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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einzige, der sich darüber gefreut hätte, wäre Darwin gewesen.
    »Ich tausche das Kleid um«, sagte Ev. Wir kennen uns einen Tag, und schon belüge ich ihn, dachte sie. Das Leben normalisiert sich wieder. »Wenn ich zurückkomme, will ich einen Rohentwurf sehen. Zeig, was du kannst, Pierre.«
    Sie beugte sich über ihn, umfaßte seinen Kopf und gab ihm einen schnellen Kuß auf die Haare. Pierre ließ Zeichenblock und Kohle fallen und wollte nach ihr greifen, aber sie war bereits an der Tür und schwenkte die Kaufhaustüte.
    »Komm mir nicht zu nah!« rief sie. Ihr Gesicht war die Sonne, die diesem trüben Herbsttag fehlte.
    »Was war das, Ev?« sagte er mit trockener Kehle. »Du hast mich geküßt –«
    »Auf den Scheitel, wie es die Musen angeblich tun. Bilde dir nichts darauf ein.«
    »Ich werde das schönste Plakat seit Toulouse-Lautrec malen –«
    »Das wäre falsch. Du bist Pierre de Sangries. Das solltest du dir immer vorsagen. Nicht ein zweiter Monet oder van Gogh … ein erster de Sangries!« Sie nickte ihm zu und kniff die Daumen in die Fäuste. »Denk dran, Pierre!«
    Mein Gott, ich liebe sie, dachte er, als hinter ihr die Tür zufiel. Ich liebe sie. Es ist wie ein Feuer in mir. Mein Gott, halt mich davor zurück. Du allein weißt, daß es nicht sein kann –
    *
    Das Geschäft von Monsieur Callac am Quai de Montebello war, von außen besehen, ein kleiner, unscheinbarer Laden. Nur ein Goldschild mit schwarzen Buchstaben wies so etwas wie Vornehmheit aus: Galerie Callac. Ein Name, den ganz Paris kannte. Eine Qualitätsmarke. »Was? Sie haben bei Callac ein Bild hängen? Gratuliere, Meister. Gratuliere!« Die Türen der Pariser Gesellschaft (und die, die sich dafür hielt) sprangen wie von selbst auf, wenn ein Callac-Jünger anklopfte.
    In dem kleinen Schaufenster stand eine chinesische Vase aus der II. Ming-Dynastie. Anscheinend hatte Callac keinen seiner Maler für wert befunden, im Fenster ausgestellt zu werden. Genies waren rar … und Callac legte Wert darauf, der Betreuer neuer (und natürlich alter) Genies zu sein. Daß nur eine Vase und kein Gemälde im Fenster stand, hatte sich bereits herumgesprochen. »Der Alte ist wieder voller Gift«, flüsterte man in den Kunstzirkeln der Stadt und in den literarischen Cafés von Saint-Germain-des-Prés, wie Café Lipp, Café de Flore und vor allem im Café des Deux-Magots und Café La Coupole. »Es wird Zeit, daß die Galerie von einem Jungen übernommen wird. Hat er keinen Neffen in der Camargue? Aber der malt selbst – ein armes Luder und ein Idiot dazu.« Aber genaueres wußte niemand … der alte Callac hatte es verstanden, über sein Privatleben ein Decke zu ziehen, unter die noch keiner geblickt hatte. Und mit ihm reden? Mon Dieu, kann man gegen den Mistral anblasen?
    Ev stand eine Weile vor dem kleinen Laden und betrachtete die chinesische Vase. Sie hatte Angst, die schmale Tür aufzudrücken und einfach zu sagen: »Madame Coco schickt mich. Ich soll bei Ihnen als Sekretärin anfangen.« Das kann man nicht, bei allen guten Worten, die Madame ihr mitgegeben hatte. Andererseits war es eine bessere Stellung, als im Kaufhaus Lafayette oder Printemps oder in der Passage du Caire irgendwelche Dinge zu verkaufen und stundenlang in einer stickigen Luft zu stehen und die Launen der Kunden zu ertragen. Es war außerdem fraglich, ob man sie in diesen Warenhäusern überhaupt brauchte … es standen täglich junge Französinnen vor den Personalbüros Schlange, um einen Platz an einem der Verkaufstische zu erobern. Ein Warenhaus wie die Trois Quartiers oder die Magasins Réunis blieben der große Traum junger Mädchen, vor allem aus der Provinz.
    Ev atmete ein paarmal tief durch, drückte die Klinke herunter und betrat die Galerie Callac. Keine Klingel ertönte, wie sie vorausgesetzt hatte, kein Ungeheuer stürzte auf sie zu und keifte sie an … niemand war in dem großen Raum, der hinter dem schmalen Schaufenster sich ausdehnte. Sie war allein mit einer Fülle von Gemälden und Skulpturen. Kein Platz an den Wänden war unausgenützt, überall hingen die Bilder dicht an dicht, und in der Mitte des Raumes standen die viereckigen Podeste, auf die Callac Steinplastiken oder Bronzen aufgebaut hatte.
    Sie sah sich um, blieb etwas verschüchtert in der Ausstellung stehen und wartete. Was sie nicht wußte: In seinem Büro saß Callac vor einem Fernsehschirm, und vier unsichtbare Kameras beobachteten jeden Winkel des großen Raumes. Neben dem Fernsehschirm lag ein

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