nichts, sagte sie. Die zwei haben ein Haus auf Mallorca, wir waren schon dort und wollen wieder hin, im November kann es noch warm sein. Ich würde lieber mit dir fahren, in Palma gibt es ein Hotel am Yachthafen, wir würden den Reichen zuschauen, aber beneiden würden sie uns . Diese zu lange Geschichte mit der Frau, hast du die Frau geliebt? Vila nahm die Beutel aus der Kanne, sie schenkte den Tee ein, Bühl zog sich an der Sofalehne hoch. Geliebt, sagte er, vielleicht für Minuten im Bett. Sie war eine Kollegin. Und wollte eine Familie. Mir genügt ein einziger Mensch. Im Internat hatte ich einen Freund, wir teilten ein Zimmer, wir sind zusammen geschwommen, wir lagen im Schilf. Er hat mich später verraten, wir haben uns danach nie mehr gesehen. Gibt es keinen Zucker in den Tee? Wann geht dein Flug?
    Zucker ist nicht gut für dich. Und mein Flug geht schon morgen Abend. Ich habe einen Platz bekommen, den letzten. Ich muss zurück. Was hat dieser Freund getan?
    Er hat mich verraten, ist das so unklar?
    Verraten ist ein Wort aus Filmen.
    Sagt das dein Mann? Bühl trank von dem Tee, das Glas in beiden Händen. Verraten ist ein gewöhnliches Verb, lateinisch tradere. Es ging um ein Mädchen, heute eine Frau. Warum verlässt du deinen Mann nicht? Er reist mit einer anderen durch Italien, sie ist höchstens noch tagsüber eine Producerin, nachts liegt sie an seiner Seite. Ihr Name ist Marlies Mattrainer. Sie war mit meinem früheren Freund verheiratet, er kam nur über mich an sie, vor zwanzig Jahren, und als dein Mann ihren Namen nannte, war es wie gestern. Es gab ein Foto, das ich gemacht hatte, sie in einem Ruderboot im Badeanzug mit Zigarette, es stand auf einem Internatsklappbett in dem Zweierzimmer mit meinem Freund. Bis zum Abitur stand es dort, und ein Jahr später entdeckte er sie in einem Münchner Café. Er kannte sich mit Romanen aus, nur durch mich, und Marlies las viel, also bekam er sie herum, und beide waren für mich gestorben. Und plötzlich ist sie wieder da: So ein Zufall, könnte man denken, aber wer Dinge schreibt wie dein Mann, den gabelt Marlies irgendwann auf. Ich bin ihr aus dem Weg gegangen in Torri. Ich habe sie nur durch ein Fernglas gesehen. Wie sie von der Fähre kam.
    Und sonst? Vila knöpfte sein Hemd auf, sie legte ihm eine Hand auf den Bauch, Was machen die Krämpfe, ist es vorbei? Ein Themawechsel, aber halbherzig, nur ihre Hand war ganz bei der Sache. Nein, es ist nicht vorbei – Bühl rutschte wieder tiefer in dem Sofa –, hätte ich früher sagen sollen, dass ich sie kenne? Er griff in Vilas Haar, sie beugte sich zu ihm. Früher, nein. Aber auch nicht später. Und was ist an dieser Frau dran, warum hast du sie geliebt, aus welchem Grund?
    Das ist die falsche Frage.
    Willst du noch Tee, soll ich das fragen?
    Man kann den anderen auch gar nichts fragen.
    Also keinen Tee?
    Ja. Das heißt, nein.
    Bühl wollte keinen Tee und wollte auch keine Fragen beantworten, schon gar keine Fragen nach Gründen – weder seinen Freund aus langen Schülerjahren noch das rauchende Mädchen im Ruderboot hatte er aus Gründen geliebt, und auch im Augenblick, auf einem Sofa in der Halle

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