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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abfinden können, für Geld zu arbeiten … also verhungerte er unter der Seine-Brücke, die den Namen eines seiner großen Zaren trug. Sein Sohn war da anders … er wurde Taxifahrer, das Vorrecht aller russischen Emigranten in Paris.
    Mit Fürst Globotkin und seinem Erscheinen bei Madame Coco hatte es eine besondere Bewandtnis. Nach dem Erlebnis, wie man blutgierige Doggen mit einem Kartoffelstampfer für alle Zeiten wertlos machen kann, vor allem aber nach der darauffolgenden Unterhaltung und dem Würstchenessen am Quai hatte Wladimir Andrejewitsch eine gute Idee gehabt.
    Man soll gute Ideen nicht zu lange mit sich herumschleppen … sie werden leicht ranzig wie unsachgemäß gelagerte Butter. Und so betrat Fürst Globotkin, statt sich nach einer langen Nachtschicht aufs Ohr zu legen, das Haus in der Rue Princesse und prallte auf Madame, die wie immer ihr Paradies schützte.
    »Kommen Sie herein, Fürst!« sagte sie. Gestern, beim Château Aurore, sah sie noch menschlich aus, bis auf die roten Haare … jetzt traf ihre Erscheinung Wladimir Andrejewitsch mit voller Wucht und machte ihn zunächst stumm. Er folgte Madame in die Küche, setzte sich, als sie auf einen Stuhl zeigte, trank gehorsam den Kaffee, den sie ihm zuschob und biß in den Butterkuchen, der vorzüglich schmeckte, was er nach dem ersten Eindruck nie erwartet hatte.
    »Nennen Sie mich Wladi, Madame –«, sagte er, als er sich etwas gefangen hatte.
    »Wladi heißt ein Hund, aber kein Mann. Sind Sie Fürst oder nicht?«
    »Was ist ein russischer Fürst heute noch wert, Madame?«
    »Man ist das wert, was man sich selbst zumißt«, sagte sie bestimmt. »Ich tausche mit keiner Marquise … Fürst, was wollen Sie hier bei mir?«
    Wladimir Andrejewitsch nahm noch ein Stück Butterkuchen. Es ist der lockerste Kuchen, den ich je gegessen habe, dachte er, ein Teig, an dem sie wie ein Berserker gerührt haben muß, damit er so luftig wird! – hielt seine riesige Tasse hin, Madame schenkte ein, und er trank einen langen, köstlichen Schluck. Auch Kaffee konnte sie kochen! »Das war eine Nacht –«, sagte er danach. »Eine kanadische Reisegesellschaft auf dem Montmartre. Wissen Sie, Madame, was das bedeutet? Kanadier auf dem Montmartre?! Die Huren haben straßenweit gequietscht, zwei Lokale sind zu Bruch gegangen, vier Kerle liegen auf dem Polizeirevier, zwei algerische Zuhälter haben Blutrache geschworen, und da kamen die Kanadier erst richtig in Tritt und machten Jagd auf die ›Marcheuses‹ in der Rue des Trois Frères. Ein Spektakel, Madame! Wir haben sie dann mit sieben Wagen in ihr Hotel gefahren, und keiner von ihnen war nicht blessiert. Ich kam mir vor, als sei ich Sanitätsfahrer in einer Schlacht. Und jetzt ruhe ich mich endlich aus.«
    »Bei mir. Wieso?«
    Die Frage war berechtigt und logisch. Wieso ersetzt eine Madame Coco ein wohlverdientes Bett?
    »Ich kenne diesen Jules Chabras.«
    »Aha.«
    »Ein Ekel, Madame.«
    »Wem sagen Sie das, Fürst?«
    »Ich denke nicht an die Geschichte mit Ihrer Eva und Ihrem Pierre. Ich habe Jules Chabras erlebt, wie er einem Kollegen in den Hintern getreten hat, als dieser einen seiner Gäste abholte. Und warum trat er zu? Weil man nicht schnell genug die Wagentür aufriß und der Gast einige Sekunden warten mußte, bis man um den Kühler herum war. Das ging mir durch den Kopf, Madame, und auch das mit dem unerkannten Talent dieses Pierre de Sangries. Man sollte etwas für ihn tun.«
    »Wer? Die Kunsthändler? Die Galeristen? Die Museumsdirektoren?« Madame Coco schnaubte durch die Nase. Sie konnte das sehr eindrucksvoll, und wer sie nicht genauer kannte, war davon zutiefst erschrocken. »Sie sind blind, Fürst! Sie haben keine Augen, sondern weiche Pflaumen im Kopf. Was hat Pierre nicht alles versucht, wieviel Sohlen hat er sich nicht heißgelaufen! Umsonst! Wenn er so dasteht, bescheiden, seine Mappe oder die Bilder unter dem Arm … wer beachtet ihn denn? Bescheidenheit ist heute Selbstmord. Aber wenn er hereinkommen würde, bekleidet mit einem Frack aus Gardinenstoff, die Haare bis zur Schulter, einen Bart bis zum Nabel, wenn er statt ein Wort zu sagen, laut in die Runde furzen würde und seine Bilder mit verschiedenfarbiger Scheiße malte … dann würde man auf ihn aufmerksam werden, sich mit ihm beschäftigen, ihn einen Individualisten nennen und gelehrte Abhandlungen über ihn schreiben als Vertreter eines neuen, psychokomplex-kakophilen Realismus … So ist das heute!«
    »Und warum geht Pierre nicht zu

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