Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Vertrauen hätte. Wir könnten Laute spielen. Oder gemeinsam zur Beizjagd reiten.« Ihre blassen Wangen begannen sich zu färben. »Hast du je mit Falken gejagt? Hab ich dir überhaupt schon erzählt, dass ich ein Rudel zahmer Frettchen besitze, dazu abgerichtet, die Beute in den Kaninchenbauten aufzustöbern?«
»Siv hieß mein kleiner Habicht, sie war eine Schönheit und die Beste und Schnellste von allen …« Eila spürte ein ungeduldiges Zupfen am Arm und wandte sich um.
»Es ist glühend heiß hier drinnen, findest du nicht?«, sagte Sigmar. »Lass uns zur Abkühlung einen Moment nach draußen gehen!«
Sie wollte ihn schon zurechtweisen, weil er sie im Gespräch mit der Herzogin gestört hatte, er aber lächelte so gewinnend, dass sie unwillkürlich aufstand, sich bei Ida entschuldigte und ihm folgte. In dem Vestibül vor dem Bankettsaal schwand die angestaute Wärme wie ein flüchtiger Hauch, und Eilas morgendliche Beklommenheit kehrte zurück.
»Du bist mir noch eine Antwort schuldig«, sagte Sigmar.
Fröstelnd zog sie die Schultern hoch, sehnte sich zurück nach den Menschen, den Stimmen, dem Feuer. Wenn sie jemals von einer Werbung geträumt hatte, dann gewiss nicht von dieser.
»Ich friere«, sagte sie. »Und mir ist plötzlich gar nicht gut. Ein anderes Mal – bitte. Außerdem muss ich erst mit meinem Vater reden. Das verstehst du doch bestimmt.«
»Ist längst geschehen.« Er hatte Schatten unter den Augen, die von mangelndem Schlaf zeugten und seine aufgesetzte Selbstsicherheit Lügen straften. »Raymonds Segen haben wir. Man könnte fast meinen, er sei froh, dich loszuwerden, so schnell war er einverstanden.«
Eila spürte, wie ihre Kehle eng wurde.
Der Vater hatte mit Sigmar verhandelt und ihr kein einziges Wort gesagt? Die Kränkung über diesen Verrat war bitter.
»Ich glaub dir kein Wort«, sagte sie, und wusste doch, dass Sigmar nicht log. »Wieso behauptest du so etwas? Vater und ich sind…« Ihre Hände flogen nach oben.
Sigmar trat auf sie zu, packte sie, hielt sie fest. Wieder spürte sie die Hitze, die von ihm ausging. Er zog sie an sich. Eila fühlte sein Herz schlagen, dieses starke, mutige Herz, das ihm so viel Kraft und Dreistigkeit schenkte.
»Ich könnte dich jetzt küssen«, sagte er, »dich streicheln und liebkosen, bis du heiß wirst und willenlos und alles sagst, was ich hören möchte. Ich weiß genau, wie ich dich dazu bringen kann. Ich bin besser als damals, viel besser, das kann ich dir versprechen. Aber das genügt mir nicht.«
Er ließ sie los. Eila starrte ihn verblüfft an.
»Du sollst klar sein und kühl, wenn du antwortest«, sagte er. »Denn es wird für immer sein. Zumindest so lange, bis mich irgendwann eine Lanze durchbohrt oder ein Schwert in Stücke haut. Bis die Turci mich vor ihren Zelten lebendig auf dem Rost braten oder ein aufständischer Sorbe mich einen Kopf kürzer macht.«
Es klang, als wolle er lachen, aber er tat es nicht.
»Schlaf noch einmal darüber, Eila! Das sollte dir die Angelegenheit wert sein. Morgen komm ich mir dann meine Antwort holen.«
»Wach auf – komm schon! Wir haben zu reden.« Schlaftrunken versuchte Eila, das unfreundliche Rütteln abzuwehren, das sie aus bunten Träumen riss.
Rose öffnete als Erste die Augen. Erkannte Oda, die mit einem Öllicht vor dem Bett stand, das die Mädchen sich teilten, unfrisiert und im Hemd, als sei sie selber gerade erst aufgewacht.
»Es ist doch noch stockdunkel …«
»Na und? Du verschwindest!«, herrschte die Eiskönigin Rose an. »Ich hab mit meiner Tochter zu reden. Ungestört.«
Rose schlüpfte aus dem Bett, wickelte sich in ein Tuch und war schon draußen, noch bevor die Freundin protestieren konnte.
Eila starrte ihre Mutter an. »Wieso tust du das? Was hat du eigentlich gegen sie?«
»Sie will dich als Hofdame. Kannst du dir das vorstellen?«
»Wer? Rose?«
»Natürlich nicht. Die schöne Ida! Herzog Liudolfs Frau. Die künftige Königin.«
»Mich? Weshalb?«
»Weil deine Mutter alles schlau eingefädelt hat, du Schaf! Meinst du vielleicht, du bist heute Nacht zufällig neben ihr gesessen? Da musste ordentlich Silber fließen, bis es so weit war. Aber es hat sich gelohnt. Ich denke, sie wird noch heute anfragen. Dann sind wir endlich am Ziel.«
»Aber das Stift …«
»Erzähl mir nicht, dass du dich danach sehnst!«, sagte Oda scharf. »Außerdem ist es eine Gelegenheit, die man nur einmal im Leben erhält. Eine große Ehre, verstehst du? Nicht nur für dich. Wir
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