Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
sichersten fühlt.«

JUNI 952
KÖNIGSPFALZ WERLA
    »Komm mit mir nach draußen!«, sagte Liudolf, als Raymond vor ihm stand. »Ich habe Wichtiges mit dir zu besprechen.«
    Der Herzog blieb stumm, bis sie die dicke Ringmauer erreicht hatten, die die Pfalz vor feindlichen Angriffen schützen sollte. Aus dem Süden des Reiches drang seit einiger Zeit die beunruhigende Kunde von neuen Angriffen der Turci . Bislang schienen es nur vereinzelte Vorstöße gewesen zu sein, aber wer wusste schon, ob und wann sie erneut in größeren Haufen einfallen würden?
    Dann blieb Liudolf so plötzlich stehen, dass Raymond beinahe auf ihn geprallt wäre.
    »Was würdest du sagen, wenn mein Vater bald sterben würde?«, fragte der Herzog. »Noch bevor sein neues Kind das Licht der Welt erblickt.«
    »Otto ist krank? Was fehlt ihm?«
    »Gute Berater. Jemand, der ihm klar macht, dass er mir die Krone versprochen hat und es sehr gefährlich werden kann, einmal gegebene Zusagen zu widerrufen.« Bitterkeit troff aus jedem seiner Worte.
    »Er wird seine Ansicht nicht mehr ändern, fürchte ich«, erwiderte Raymond. Er ist nicht minder stur als du, fügte er bei sich hinzu, nur mächtiger. »Du hast gewusst, was du aufs Spiel setzt, als du ohne sein Wissen nach Italien gezogen bist.«
    »Immerhin hab ich dabei seine Königin befreit! Ist das vielleicht der Dank dafür? Ihr unverzüglich einen dicken Bauch zu machen, was mich jetzt auch noch meine Krone kosten soll?«
    Jetzt klang er genauso wie der kleine, jämmerliche Liudolf von früher, der Tränen vergoss, wenn ein Stärkerer ihn beim Wettlauf schlug.
    Raymond spürte, wie Gereiztheit in ihm aufkam.
    »Was hilft alles Lamentieren?«, sagte er. »Die Dinge sind nun mal so, wie sie sind. Vielleicht bringt Adelheid ja ein Mädchen zur Welt. Dann sind deine Sorgen zumindest bis zur nächsten Schwangerschaft vertagt.«
    Liudolfs blasses Gesicht färbte sich langsam rot.
    »Darauf werde ich nicht warten«, sagte er. »Junge oder Mädchen – liegt der König bereits im Grab, wenn sie geboren werden, dann gebührt die Krone mir. Du kennst unsere Männer, Raymond. Weder Sachsen noch Franken und erst recht nicht meine Schwaben würden sich einem Weib auf dem Thron beugen. Die Krone fiele an mich. Allein darum geht es.« Er sah sich beim Reden immer wieder um, als befürchte er ungebetene Zuhörer. »Kann ich auf dich zählen? In allem? Und für immer? Antworte!«
    Raymond trat einen Schritt zurück. Nichts von dem, was er sah, gefiel ihm: weder der fiebrige Blick noch der tanzende Adamsapfel, der aufgeregt auf und ab hüpfte. Ottos Sohn spuckte beim Reden, so sehr steigerte er sich in seine Hassgefühle hinein. Schon als Junge war er launisch und unstet gewesen. Für kurze Zeit hatte man glauben können, er habe diese unguten Eigenschaften abgelegt, jetzt aber schienen sie ihn unglücklicherweise erneut zu beherrschen.
    »Ich bin hier, bei dir, Herzog«, sagte Raymond. »Ist das nicht genug?«
    »Kommt darauf an.«
    Wenn er nur endlich damit aufhören würde, ihn ständig am Ärmel zu zupfen! Raymond trat nachdrücklich einen weiteren Schritt zurück. Liudolf folgte ihm unbeeindruckt.
    »Mitte August ist Reichstag in Augsburg«, sagte er. »Eine bessere Gelegenheit wird sich nicht finden.«
    »Du willst nach Augsburg reiten?«
    »Wir alle werden gemeinsam nach Augsburg reiten«, sagte Liudolf mit schmalem Lächeln. »Du, die ›Falken‹, die Herzogin und ich. Auch deine Tochter sollte dabei sein. Wenn du willst, kannst du auch deine kranke Frau mitnehmen.«
    »Wozu?«
    »Um vor Otto öffentlich zu Kreuze zu kriechen, demütig und in tiefster Zerknirschung.«
    »Du willst dich deinem Vater unterwerfen?« Jetzt war Raymond laut geworden. »Und weshalb auf einmal dieser Sinneswandel?«
    »Ruhig, du musst ja nicht gleich alle aufschrecken!« Liudolf kam wieder näher, und jetzt blieb Raymond nichts anderes übrig, als es zu ertragen. »Nur zum Schein, verstehst du? Als äußerliche, aber sehr wirkungsvolle Geste. Tatsächlich nutzen wir die Gunst der Stunde. Mein Vater wird sich siegessicher fühlen, das macht ihn leichtsinnig. Ich kenne ihn, er wird in Hochstimmung sein. Erst der verlorene Sohn, der reumütig um Vergebung fleht, und anschließend der alte Freund, der um eine vertrauliche Unterredung bittet, weil er seinen unverzeihlichen Fehler eingesehen hat.« Sein Tonfall wurde drängend. »Ich weiß, was euch beide verbindet, Raymond. Er hat es mir einmal erzählt, auch wenn er es danach

Weitere Kostenlose Bücher