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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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an Eilas Locken herumzuzupfen. »Und jetzt stör uns nicht länger!«
    Was hätte Eila früher nicht alles darum gegeben, wäre die Mutter einmal so vertraut mit ihr umgegangen! Ihre Nähe zu spüren, mit ihr zu lachen, weibliche Geheimnisse zu teilen und sich die ganze Zeit über geliebt und geborgen zu fühlen, danach hatte sie sich stets gesehnt. Jetzt aber waren Odas fahrige Hände ihr nur lästig.
    »Kann ich jetzt endlich erfahren, was der ganze Aufwand soll?« Eila schüttelte sich wie ein nasser Welpe.
    »Ganz einfach«, sagte Oda. »Die junge Stute wird herausstaffiert. Wird der Hengst bei ihrem Anblick brünstig, findet sie womöglich einen neuen Stall. Verliert er jedoch vor der Zeit sein Interesse, kannst du in Gandersheim vermodern bis zum Ende aller Tage!«
    Odas Worte begleiteten Eila auf dem Weg zur Kirche, den die ganze Hofgesellschaft schweigend und im Dunkeln zurücklegte. Sie war froh, dass Rose neben ihr ging, die ab und zu nach ihrer Hand griff und sie drückte, als wolle sie ihr auf diese Weise Mut machen.
    Was für ein Augenblick, als die erste Kerze entzündet wurde – und die vielen anderen nach ihr, bis Steine und Menschen in sanftem Glanz erstrahlten. Ich bin das Licht der Welt . Es gab keinen Einzigen im Kirchenschiff, der diese Botschaft nicht empfangen hätte.
    Doch fiel es Eila schwer, sich auf die Messe zu konzentrieren. Etwas hinderte sie daran, den steifen Bewegungen des roten Mönchs zu folgen, der vorne am Altar die Messe zelebrierte. Sie verglich sich nicht mehr mit jenem Pater Johannes, dessen Haar so störrisch und rostig war wie ihres; das war vorüber. Und dennoch ließ sein Anblick ihr keine Ruhe, wühlte sie auf, brachte etwas in ihr zum Schwingen, das ihr nicht gut tat. Sogar seine Stimme trug dazu bei. Künstlich kam sie ihr vor, einmal kalt, dann wieder voll falschem Pathos, was sie immer wieder aus der Versenkung riss.
    Oder lag es nicht vielmehr daran, dass schräg vor ihr der Vater in der Männerbank stand und Sigmar ganz in seiner Nähe?
    Eilas Blicke bohrten sich abwechselnd in ihre Rücken, den älteren, der ihr steif und müde erschien, und den jungen, aufrechten, der vor Kraft strotzte. Doch Raymond schien nichts davon zu spüren, während Sigmar immer unruhiger wurde. Sich ganz umzudrehen, wagte er offenbar nicht; aber er wandte sich zumindest so weit zur Seite, dass sie ausführlich sein Profil studieren konnte: die kurze, kecke Nase, das kantige Kinn, die angespannten, schmalen Lippen. Mehr denn je erinnerte er sie an den Michael der kleinen Holzkirche.
    Dabei vergaß sie keinen Augenblick, dass Sigmar alles andere als ein Engel war. Um seine Schwächen und Fehler aufzuzählen, hätten die Finger zweier Hände nicht gereicht. Jähzornig konnte er sein, unberechenbar, herrschsüchtig, eitel und vieles andere mehr. Dann aber auch wieder mutig, fürsorglich und unbefangen wie ein Kind. Außerdem wollte er sie, unbedingt, und er scheute sich nicht, ihr das so oft wie möglich mit Gesten und Blicken zu zeigen, ohne sich um die anderen zu kümmern. Das wiederum imponierte ihr, machte ihren Entschluss aber nicht einfacher.
    Welche Antwort sollte sie ihm geben?
    » Zu jener Zeit erging vom Kaiser Augustus der Befehl, das ganze Reich aufzuzeichnen … Alle gingen hin, um sich eintragen zu lassen, ein jeder in seiner Vaterstadt … Auch Joseph war aus dem Hause und dem Geschlecht Davids. So zog er aus der Stadt Nazareth in Galiläa …«
    Die vertrauten Worte des Lukas-Evangeliums waren für Eila eine Erlösung. Jetzt konnte sie den Kopf senken, in sich gehen und die Welt um sich herum vergessen.
    » Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Und sie fürchteten sich sehr …«
    Hilf mir, Michael, betete Eila stumm, damit ich das Richtige tue. Im Stift gehe ich zugrunde, und nach Hause auf die Burg kann ich nicht mehr, denn ich habe die Liebe meines Vaters verloren und die meiner Mutter niemals gewonnen. Ist Sigmar mein einziger Ausweg? Aber darf ich meine Liebe verraten? Und werde ich an der Seite eines anderen Mannes jemals Frieden finden können?
    Diese Gedanken, die unablässig in ihr kreisten, waren es, die sie taumeln ließen, als sie schließlich aus dem Gotteshaus trat, weniger die strengen Fastengebote des Advents, gegen die sie im Stift oftmals revoltiert hatte. Die Hofgesellschaft war, um König Otto und seinen Sohn geschart, schon vorausgegangen; Rose und Eila bildeten die Nachhut.
    »Stirbst du auch schier vor

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