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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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inzwischen mit Sigmars Hilfe seinen Amboss aufgestellt und ließ das Feuer nicht einen Moment aus den Augen.
    »Gleichmäßiger – den Blasebalg!«, befahl er dem Knappen. »Langsamer! Du bläst mir ja die Kohlen weg, Junge! Das hat mein Lando schon besser gekonnt, als er noch Milchzähne hatte.« Algin griff in eine Schale mit Quarzsand und streute ihn mit blitzschnellen Bewegungen des Daumens und des Zeigefingers auf die Schweißstelle.
    »Schinder!«, zischte Sigmar zwischen zusammengepressten Lippen, aber er bemühte sich doch, es dem Schmied recht zu machen.
    »Schluss! Aufhören!«
    Vereinzelt stiegen Funken über dem Feuer auf. Das schien für Algin das Zeichen zu sein, und er zog das Schwert am unteren Ende der Klinge aus dem Feuer, wo zuvor die Griffschalen aus Bein waren, die er vorsichtig entfernt hatte, damit sie in der Hitze keinen Schaden nehmen konnten. Mit zielsicheren Schlägen gelang es ihm, den Riss in der Schneidensohle zu verschweißen. Es sah gar nicht wie Schmieden aus, so leicht und kurz waren seine Schläge.
    Bald hörten die Schläge auf; er war fertig.
    »Schaut genau hin!«, befahl er Raymond und Sigmar. »Das Muster – könnt ihr irgendeinen Bruch erkennen?«
    »Die wurmbunte Klinge ist unversehrt«, sagte Raymond. »Du bist eben der Beste!«
    »Ich möchte auch endlich mit dem Schwert kämpfen lernen«, entfuhr es Sigmar. »Das ist sicher besser, als Säcke zu schleppen.«
    Raymond gab ihm einen leichten Klaps.
    »Bis zu deiner Schwertleite, Junge, vergeht noch sehr viel Zeit, das schwör ich dir.«

JUNI 946
BURG SCHARZFELS
    Die Sonne malte warme Kringel auf Eilas Schreibpult. Das Mädchen ließ die Gänsefeder sinken und öffnete und schloss seine Hand, in der sich bereits der nächste Krampf ankündigte. Die Fingerkuppen fühlten sich rau an. Wahrscheinlich lag es daran, dass Bruder Rochus sie gestern stundenlang Pergamentstreifen mit Bimssteinen hatte abreiben lassen, die beste Vorbereitung für das Schreiben, wie er behauptete.
    Wieso sah bei Rose immer alles aus, als sei es ein Kinderspiel?
    Deren Feder tanzte über das Pergament und hielt nur inne, wenn sie Rose zwischendrin in das kleine Rinderhorn eintauchte, das ihnen als Tintenfass diente.
    Eila langweilte sich, und ihr war heiß. Das neue Kleid, das sie heute trug, war für ihren Geschmack etwas zu eng über den Brüsten ausgefallen und kniff unter den Achseln. Zuerst war sie enttäuscht gewesen, weil die Färberdistel den Stoff nicht gelb tönte, wie sie es sich insgeheim gewünscht hatte, sondern ihm ein zartes Rot verlieh. Mittlerweile jedoch hatte sie sich an die ungewöhnliche Farbe gewöhnt, und seitdem Rose ihr versichert hatte, das Rot bringe ihre Haut zum Leuchten, gefiel ihr die Farbe sogar.
    Wieder lugte sie nach rechts zur Freundin. Die schrieb und schrieb, tief über das dünne Pergament gebeugt, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, während bei Eila die Buchstaben unbeholfen und verzwirbelt wirkten oder kreuz und quer durcheinander purzelten.
    »Liber«, stand da. » Libera, liberum« . Dass das frei bedeutete, konnte Eila sich gut merken. Sie unterdrückte einen Seufzer. Wie schön wäre es jetzt gewesen, frei und unbeschwert draußen herumzulaufen, anstatt hier die harte Holzbank zu drücken. Aber Bruder Rochus verstand keinen Spaß, wenn sie auch nur den Versuch unternahm, seine Schulstunden zu schwänzen.
    Vita, vitae – das Leben.
    Auch ein Wort, das sie gut behalten konnte. Aber wie war es mit pulcher ? Oder diesem grässlichen asper ? Und erst die Verben! Fugare , implere , parere , violare und wie sie alle hießen , die so gar nicht in ihren Kopf hinein wollten und selbst dann, wenn sie sie mühsam behalten hatte, schneller wieder hinausflogen als ein brünstiges Taubenpärchen.
    Sie nahm die Feder, streckte den Arm aus und begann damit Roses Hals zu kitzeln. Roses Haar war nachgewachsen und bedeckte schon wieder halb die Ohren, der schmale Hals aber lag noch frei und eignete sich daher bestens für diese kleine Attacke. Besonders reizte Eila die speckige Lederschnur, die wie ein dunkles Band das bräunliche Fleisch zerschnitt. Natürlich wusste sie längst, was die Freundin auf der mageren Brust trug: eine kleine silberne Mondsichel, die sie niemals ablegte. Wahrlich nichts Aufregendes, wie Eila fand. Weshalb machte sie dann solch ein Geheimnis daraus?
    Rose machte eine rasche, unwillige Bewegung und stieß dabei das Tintenhorn um. Bräunliche Flüssigkeit ergoss sich über ihre

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