Liebe ist ein Kleid aus Feuer
festgewachsen, »weil du uns dieser Freude viel zu lange beraubt hast. Doch wir wollen lieber dankbar sein, dass der Glanz schließlich doch noch in unsere Runde zurückgekehrt ist.«
»Ich danke dir, Sire.« Oda brachte das Kunststück fertig, im richtigen Moment wie eine Jungfrau zu erröten. »Deine überaus gütigen Worte erwärmen mein Herz.«
»Eine so edle Dame verdient nichts anderes«, erwiderte Otto galant. »Verrat mir dein Geheimnis! Sperrt er dich deshalb ein, damit dein Licht keinen anderen blendet?«
Mit einem viel sagenden Lächeln blickte Oda zum König auf.
»Deine Frau ist nicht nur schön, Raimund, sondern auch klug, aber ich denke, das weißt du bereits. Dann wollen wir das Vergangene also ruhen lassen. Doch sorg wenigstens dafür, dass wir künftig nicht mehr unnötig darben müssen!«, rief Otto dem Grafen zu. »Spätestens bis Ostern in Magdeburg – versprochen?«
Raymond senkte den Kopf. Nur bei äußerster Gutwilligkeit hätte man seine Geste für ein Nicken halten können.
»Du hast eine schöne Mutter«, sagte Ida zu Eila, und es klang alles andere als freundlich. Liudolfs Platz war leer; er stand am Kamin und wärmte sich die Hände. Ida schien besorgt zu sein; Eila war aufgefallen, dass ihre Augen ständig dem Gatten folgten. »Sie wirkt so jung. Hat sie viele Kinder geboren?«
»Sie sind alle gestorben«, sagte Eila. »Alle, außer mir.«
»Dann muss sie dich bestimmt sehr lieben. Jedes Kind ist ein Gottesgeschenk. Falls der Allmächtige einem diese Gnade je zuteil werden lässt.«
Überrascht schaute Eila auf, dann fiel ihr ein, was Rose neulich erzählt hatte. Die Hochzeit mit Liudolf lag bereits Jahre zurück. Aber noch immer zeigten sich bei Ida keine Anzeichen einer Schwangerschaft. Wenn Liudolf einst seinem Vater auf dem Thron nachfolgen wollte, brauchte er aber einen Sohn – und Erben. Vielleicht war das der Grund, warum der Mund der Herzogin so bitter wirkte.
»Ich lebe schon seit Jahren im Stift«, sagte Eila ausweichend. »Da muss man sich erst wieder aneinander gewöhnen.«
»Aber jetzt willst du sicherlich bald wieder zurück nach Hause. Gleich nach den Festtagen?«
Idas direkte Fragen brachten Eila ins Schwitzen. Sie wollte nicht lügen, aber welche Wahrheit konnte und sollte sie preisgeben? Denn da waren auch noch Raymonds Blicke quer über die Tafel, die ihr heute eher wehmütig erschienen, nicht zornig wie sonst in letzter Zeit. Vielleicht dachte er, sie habe sie nicht bemerkt, doch ihr war keiner entgangen. Aber wieso redete er nicht endlich wieder mit ihr, so wie sie es früher stets getan hatten? Sie fühlte sich ausgesprochen unbehaglich, wie gelähmt im Blickgewitter von Mutter und Vater. Am liebsten hätte sie heimlich die Hände am Rock abgewischt, so feucht waren sie geworden, aber das ließ sie lieber bleiben, weil sie sich angesichts der Pracht der anderen in ihrer bräunlichen Kluft ohnehin schon unbeholfen und plump genug fühlte.
»Ich weiß nicht.« Eila wusste vor Verlegenheit nicht mehr, wohin mit den Händen. »Im Stift, da ist einerseits meine Freundin Rose …«
»Diese kleine Kanonissin, die dort drüben so eifrig mit Gerberga am Zabelbrett zugange ist?«
Eila nickte. Die beiden tuschelten und lachten und schienen jede Menge Spaß miteinander zu haben. Wieder einmal überfiel sie das hässliche Gefühl der Eifersucht, das sie schon kannte. Sie bemühte sich, es tapfer niederzukämpfen. Sie brauchte keine Angst zu haben. Rose war ihre Freundin – auch wenn diese aufgeweckte junge Nichte des Königs tausendmal Äbtissin werden würde!
»Sie muss sehr fromm sein«, sagte Ida. »Und irgendwie besonders. Denn sie trägt an diesem Festtag als Einzige das Kleid der ehrwürdigen Schwestern. Sogar Gerberga hat heute eine Ausnahme gemacht und sich weltlich angezogen.«
»Rose ist besonders«, sagte Eila. »Sie spricht schneller Latein, als ich atmen kann, denkt sich Legenden und Geschichten aus, hat stets neue Ideen, und man kann nichts vor ihr verheimlichen, denn sie spürt alles, auch wenn man gar nichts erzählt hat.« Sie biss sich auf die Lippen. Wie kam sie dazu, vor dieser Fremden solche Dinge über Rose auszuplaudern?
»Du hast sie sehr gern?« Idas sanfte Stimme bohrte beharrlich weiter.
»Wir waren noch Kinder, als sie zu uns auf die Burg gekommen ist. Es war Winter und eisig kalt …«
»Ich hätte auch gerne so eine Freundin.« Idas Stimme klang belegt. »Jemanden am Hof. In meinem Alter. Eine junge Frau, zu der ich völliges
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