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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einem Übersetzungsbüro schreiben. In einem Kindergarten Verse und Spielchen lehren. Es gibt so viele Möglichkeiten. Ich will nicht, daß Sie glauben, Sie müßten mich ernähren, nur weil Sie mich nicht vom Arc de Triomphe springen ließen.«
    »Wir wollen nie mehr darüber sprechen, Ev –«, sagte er. »Wir wollen das vergessen. Versprechen Sie mir das?«
    Er hielt ihr die Hand hin. Sie zögerte, blickte auf seine Handfläche, als sei sie ein Spiegel, in dem sie sich selbst fragen müßte.
    »Es ist doch vorbei, Ev –«, sagte Pierre leise. »Total vorbei.«
    »Nein. Es wächst in mir neun Monate lang –«
    »Auch das schaffen wir, Ev.«
    Sie nickte, legte ihre Hand in seine und riß sie dann zurück, als habe sie sich verbrannt. Sie trat an die große Fensterwand und blickte über die Dächer. Ein Gewirr von Giebeln und Dachhäuten, eingeschnittenen Balkonen, Flachdächern, Fenstern, Blumenkästen, wehenden Gardinen, rußgeschwärzten Kaminen, Vogelnestern, Taubendreck, Antennen und Wäscheleinen. Auf einem kleinen eisernen Balkon am zweiten Haus rechts lag ein nacktes Mädchen und sonnte sich auf einem roten Badetuch. Es sah aus, als läge es in seinem Blut. Links goß eine alte Frau ein Gewirr von Geranien. Ein Farbenrausch, in verrosteten Klammern an einer abbröckelnden Wand.
    »Château Aurore …«, sagte sie leise. Ihre Stimme war ganz klein und rührend kindlich. »In Boulogne, an der Seine. Fernand Chabras …«
    »Der Chemie-Riese?« fragte Pierre.
    »Ja.«
    »Der Alte selbst?«
    »Sein Sohn. Jules –«
    »Ich hole Ihre Sachen ab –«, sagte Pierre. »Ich hole alles 'raus! Und Jules haue ich in die Fresse!«
    »Er ist stärker als Sie.«
    »Aber ich kenne einige gemeine Tricks. Ich bin aufgewachsen in einer Gesellschaft von Hyänen.«
    »Was haben Sie davon, Pierre?« Sie drehte sich um und lächelte. Aber ihre Augen verschwammen, und zwei nasse Linien zerschnitten ihre Wangen. Sie weinte.
    »Ich breche ihm die Knochen!« schrie Pierre. »Ev, weinen Sie nicht. Bitte, weinen Sie nicht. Ich will nicht, daß Sie bei mir weinen. Ich bringe jeden um, der Sie zum Weinen bringt!«
    »Sprechen Sie mit James, dem Butler. Oder mit Babette, der Hausdame. Es kommt nichts dabei heraus, wenn Sie sich mit Jules schlagen.« Sie kratzte über den festgeleimten Stoffetzen und zog daran. Er saß fest, wie auf die Haut geschweißt. Es juckte fürchterlich.
    »Die Haut bleibt daran kleben –«, sagte sie. »Was ist das für ein Leim?«
    »Ein Kunststoffleim. Wasserunlöslich.«
    »Aber irgendwie muß er doch abgehen.«
    »Irgendwie bestimmt. Aber wie?«
    Durch das Treppenhaus dröhnte Madames Stimme. Sie stand unten im Hausflur und brüllte nach oben. Hier oben unter dem Dach verfing sich der Ton wie in einem Trichter.
    »Das Huhn ist fertig! Essen kommen!«
    »Ich habe nicht den geringsten Hunger«, sagte Ev.
    »Das spielt keine Rolle.« Pierre hakte ihren Arm bei sich unter und zog sie zur Tür. »Wir müssen etwas essen, sonst ist sie bis in den hintersten Winkel ihres Herzens beleidigt –«
    *
    Am Nachmittag stand Pierre de Sangries vor der breiten Auffahrt zu Château Aurore. Das riesige, schmiedeeiserne Doppeltor war geöffnet, ein verborgener Mechanismus ließ es, vom Haus aus dirigiert, auf und zu klappen. Am Ende des geteerten Weges, hinter einer hohen Baumgruppe, heulte ein Motor auf, dann bog von der Seite, wo die Garagen liegen mußten, ein grellgelber Maserati auf die Straße und rollte zum Tor.
    Pierre nannte sich ein Glückskind, stellte sich mitten auf den Weg und steckte die Hände in die Hosentaschen. Einen Meter vor ihm bremste der Wagen, nachdem der Fahrer viermal auf seine Dreiklanghupe gedrückt hatte. Ein schwarzhaariger, sonnengebräunter Kopf stieß aus dem offenen Fenster und blaffte Pierre an.
    »Wenn mir mein Wagen nicht lieber wäre als Sie, hätte ich Sie glatt umgefahren, ist das klar?!« schrie er.
    »Vollkommen«, sagte Pierre. In den Taschen ballte er die Fäuste. Ev, dachte er bitter. O Gott, Ev! In so etwas kann man sich verlieben? Für so etwas will man in den Tod springen?
    »Gehen Sie aus dem Weg, Sie Idiot!«
    Pierre blieb stehen. »Sind Sie Jules Chabras?« fragte er sogar mit einer gewissen Höflichkeit. Den Unterton verstand Jules nie.
    »Wer sonst?« Jules stieg aus dem Wagen. Er war groß und sportlich trainiert, das sah Pierre jetzt. Nummer vier, dachte er schnell. Dann Nummer sechs sofort hinterher. Eine Ohrfeige von links, dann mit einem rechten Beinhebel ihn von den

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