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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Grabsteine waren längst verfallen und die meisten der alten Gräber aufgelassen. Dennoch kam es Eila vor, als wäre noch immer etwas von ihnen gegenwärtig, nicht viel mehr als eine Ahnung, aber doch etwas, das ihr gut tat und sie langsam ruhiger werden ließ.
    Das Gras unter den alten Bäumen stand hoch; sie sah Tropfen auf den Halmen glitzern wie frühen Tau. Dieses Frische und Silbrige zog sie unwiderstehlich an, und noch bevor sie lange nachgedacht hatte, legte sie sich bäuchlings ins kühle Grün. Es fühlte sich weich an und war um einiges nasser, als es zunächst ausgesehen hatte. Eilas dünnes leinenes Unterkleid bot wenig Schutz, aber es machte ihr nichts aus.
    Sie breitete die Arme aus, spreizte die Beine ein wenig, ließ sich tragen von dem sicheren Grund. Nach einer Weile begann sie zu frösteln; der Mond war hinter dunklen Wolken verschwunden, vielleicht stand schon bald der nächste Guss bevor.
    Sie wollte gerade aufstehen, da hörte sie Schritte.
    »Bleib!«, sagte Lando, dann legte er sich behutsam auf sie. Irgendwie gelang ihm das Kunststück, sich dabei so geschickt mit Händen und Füßen abzustützen, dass er nicht zu schwer auf ihr lastete. Sein Körper war warm, umfing sie wie eine schützende Hülle. Vertraut fühlte er sich an, um vieles vertrauter als all die Worte, die sie während der letzten Tage einander hatten fremd werden lassen.
    Sie spürte seine Lippen auf ihrem Nacken, die sie zart berührten, ohne zu drängen oder zu fordern, und plötzlich kam ihr die Szene mit Sigmar im See wieder in den Sinn. Jetzt fiel es Eila schwer, länger reglos zu bleiben; sie begann, sich zu bewegen. Lando glitt von ihr herunter und schmiegte sich, als sie schließlich auf der Seite lag, erneut von hinten an sie.
    »Morgen reite ich nach Gandersheim zurück«, sagte sie. Es fiel ihr leichter zu reden, wenn sie sein Gesicht nicht dabei sah.
    »Wirst du wiederkommen? Zu mir?«
    »Möchtest du das denn?«, fragte Eila.
    Sie spürte, wie er heftig nickte. »Wenn du da bist, wird alles heller«, sagte er. »Bin ich allein, ist es manchmal so dunkel in mir.«
    »Was ist am Rammelsberg geschehen, Lando?«, fragte sie. »Wirst du mir eines Tages alles erzählen?«
    »Eines Tages, ja.« Er nickte abermals. »Es muss nur zuerst noch weiter von mir fortgehen. Dann wird es leichter werden.«
    Wieder begann er ihren Nacken mit zarten, kleinen Küssen zu bedecken, und jetzt, da sie sich freier bewegen konnte, war es anders als zuvor. Etwas Warmes stieg in ihr auf, ihre Haut begann zu prickeln, ihr Atem ging schneller.
    Landos Küsse wurden inniger. Er lag nicht länger still, sondern begann sich an ihr zu reiben. Es erregte sie, ihn zu spüren und zu hören, aber jetzt wollte sie ihn auch sehen, mit ihren Armen umfangen.
    Sie drehte sich zu ihm herum, ihre Hände berührten seine Haare, seine Nase, seinen Mund. Zuerst war es schwierig, einen Rhythmus zu finden, aber bald schon atmeten sie zur selben Zeit ein und aus, genau wie damals, in jener warmen, verzauberten Johannisnacht. Ihre Lippen berührten sich zart, dann fügten sie sich weich ineinander.
    Eila schloss die Augen. Sie war angekommen.

    Natürlich hatte er erfahren, dass Raymonds Tochter als Besucherin in Corvey eingetroffen war. Und auch, dass sie sich noch immer hier aufhielt. Und dennoch war ihm das Kunststück geglückt, Eila bislang nicht über den Weg zu laufen. Die ersten Tage hatte ein Rückfall ihn ans Bett gefesselt, den er fast schon als Segen begrüßt hatte. Doch selbst als das Fieber gesunken war, hütete er sich, den Krankenraum bei Tageslicht zu verlassen. Der Strick wartete ab, bis es Nacht geworden war; dann konnte er sich frei bewegen, ohne Angst vor einer unliebsamen Begegnung.
    Sein Lieblingsort war der Obstgarten. Unter den alten Bäumen fühlte er sich frei und sicher zugleich, beinahe wie damals in Lotharingen, als das Leben für ihn noch voller Verheißungen gewesen war. Er hatte den Garten fast erreicht, als ungewöhnliche Geräusche ihn zum Innehalten brachten. Es war dunkel, weil der Mond nicht mehr zu sehen war, aber nicht dunkel genug, um nicht zu begreifen, was dort im hohen Junigras vor sich ging.
    Eila und der dunkle Sohn des Schmiedes!
    Raymonds Strafmaßnahmen hatten nichts bewirkt. Sie waren wieder zusammen wie eh und je, zwei anmutige junge Menschen, die sich liebten und begehrten und die die Welt um sich herum vollkommen vergessen hatten. Sie bemühten sich nicht einmal, leise zu sein; er hörte ihr Atmen und Seufzen,

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