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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Wenn du so gut Bescheid weißt, wie es den Anschein hat, müsste dir das eigentlich bekannt sein.« Sie wandte sich zum Gehen.
    »Warte! Eines noch«, rief der Strick hinter ihrem steifen Rücken. »Graf Raymonds Tochter, diese Eila – lebt sie eigentlich noch bei euch?« Die Priorin durfte nicht lügen, darauf baute er, denn lügen war eine schwere Sünde.
    Sie nickte knapp.
    »Und die Kleine von Weißenborn, Tochter seines Waffenbruders, die etwa auch?«
    Abermals ein Nicken, das noch verhaltener ausfiel, als müsse Bihilit sich regelrecht überwinden, ihm wahrheitsgemäß zu antworten.
    »Dachte ich mir«, hörte sie ihn sagen. »Sie sind also hier, alle beide. Wo sonst hätte er sie so lange verstecken können?«
    »Wieso fragst du überhaupt, wenn du alle Antworten schon vorher kennst?« Bihilits Ärger klang aus jedem Wort.

NOVEMBER 950
AM RAMMELSBERG
    Es hatte Streit gegeben, wieder einmal, das spürte Lando, als er die Zechenhütte betrat und den durchnässten Lederumhang ablegte. Seine Vorfreude auf den Linseneintopf mit Speck, der im Kessel dampfte, und das geröstete Brot, die ihn seit Arbeitsbeginn auf den Beinen gehalten hatte, verflog. Heute, am Sonntag, war es hier voller als sonst; viele der Montani , die in dem Bergdorf lebten, waren nach der Messe zum Essen gekommen. Einige von ihnen hatten längst Frau und Kinder nachkommen lassen oder unten in der Siedlung eine neue Gefährtin gefunden, die für sie sorgte, und mit ihr Kinder gezeugt; die meisten Männer aber waren allein. Es gab zu wenige Frauen am Rammelsberg oder zu viele, je nachdem, wie man es betrachtete. Zu wenige, um aus jedem Mann ein Paar und damit eine künftige Familie zu machen; zu viele, um nicht doch immer wieder innerhalb dieser rauen Männergesellschaft Begehrlichkeiten zu wecken und damit Unfrieden zu stiften.
    Willem, der Vertraute des Vogts, der streng über die königlichen Bergrechte wachte, hatte die Hütte eingerichtet; Sepha, seine Frau, kochte und hatte seit einigen Monaten dabei Unterstützung von ihrer Schwester Reusin, die die Männer bediente. Ganz hinten in der Ecke hockte mit glasigen Augen der alte Coloman vor seinem leeren Becher, wie immer allein, weil keiner Lust hatte, mit anzusehen, wie ihm die Spucke aus dem zahnlosen Maul rann. An guten Tagen wusste er jede Menge Geschichten über den Berg und seine unendlichen Schätze zu erzählen, vorausgesetzt, man gab ihm genug zu trinken. An schlechten jedoch, und die waren häufiger, schrie er auf, wand sich in Krämpfen und begann von seinem Kobold zu faseln, der ihm die Eingeweide vergifte, bis er nur noch Blut und Galle spucken könne.
    Die blonde Sepha stand am Kessel und rührte mit grimmiger Miene. Ihre jüngere Schwester Reusin, um die sich die Querelen meistens drehten, schnitt Kohl, als hinge ihr Leben davon ab; eine junge Frau mit vollen Brüsten und glänzenden dunklen Flechten, die sie stolz wie eine Krone um den Kopf geschlungen trug. Die Montani, die auf den rohen Holzbänken saßen, löffelten stumm ihren Eintopf in sich hinein.
    Landos Blick flog zu Andres, seinem Gehilfen, der offensichtlich in Bedrängnis war, und als er brandrote Flecken auf dessen Wangen blühen sah, wusste er Bescheid. Jon hatte ihn wieder einmal provoziert. In letzter Zeit verging kaum ein Tag, an dem das nicht geschah.
    »Wann lässt du ihn endlich in Ruhe?« Lando baute sich vor Jon auf, der im Sommer mit einigen anderen Männern aus dem Schwäbischen gekommen war, nicht ganz freiwillig, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, die sich um seine Person rankten. Lando gab in der Regel wenig auf solches Gerede. Hatte er nicht am eigenen Leib erfahren müssen, wie schnell man in etwas hineingeraten konnte? Doch seitdem Andres mit dem Neuen immer wieder aneinander geriet, schien es ihm durchaus möglich, dass mehr als ein Mann durch Jons Hand zu Schaden gekommen war.
    Mit aufreizender Langsamkeit blickte der von seinem Napf auf. Er hatte ein hübsches, verschlagenes Gesicht mit grünlichen Augen, die der tief eingesunkene Erzstaub besonders hell erscheinen ließ, und einem hungrigen Mund, und er bildete sich jede Menge darauf ein.
    »Hat der Tölpel sich etwa bei dir beschwert?« Jons Blick wanderte zu den anderen. Er konnte Unterstützung brauchen, und er wusste genau, wie man sie sich holte. »Dann muss die heilige Barbara über Nacht ein Wunder vollbracht haben. Oder war es gar Johannes der Täufer? Was sagt ihr dazu, Männer? Unser kleiner Idiot kann plötzlich wieder

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