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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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unvollständige Komparation. ›Innerhalb‹ – wie geht es weiter, Eila?«
    Das Mädchen runzelte die Stirn und blieb stumm.
    »Wieso antwortest du nicht?« Bruder Rochus klang ungehalten. »Hast du meine Frage wieder einmal nicht verstanden?«
    »Hab ich wohl«, sagte Eila. »Aber wie sollte man ›innerhalb‹ steigern? Das wäre doch reiner Blödsinn!«
    »Ist es nicht, Eila«, sagte Rose lächelnd. »Denn Bruder Rochus meint ›innerer‹, ›innerster‹. Stimmts? Also: intra, interior, intimus .«
    »Ganz genau! Und nimm dir an Rose ein Beispiel, Eila«, sagte der Mönch mit strenger Miene. »Ich wünschte, du würdest nur ein einziges Mal so schnell begreifen wie sie.«
    Die Röte schoss in Eilas Hals und Kopf.
    »Ich bin nicht dumm«, sagte sie. »Das lass ich mir von niemandem einreden, auch nicht von dir. Nur, wenn du komische Fragen stellst, dann bekommst du eben auch komische Antworten, so einfach ist das.«
    Sie drehte sich um, in der Hoffnung, Raymond würde ihr ermutigend zunicken, aber der saß regungslos da. War er eingeschlafen, weil ihn das alles ebenso langweilte wie sie? Eila hatte Lust, laut loszulachen, beherrschte sich aber im letzten Augenblick.
    »Sind eure Übersetzungen fertig?«, fragte Bruder Rochus. »Dann will ich sie sehen.«
    Rose schob ihm ein eng beschriebenes Pergament hin, Eila dagegen blieb mit verschränkten Armen sitzen.
    »Ich warte!«, sagte der Mönch.
    »Das musst du auch, denn ich bin noch nicht ganz so weit«, musste Eila bekennen. »Ehrlich gesagt, mir fehlt noch ein ganzes Stück.«
    »Dann wirst du die Arbeit hier und jetzt beenden!« Er wandte sich um. »Zu spät zwar – aber immerhin.«
    »Wollen wir jetzt nicht gemeinsam weiterlesen?«, fragte Rose enttäuscht. »Ich hab mich so darauf gefreut!«
    »Morgen«, sagte Rochus. »Oder übermorgen.«
    »Hier waren wir stehen geblieben.« Roses Finger wies auf eine markierte Stelle. » Prima tuae menti veniat fiducia …«
    »Das reicht. Jetzt wissen wir alle Bescheid«, unterbrach sie Rochus, der das Pergament schnell beiseite schob.
    »Ja, das tun wir allerdings.« Raymond erhob sich langsam. »Denn jetzt geht es erst einmal um wichtigere Dinge. Hast du die Abschriften endlich fertig, Rochus?«
    »So gut wie.«
    Raymonds Stirnrunzeln verriet, wie wenig ihm die Antwort behagte.
    »Geheftet müssen sie noch werden.« Der Mönch machte nicht einmal den Versuch, beflissen zu klingen. »Dazu bin ich nicht mehr gekommen. Es war ein stattliches Pensum, das du mir aufgetragen hast. Selbst vier Schreiber hätten genug daran zu arbeiten gehabt.«
    »Es ist ein Hochzeitsgeschenk – für einen künftigen König und seine schöne Braut. Da kann es gar nicht groß genug sein. Ich möchte die Abschriften sehen. Gehen wir?«
    »Einen Augenblick noch«, bat Rose. »Kann ich dich kurz sprechen, Raymond?« Sie zögerte, sah zu dem Mönch, dann zu Eila. »Allein?«
    Eila verspürte jähe Eifersucht. Es gefiel ihr nicht, dass die Freundin und ihr Vater Geheimnisse miteinander hatten, aber sie war offenbar machtlos dagegen. Manchmal hatte sie das Gefühl, Rose warte nur darauf, bis sie endlich eingeschlafen war, um sich dann in die große Halle zu schleichen, wo der Vater, seitdem er nicht mehr in Odas Kemenate schlief, Abend für Abend noch lange saß und trank. Und wenn sie nachbohren wollte, hatte Rose nur ausweichende Antworten zur Hand.
    »Dann komm!«, sagte Raymond. »Aber beeil dich!«
    Sie sah der Freundin nach, die dem Vater folgte, schmal und biegsam in ihrem neuen grünen Kleid, das die Augen zum Leuchten brachte. Dabei schien es Rose ganz egal zu sein, wie sie aussah. Kein einziges Mal in all den Monaten hatte Eila sie auch nur bei der kleinsten Eitelkeit ertappt. Sie badete zwar gern und ausführlich, kämmte sich aber überaus nachlässig und zog an, was gerade zur Hand war. Auch, dass ihr dunkles Haar so dicht und glänzend nachgewachsen war, schien sie nicht zu freuen.
    Mit einem Seufzen wandte Eila sich ihrer Übersetzung zu. Wenn sie noch mehr Zeit verlor, konnte es Abend werden, bis sie endlich hier herauskam.
    Draußen setzten sich Raymond und Rose nebeneinander auf den Brunnenrand.
    »Es ist nicht mehr lange hin bis zur Prinzenhochzeit«, sagte Rose und zerknüllte beim Reden eine Rockfalte zwischen den Fingern.
    »Ja, in drei Tagen reiten wir los nach Werla.« Raymond lächelte. »Man sagt, im ganzen Reich gebe es kein anmutigeres Mädchen als Ida von Schwaben. Ihr Vater ist einer der reichsten und mächtigsten

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