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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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erschrocken und verängstigt, mit mir allein zu sein in dem ansonsten menschenleeren Kiosk. »Ja, es gibt noch Bakkinn.«
    »Und wo beliebt Bakkinn zu sein?!«, rief ich noch aufgebrachter und fühlte mich auf irgendeine Weise wohl dabei.
    Sie musterte mich und konnte bestimmt sehen, dass ich nur das Maul aufriss, denn ihre Furcht wandelte sich offensichtlich in Verärgerung.Sie walkte den Wischlappen in ihren Händen hin und her und sagte wohlüberlegt: »Hör mal, mein Freund, es ist völlig unnötig, hier so herumzupöbeln. Dann kannst du Bakkinn gleich alleine suchen.«
    Godard hat gesagt, dass man nichts weiter braucht, als ein Mädchen und eine Waffe, um einen guten Kinofilm zu machen, ich aber glaube, dass ein Lappen ausreicht. Von diesem Putzlappen ging eine ungeheure Bedrohung aus, und ich knickte ein, als ich die Frau den Lappen würgen sah. Entweder würde sie ihn mir entgegenschleudern oder ihn mir um die Ohren klatschen. Ich sah sie eine Weile bockig an und fauchte dann: »Ich kann nur hoffen, dass Þorgrímur Þráinsson Bürgermeister von Húsavík wird. Ihr habt es verdient!« Þorgrímur war vor einiger Zeit Vorsitzender der Isländischen Antitabak-Kommission geworden.
    Während ich im Regen umhermarschierte und nach Bakkinn suchte, wurde ich immer wütender, genervter und nasser. Als ich endlich jemandem zu Fuß begegnete und nach dem Weg fragte, beugte sich der Passant hinunter und zeichnete den Weg zum Bakkinn in den Matsch. Er ließ sich viel Zeit bei seinen Erklärungen und zog den Stadtplan mit den Fingern auf. »Du biegst hier ab, dann hier und dann hier nach links.« Erhob sich dann und zeigte auf einen großen grauen Bau: »Siehst du das Haus dort, Bakkinn ist direkt dahinter.«
    Auf dem Weg dorthin fiel die Wut von mir ab, wurde zu einer Katerstimmung, und ich bekam Gewissensbisse. Was war denn los gewesen? Warum war ich so schrecklich gereizt? Die arme Frau hatte nichts weiter getan, als die Regeln ihrer Arbeitsstelle zu befolgen. Was würde ich als Nächstes anstellen – komplett durchgeknallt bei einer der Talkshows anrufen, z. B. bei der
Volksseele
? Ich hatte die Beherrschung verloren und war zu einem weiteren arroganten Maulhelden aus Reykjavík geworden. Wenn ich ein richtiger Mann wäre, würde ich zurückgehen und um Verzeihung bitten für mein schändliches Benehmen. Sollte ich umkehren? Nein, das konnte ich nicht. Ich konnte mir nicht richtig vorstellen, dass das aufginge. Ich um Entschuldigungbittend und sie lächelnd erklärend, dass es kein Problem sei. Das war lächerlich, und ich wollte eine rauchen.
    Bakkinn war eine der typischen Gaststätten auf dem Land. Eine Mischung aus Restaurant und der Wohnung eines Elvis-Fans. An den holzverkleideten Wänden hingen Elvis-Spiegel und gerahmte Singles:
Come What May
,
Blue River
,
Return to Sender
und
Wooden Heart
. Neben der Bar waren ausländische Geldscheine auf der Holztäfelung befestigt worden. Darüber wartete ein Fernseher darauf, sein Licht leuchten lassen zu dürfen. Warum hingen hier keine Bilder von lokalen Musikern wie Haukur Morthens und Ellý und Vilhjálm Vilhjálms an den Wänden? Im Grunde gab es hier überhaupt nichts Isländisches außer dem netten Kellner und dem Koch, der sich in einer Aluminiumfläche über der Bratpfanne in der Küche spiegelte.
    Die einzigen Gäste waren ein junges Pärchen, das bei Kerzenlicht saß, speiste und Rotwein trank. Die Beziehung schien gegenwärtig besonders gut zu funktionieren, und sie schauten sich über ihre Rotweingläser hinweg mit verliebten Augen an. Bis der Koch mit einem Kaffeebecher in der Hand nach vorn kam, sich an den Nachbartisch setzte, ihnen zunickte und den Fernseher einschaltete. Ihm folgte der Kellner und setzte sich neben den Koch. Die Nachrichten begannen soeben. Obwohl die Belegschaft nun fast auf ihrem Tisch saß, blieb das Paar standhaft und begann zu flüstern. Es war nicht leicht auszumachen, wer genervter war, das Pärchen von dem aufdringlichen Personal oder der Koch von den Flüsterern. Nach einer Weile hielt er die Fernbedienung in Richtung Fernseher und stellte ihn lauter. Der Kellner schien sich darüber im Klaren zu sein, dass sie möglicherweise etwas zerstörten, stand auf, entfernte sich zwei Schritte vom Tisch und verfolgte die Nachrichten von dort aus. Dann setzte er sich aber schnell wieder, als der Koch ihm Kommentare zum Konflikt über die Waffenkontrollen zurief und über »den verdammten Hussein«. Danach lächelte er anfänglich dem

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