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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatten noch unschlüssig vor dem Wagen gestanden, glotzten aus blutunterlaufenen Augen die sicheren Menschen an und trotteten dann zurück. Zwischen den Büschen verschwanden sie. Weder der Autofahrer noch Pierre hörten, wie der Butler James ihnen immer und immer pfiff. Pierres Atem rasselte so laut, daß jeder andere Laut von ihm zugedeckt wurde.
    »Man sollte das der Polizei melden«, sagte der Mann. »Außerdem – das glaube ich – haben Sie einen Fehler gemacht. Sie hätten stehenbleiben sollen. Ihr Weglaufen hat die Biester noch mehr gereizt. Ganz ruhig stehenbleiben, das habe ich gelesen …«
    »Das nächstemal.« Pierre lächelte schief.
    Er hat gelacht, dachte er. Er hätte auch gelacht, wenn mich die Doggen zerfleischt hätten. Ob Ev oder ich oder ein anderer … ein Mensch ist ihm nichts wert. Seine Anwälte werden alles glätten … und er wird wieder vierzehn Zeugen haben, die beschwören, ich hätte die Hunde gereizt.
    An einen Chabras kommt man nicht heran.
    Er nahm die Zigarette an, die ihm der Autofahrer hinhielt, steckte sie an und zerbiß das Filtermundstück.
    Das Lachen ging nicht aus seinem Ohr. Dieses wie mit Krallen zuschlagende Lachen.
    »Kann ich Sie irgendwo hinbringen?« fragte der Mann.
    »Nein. Danke. Ich gehe zu Fuß.« Pierre öffnete die Tür. »Und danke auch für die Zigarette.«
    »Sie zittern ja«, sagte der Mann.
    »Das geht vorüber. Es geht alles vorüber –«
    Er tippte grüßend an seine Stirn, stieg aus dem Wagen und ging durch den Bois de Boulogne davon.
    Der Mann fuhr noch eine Weile langsam neben ihm her, als warte er darauf, daß sein Gast doch noch umfiel, aber als Pierre lächelnd den Kopf schüttelte, gab er Gas und entfernte sich schnell.
    In einem Kaufhaus auf dem Boulevard Haussmann – er hatte sich den Luxus geleistet und war mit der U-Bahn bis zur Métro-Station Chaussée d'Antin gefahren – kaufte er für Ev zwei billige, aber farbenfrohe Kleider, ließ sie von einer Verkäuferin anziehen, die etwa die gleiche Figur wie Ev hatte, fand sie sehr schön und hoffte, daß sie auch Ev gefielen und paßten.
    Mit der großen Tüte in der Hand wanderte er dann zurück zur Rive gauche, zum linken Seine-Ufer, und er bekam Herzklopfen, als er in die Rue Princesse einbog.
    *
    Madame Coco konnte Wunder vollbringen, daran hatte nie jemand auf der Rue Princesse gezweifelt. Daß sie aber den festgeleimten Stofflappen von Evs Brust holen konnte, ohne die zarte Haut darunter zu beschädigen, grenzte an Zauberei.
    »Auf eine solche Idee kannst auch du nur kommen!« fauchte sie Pierre an, als er mit seiner Kleidertüte in Madames Wohnküche trat. Er verstand nicht sofort, was sie meinte; erst, als er den rot-weiß-blau gestreiften Fetzen neben einer Schüssel liegen sah, begriff er. Aus der Schüssel zog ihm ein beißender Geruch in die Nase. Nitrolösung, dachte er. Das war auch meine einzige Hoffnung, aber ich habe es nicht gewagt. Wie wird Evs Haut darauf reagieren?
    »Sie hat einen Verband mit Creme drauf!« sagte Madame. Es war unheimlich, wie sie Gedanken in den Augen anderer lesen konnte. Sie zeigte auf die Tüte, stach ihren Zeigefinger dagegen und warf Pierre wieder einen strafenden Blick zu. »Was hast du da Unnützes gekauft, he?«
    »Zwei Kleider für Ev.«
    »Ich denke, sie hat einen vollen Kleiderschrank im Château Aurore?«
    »Aber es sitzen zwei Doggen davor.«
    »Wieviel Calvados hast du schon getrunken, Pierre?«
    »Nicht einen einzigen, petite mère. Wo ist Ev?«
    »Was ist mit den beiden Doggen?«
    »Jules Chabras machte sich das Vergnügen, sie auf mich zu hetzen.«
    »Und du bist weggelaufen, was? Ha, diese weiche Jugend!«
    »Sie hätten nicht anders gehandelt.«
    »Ich?« Sie hielt ihre großen roten Hände in die Luft und schloß sie wie zwei Schraubstöcke. »Ich hätte ihnen die Kehle zugedreht! Mit jeder Hand einem –«
    Wer Madame jetzt anblickte, war überzeugt, daß ihr das gelungen wäre. Pierre seufzte und zog die Kleidertüte vom Tisch.
    »Ist sie oben, Madame?«
    »Wo sonst. Deine Freunde sind auch da und umkreisen sie wie Planeten die Sonne …«
    »O Gott! Konnten Sie das nicht verhindern?« rief Pierre.
    Er riß die Tüte an sich und verließ wie ein Gejagter das Zimmer. Schon auf der Treppe hörte er von oben Evs Lachen … er blieb wie festgehalten stehen, hielt den Atem an und wartete. Eine tiefe Stimme … das ist Claude Puy, genannt der ›Rote Henry‹. Ein Dichter, den niemand lesen will. Und da … ihr Lachen! Sie lacht! Sie hat

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