Liebe ist ein Kleid aus Feuer
vertrauen kann.« Eila dämpfte ihre Stimme, weil sie keine unliebsamen Zuhörer haben wollte. Zum Glück hatte die Herzogin das Zelt verlassen, aber Eila wusste nicht, wann sie wiederkommen würde. Es zerrte an ihren Nerven, niemals und nirgendwo unbeobachtet zu sein. Sie sehnte sich nach Ruhe. Sie sehnte sich nach Lando.
»Du weißt ja nicht, was du da sagst«, widersprach Raymond. »Nicht einmal die italienischen Ritter haben ihrer Königin vertraut. Hätte Liudolf sie nicht befreit, sie säße vielleicht noch heute in der dunklen Burg zu Garda.«
»Ich war schließlich bei der Befreiung dabei, etwas, das Adelheid mir niemals vergessen wird. Lass mich reiten, Vater! Vielleicht kann ich etwas Gutes für uns alle bewirken.«
»Allein in die Feste des Bischofs? Niemals! Deine Mutter und ich werden dich begleiten.«
»Du willst die Eis… – sie mitnehmen? Weshalb?«
»In Padua haben wir versäumt, der Königin die Ehre zu erweisen«, entgegnete er ungerührt. »Höchste Zeit, dass dies hier in aller Form nachgeholt wird.«
»Sie soll vor der neuen Frau des Königs das Knie beugen? Das wird sie niemals tun!«
Eilas Augen bettelten um die Wahrheit. Sie konnte und wollte nicht glauben, was er ihr da auftischte. Raymond aber wandte sich ab. Er schien nicht willens oder nicht in der Lage, die Wahrheit preiszugeben.
»Der Herzog bittet seinen königlichen Vater um Vergebung.« Seine Stimme klang dumpf. »Ist es da nicht recht und billig, wenn auch seine Ritter sich anschließen? Wir drei werden den Anfang machen.«
Ungläubig starrte Eila ihn an. Was kam da alles an Merkwürdigem über seine Lippen? Das war doch nicht der aufrechte Kämpfer, den sie kannte! So redete ein Höfling, ein Speichellecker – ein Verräter.
»Vater, bitte sag mir …«
Sein Blick war kühl und prüfend, ein Blick, den sie zur Genüge kannte. Raymond hatte das innere Fallgitter heruntergelassen. Kein Durchkommen war mehr möglich. Eila blieb nichts übrig, als sich dem für den Moment zu fügen.
»Zieh dir ein ordentliches Kleid an!«, befahl Raymond. »Und stell nach Möglichkeit irgendetwas mit deinem Haar an! Ich möchte nicht, dass meine einzige Tochter wie eine Vogelscheuche bei Hof erscheint.«
Gissel, sein jüngster Sohn und drei andere von Raymonds Männern begleiteten sie zur Feste. Oda hatte sich geweigert, allein auf einem Pferd zu reiten; deshalb hatte Raymond sie kurzerhand auf seine Stute gesetzt wie eine junge Braut. Belle schien die doppelte Last nichts auszumachen, sie trabte so schnell voran, dass die anderen Rösser ihr kaum folgen konnten.
Eila sah das helle, aufgelöste Haar ihrer Mutter im Wind fliegen. Von hinten hätte man Oda noch immer für ein junges Mädchen halten können. Nur die Anspannung in ihrem Gesicht ließ auf ihr wahres Alter schließen. Die letzten Stunden hatten Eila noch weiter von ihr entfernt. Wer war sie wirklich, diese rätselhafte, kühle Frau, die sich in einem staubigen Feldlager auf Geheiß ihres Gatten ohne Widerworte wie zu einer Hochzeit geschmückt hatte, mit der Gewissheit, binnen kurzem ihrem königlichen Liebhaber und seiner schwangeren Königin gegenüberzustehen?
Sie musste aufhören, sich solche Gedanken zu machen. Besser, sich auf ihr Pferd zu konzentrieren, denn die Straße war überfüllt und der Weg hinauf zur Feste beschwerlich und eng. Bevor sie den Burggraben erreicht hatten, hielt Raymond plötzlich an.
»Wir haben noch immer die Möglichkeit umzukehren«, sagte er. »Du könntest krank geworden sein. Eine Ausrede lässt sich immer finden.«
»Sind wir nicht alle drei hier, um der neuen Königin unsere Aufwartung zu machen?«, fragte Eila und genoss es für einen Augenblick, wie sein Gesicht sich schmerzlich verzog. »Lass uns weiterreiten! Königinnen darf man nicht warten lassen.«
Sigmar war es, der sie an der Pforte in Empfang nahm und durch die große Halle führte. Eilas Knie begannen leicht zu zittern. War auch er mittlerweile innerlich mit Eisen gepanzert? Seinem frischen Gesicht war keine Regung anzusehen. Er behandelte sie, als seien sie Fremde, als hätten er und Eila sich nie gekannt, niemals berührt, niemals geküsst.
»Wo bringst du uns hin?«, fragte Raymond, während Oda stumm neben ihm schritt.
»Der König erwartet euch in der Kapelle«, sagte Sigmar, »zu Ehren des neuen Reliquiars.«
Eine heiße Glückswelle durchschoss Eila. Das bedeutete, dass Lando in der Stadt war! War er auch hier? Würde sie ihn gleich wiedersehen?
Dabei hatte sie
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