Liebe ist kein Beinbruch
anscheinend nicht, denn er machte die Tür der gläsernen Duschkabine auf und drehte den Hebel ganz nach links. Er stützte sich auf die Krücke und hielt seine Hand in den Strahl. Sofort tauchte vor Nikkis innerem Auge das Bild auf, wie sie mit ihm zusammen nackt unter der Dusche stand. Sie ermahnte sich stumm und gratulierte sich zu der Entscheidung, aus Sweetness zu verschwinden. Das Letzte, was sie brauchte, waren romantische Gefühle für einen umwerfenden Mann, der sie nur verunsicherte.
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Ich habe genau kalkuliert, wie viele Wasserboiler installiert werden und welche Größe sie haben sollten. Pro Zimmer sollten achtunddreißig Liter Wasser reichen.“
„Achtunddreißig Liter Wasser?“, fragte sie verwirrt.
Er nickte und deutete auf die Armaturen. „Wir haben wassersparende Duschköpfe installiert. Bei einem Duschgang von fünf Minuten werden dreißig Liter Wasser verbraucht. Ich habe mit achtunddreißig Litern gerechnet, um sicherzustellen, dass in kurzer Zeit genug heißes Wasser für alle hundert Frauen vorhanden ist.“
Er wirkte so stolz. Nikki zögerte ein wenig, seine Vorstellungen platzen zu lassen. Aber sie hielt es nicht länger aus und lachte hinter vorgehaltener Hand.
„Was ist denn daran so lustig?“, fragte er gereizt.
„Ich kenne keine einzige Frau, die nur fünf Minuten lang duscht.“
„Wirklich?“ Panik lag in seinem Blick. Mit einem Mal wurde Nikki bewusst, wie ahnungslos dieser Frauenheld war, was Frauen anging. Anscheinend hatte er keine Schwestern, war nie verheiratet gewesen und hatte mit keiner Frau je zusammengelebt. Und offensichtlich hatte er auch noch nie mit einer geduscht.
„Wirklich“, entgegnete sie und konnte ihre Belustigung nicht verbergen.
Er kratzte sich am Kopf. „Das ist nicht gut.“
Fast hätte Nikki Mitleid mit ihm gehabt – aber eben nur fast. „Tja, ich bin mir sicher, dass Ihnen etwas einfallen wird.“ Sie erzählte ihm nicht, dass sie nicht mehr da sein würde, um zu erfahren, wie sich die Suche nach einer Lösung für dieses Problem gestaltete. Sie ging zurück ins Schlafzimmer, stellte sich neben die geöffnete Tür und hoffte, dass er ihr folgen würde. Er tat es. Langsam kam er hinter ihr her und umrundete dabei vorsichtig die auf dem nackten Holzfußboden liegenden Webteppiche. Jedes Mal, wenn er sich auf den Krücken nach vorn schwang, zogen sich die Muskeln in seinen Armen zusammen.
Nikki musste den Blick abwenden.
Er blieb neben ihrem Bett stehen, beugte sich vor undbenutzte den Gummifuß seiner Krücke, um die Tagesdecke anzuheben. „Hat Ihre Katze sich versteckt?“, fragte er und reckte den Hals.
Nikki verschränkte die Arme vor der Brust. „Auf Wiedersehen, Mr Armstrong.“
Durch den Flur hallten die Geräusche der Frauen, die ihre Zimmer verließen, um zum Barbecue zu gehen. Ihre Stimmen klangen hell, unterbrochen von ihrem Lachen und Kichern und dem Klickediklack ihrer Sandalen und High Heels.
Porter blickte mit seinen durchdringenden blauen Augen erst Richtung Korridor und dann wieder zu ihr. „Eigentlich, Doc, bin ich hergekommen, um Sie zu fragen, ob Sie mit mir zum Barbecue gehen. Was ich vorhin gesagt habe, tut mir leid. Es war ein lahmer Witz. Ich bin kein schlechter Kerl, wenn Sie mich erst näher kennengelernt haben.“
Nikki zögerte und gab sich kurz der Fantasie hin, einen Abend damit zu verbringen, Porter Armstrong „näher kennenzulernen“. Jede normale Frau würde die Gesellschaft dieses starken, gut aussehenden Südstaatenjungen für ein paar Stunden liebend gern genießen. Und sie war normal. Die Leidenschaft seines Kusses schmeckte sie noch immer auf ihren Lippen. Doch in ihrem Kopf schrillten die Alarmglocken. Der Kuss war nicht für sie bestimmt gewesen – ihr Mund war einfach nur in Reichweite gewesen. Und sie hatte die nicht sehr schmeichelhafte Meinung dieses Mannes über sie gehört, als er geglaubt hatte, sie wäre nicht in der Nähe. Ihre Beziehung zu Darren hatte Nikki gelehrt, sich vor charmanten Küssen und den dazugehörigen Männern in Acht zu nehmen. Porter Armstrong hatte diese Lektion nur noch einmal bekräftigt.
Nikki erinnerte sich wieder an ihren Entschluss, abzureisen, und hob ihr Kinn. „Nein, danke.“
Porters Lächeln erstarb. Er schien nicht weiterzuwissen. Offenbar war er es nicht gewohnt, abgewiesen zu werden –wahrscheinlich vor allem nicht von jemandem, der so aussah wie sie. Es war vermutlich eher so, dass die Frauen ihm zu Füßen
Weitere Kostenlose Bücher