Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
diese Reise befinden, und bejahe seine Frage. Er hat sicher genug zum Anziehen dabei, aber wenn er ankommt, sollte er unbedingt seine Hosen bügeln lassen. So ist unsere Arbeitsbeziehung jetzt, fürsorglich und vertraut. Chris und ich sind so viel zusammen, dass ich weiß, wann er sich die Zähne putzt, dass ich das Passwort seines Bankkontos kenne, den mittleren Namen seiner Mutter, und weiß, dass er ein Foto von ihr im Auto hat. Wir gehen so natürlich miteinander um, dass es mir manchmal vorkommt wie bei Robert Pattinson und Kristen Stewart in Twilight.
Aber trotzdem gibt es immer noch eine Grenze, etwas, das uns trennt. Der Kontakt im letzten Monat war nicht nur zu unserem Vergnügen – er hatte einen Zweck. Und in einem weiteren Monat wird es damit erst einmal vorbei sein, weil Chris zu seiner ersten Promotion-Tour für seine Praxis nach Asien aufbricht. Und wenn ich nicht zu dieser Geschäftsinitiative beigetragen hätte, dann würde ich jetzt auch nicht mit nach Manhattan fahren.
Tucker, der arme Tucker, hasst diese Reise. Er hat sich alle möglichen Sachen ausgedacht, um sie zu sabotieren, und das Schlimmste ist, dass ich nur ein Hotelzimmer gebucht habe, weil Chris die Kosten so niedrig wie möglich halten will. Zum Glück ist es eine Suite mitten am Times Square, so dass jeder von uns noch etwas Privatsphäre hat, aber Tucker konnte den Gedanken an ein einziges Zimmer für uns beide nicht ertragen – und ich konnte ihn nicht anlügen. Ich rief Grandma am frühen Morgen an und teilte ihr mit, sie bräuchte mir heute keinen Platz in der Kirche frei halten.
»Was auch immer du vorhast …«, sagte sie. »Ich werde dich nicht drängen. Und Gott ist es egal – Er ist da für uns ; Er ist nicht abhängig davon, ob wir Ihn besuchen.« Ich atmete aus, dankbar dafür, dass wenigstens eine Person versuchte, den Druck von mir zu nehmen. Anschließend lag ich mit Tucker im Bett und flehte ihn an hinzunehmen, dass dies lediglich eine Geschäftsreise war, aber er drehte sich zur Wand und wollte mich nicht einmal ansehen. Als ich ging, war ich immer noch in Tränen aufgelöst. Ich fuhr nach Hause und duschte, um nicht zu spät zu Chris zu kommen.
Aber als ich dann schließlich mit Chris unterwegs bin, merke ich auf einmal, dass meine Stimmung sich wesentlich gebessert hat. Die Berge strahlen in der Sonne, und ich denke, es hätte keine bessere Woche im ganzen Jahr geben können, um mit meinem Chef quer durch Pennsylvania zu fahren. Chris lässt das Fenster herunter und legt eine Jazz- CD ein, und wir essen Blätterteigtaschen, die meine Mutter mit Gruyère-Käse und Pilzen gefüllt hat. Ich will nicht, dass er das Land verlässt.
Er ruft einen Patienten an, und als ich das Radio leiser drehe, findet er mich höflich. Dabei wollte ich nur seine sanfte, beruhigende Stimme hören. Ich liebe seinen Tonfall, wenn er mit Patienten spricht. Er öffnet das Handschuhfach, weil er einen Kugelschreiber sucht, und eine schwarze Plastiktasche fällt heraus. Er hebt sie auf, blickt auf das Logo des Juweliers bei uns im Ort und sieht mich fragend an. Was ist das?
»Warte ab«, flüstere ich und lege einen Stift in die Mittelkonsole. Als er sein Telefongespräch beendet hat, öffnet er die schwarze Samtschachtel. Darin liegt ein silbernes Medaillon. Verblüfft blickt er mich an.
»Das ist der heilige Christopherus«, sage ich zu ihm.
Vorsichtig zieht er die Kette aus der Schachtel.
»Er ist der Schutzpatron der Reisenden. Dreh es um.«
Auf der Rückseite sind seine Initialen eingraviert. »Kris, wie bist du denn darauf gekommen?«
»Diese Reise ist eine große Sache, und später musst du noch so viel reisen. Ich …« Ich zögere. »Ich wollte, dass du beschützt bist.«
»Weißt du was? Mein Großvater hatte auch so ein Medaillon nach dem Zweiten Weltkrieg. Er hat es mir geschenkt.«
»Vom heiligen Christopherus kann man nie genug haben.«
»Sieh nur, er trägt ein Baby.« Chris studiert die Münze sorgfältig. Es hat mich sechs Stunden Arbeit bei ihm gekostet, dass ich sie mir leisten konnte, aber der Ausdruck auf seinem Gesicht ist Hunderte wert.
»Er ist der Schutzpatron der Reisenden. Und weißt du was?«
»Was?«
»Du heißt Christopher und ich Kristine; er ist der Schutzheilige von uns beiden.«
Wir geraten in einen Stau und kommen erst um neun Uhr abends in Manhattan an. Chris fragt, ob es mir etwas ausmachen würde, wenn er ohne mich zum Abendessen mit seinem früheren Mentor geht.
»Nein, nein, geh nur«,
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