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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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er.
    »Mir. Denn der Mann, der es bestellt hat, liegt auf dem Friedhof.«
    »Der Pfalzgraf?«
    Eine unbestimmte Geste, die alles und nichts bedeuten konnte.
    »Kann ich es mir einmal genauer ansehen?«, drängte Raymond, der sich nicht entmutigen lassen wollte.
    »Wozu? Es ist ohnehin nicht zu verkaufen.«
    »Du bist ein stolzer Mann, Algin!«
    »Nur ein Klinger, nicht mehr und nicht weniger. Der Hufschmied wäre vielleicht gefälliger gewesen. Aber der ist wie so viele andere schon ein paar Wochen tot.« Algins Miene verriet nichts von dem, was in ihm vorging. Sein Blick glitt über Raymond, und er schätzte ihn offenbar richtig ein. »Lando, sei dem Herrn behilflich! Bring ihn hinauf zum Palas!«
    Draußen biss die Kälte die beiden in Nase und Hände, und sie beschleunigten ihre Schritte. Schließlich liefen sie so schnell durch den Schnee, wie Belles verletzter Huf es erlaubte.
    »Dort ist jetzt keine Menschenseele«, sagte der Junge schließlich. »Dunkel ist es und kalt, die Winterdämonen heulen um die Burg, und es gibt niemanden, der dir Essen machen könnte. Was willst du mutterseelenallein dort oben? Ich werde Mutter fragen, was wir tun sollen.« Er blieb vor einem der größeren Steinhäuser stehen und klopfte.
    Die Tür ging auf, und eine Frau mit braunen Flechten, die sie wie eine Krone um den Kopf geschlungen hatte, trat heraus. Der Kienspan in ihrer Hand warf seltsame Schatten auf ihr Gesicht. Erst als Raymonds Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte er die kaum verblassten Male, die es entstellten.
    Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück.
    »Ja, das war das Antoniusfeuer«, sagte sie und sah ihn ohne Scheu dabei an. »Aber du musst keine Angst haben. Mich hat es nicht jetzt gezeichnet, sondern schon vor vielen Jahren, als ich ein Kind war. Immerhin hat es mich am Leben gelassen. Seitdem weiß ich, wie vorsichtig man mit dem Korn sein muss. Die meisten hier wollten nicht auf mich hören. Der Hunger war zu groß.«
    Gunna war kräftig und hatte volle Brüste, die sich selbst unter der groben Kleidung abzeichneten. Als sie sich bewegte, sah Raymond, dass sie ein Bündel auf dem Rücken trug, aus dem nun Weinen drang.
    Sie lächelte, als sie seinem Blick folgte.
    »Das ist Lenya«, sagte sie. »Landos kleine Schwester. Und ich fürchte, sie ist schon wieder hungrig.«
    »Wir waren in der Schmiede«, sagte Lando. »Vater hat seinem Pferd geholfen. Und dann hat er gesagt, ich soll ihn hinauf zum Palas bringen.« Er senkte die Stimme. »Der König schickt ihn. Er ist ein Ritter und hat sein Siegel. Aber das muss ganz geheim bleiben.«
    »Zum Palas? So ein Unsinn!«, sagte Gunna. »Da oben kann man jetzt doch nur verhungern und erfrieren. Du übernachtest besser bei uns. Und der Junge kümmert sich um das Pferd. In den Stall mit ihm, Lando!« Geschickt hatte sie mit dem Knie die Türe aufgestoßen. Es roch nach gesottenem Schmalz, und man konnte einen warmen Feuerschein erspähen.
    Raymond spürte plötzlich, wie müde er war, wie durchgefroren. Früher hätte er ein paar eisige Schneetage hintereinander im Sattel ohne weiteres wegstecken können; heute Abend jedoch spürte er jeden Knochen einzeln. Zum Glück befand er sich nicht auf Kriegszug; denn in diesem Zustand zu kämpfen, hätte seine Kräfte überstiegen. Was er wohl anstellen sollte, wenn er als Ritter nicht mehr zu gebrauchen war?
    »Ich nehme an«, sagte Raymond, und alles in ihm zog es zu dieser lockenden, anheimelnden Wärme. »Zumindest für diese Nacht.«
    »Du bist allein?« Auf der Schwelle drehte sie sich noch einmal zu ihm um.
    Es war richtig gewesen, die beiden Kriegsknechte, die mit ihm geritten waren, in Sangershausen zurückzulassen, das schoss ihm durch den Kopf, als er ihre dunklen Augen aufleuchten sah. Bis zum Neumond sollten sie dort auf ihn warten und danach zu ihm stoßen, wenn er bis dahin nicht zurück war. Selbst für diesen Fall hatte Raymond ihnen eingeschärft, so wenig Aufsehen wie möglich zu erregen. Er konnte sich auf sie verlassen, das wusste er. Sie waren schon lange in seinen Diensten und wussten, wie wörtlich seine Befehle zu nehmen waren.
    »Ja«, sagte er und nahm dabei den starken weiblichen Geruch war, den Gunna verströmte. »Ich bin allein.«
    Drinnen war es wohnlicher, als er zunächst vermutet hatte. Eine bräunliche Felldecke war über das Lager gebreitet, das den gesamten hinteren Raum einnahm. Auf der niedrigen Feuerstelle in der Mitte standen mehrere Tongefäße, die sie mit

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