Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
schwieg. »Jetzt bist du nicht mehr allein, Bouillon …«
    Pierre hielt den Schirm über sie und starrte den häßlichen Hund an. »Wieso Bouillon?« fragte er.
    »Der Hund heißt Bouillon.«
    »Warum denn das?«
    »Es fiel mir gerade ein …«
    Es ist sinnlos, gegen weibliche Gedankengänge mit Fragen anzurennen. Erklärungen verfilzen nur noch mehr den Dschungel weiblicher Logik.
    Bouillon. Warum nicht? Ein Hund von solch seltenem Mangel an Schönheit darf Bouillon heißen. Vielleicht war es der einzig richtige Name.
    »Jetzt sind wir zu viert –«, sagte Ev, als sie die Rue Princesse hinunterliefen. »Schon eine richtige Familie …«
    Zu viert, natürlich, da ist ja noch das Kind, dachte Pierre. Es wächst und wächst, und seit Wochen spricht keiner mehr darüber. Fast hätte man es vergessen, bis man es dann nicht mehr übersehen konnte. Das Kind … eine richtige Familie …
    Erkenntnisse, nur ihm allein zugänglich, schnürten ihm die Luft ab. Er sah die Notwendigkeit, einmal – und zwar bald – mit jemandem darüber zu sprechen. Aber mit wem? Auf keinen Fall mit Ev. Sie hatte begonnen, ihre kleine heile Welt aufzubauen, in die sie ihr Kind hineinsetzen wollte. Es sollte ihre schöne Welt bleiben, und sie würde nie ein Kind haben, das aus einem Waisenhaus ausbricht und mit einem Clochard bettelnd durch die Lande zieht.
    Ich muß leben, dachte Pierre. Leben! Leben!
    Aber mit wem sollte er über dieses bißchen Leben reden, wenn es sicher war, daß selbst mit Gott – gab es ihn?, das mußte François Delmare, das ›Gebetbuch‹ wissen – über dieses Leben nicht mehr zu diskutieren war.
    Madame Coco entwickelte sich zu einem Rätsel.
    Sie schmiß Bouillon nicht auf die Straße zurück, sagte nicht einmal: »O Himmel, ist das ein häßlicher Köter!«, sondern kochte dem Hund eine Schüssel voll Haferflocken und Fischabfällen. Es stank bestialisch, aber Bouillon schmeckte es, er fraß die Schüssel leer, leckte sie aus und stieg zufrieden die Treppen hinauf in das Zimmer.
    Dort lag er, als Ev das Licht löschte, in der Mitte zwischen den beiden Betten auf einer Kokosmatte und schnarchte schauerlich. Es zeigte sich aber, daß dies nur eine Ablenkung und ein ganz gemeiner Trick gewesen war … denn als Ev am Morgen aufwachte, lag Bouillon neben ihr im Bett, warm und flauschig, blinzelte sie an und bedachte sie mit einem rührenden liebevollen Blick.
    Sind wir nicht eine richtige Familie …?
    *
    Ende November kam Ev, wie jeden Tag, nachmittags um drei von Callac zurück. Aber sie kam nicht wie immer fröhlich ins Haus und Madame hörte nicht schon von weitem durch den langen Flur das Klappern ihrer Stiefelchen … diesmal führte, nein schleppte Wladimir Andrejewitsch sie aus seinem Taxi in den Flur und schrie schon an der Haustür: »Madame! Helfen Sie mir! Schnell!«
    Madame Coco ließ den Kohlkopf fallen, den sie gerade auseinander schnitt, über die Treppe von oben stürzte Bouillon herunter und begann ein lautes winselndes Bellen, als er Ev erkannte, und Pierre erschien am höchsten Punkt des Treppenschachtes und schrie zurück:
    »Was ist denn da unten los?«
    »Komm runter, Pierre!« brüllte Fürst Globotkin hinauf. »Hier ist eine große Schweinerei passiert …«
    Als Pierre in Madames Küche stürzte, hatten sie Ev gerade auf das alte Sofa gelegt. Sie sah bleich und wie zerstört aus, hielt sich den Leib fest und atmete schwer.
    »Es ist nichts, Pierre –«, sagte sie, als er neben ihr auf die Knie fiel und ihren Kopf umklammerte. »Gar nichts, glaub es mir. Nur der Schreck … der Schreck … Zufällig kam Wladi mit seinem Taxi vorbei. Dramatisiert doch nichts …«
    »Was ist passiert?« fragte Pierre tonlos. Evs Augen waren tief zurückgesunken und lagen in bläulichen Höhlen. Die Lippen waren bleich, blutleer und begannen, am linken Winkel zu schwellen. »Wladi, mach die Schnauze auf!« brüllte er plötzlich.
    »Eine große Sauerei, sag ich.« Wladimir Andrejewitsch steckte sich eine Zigarette an. Er hatte dabei keine ruhige Hand. Madame rannte herum, holte kaltes Wasser, heißes Wasser, eine Kognakflasche, einen Calvados und saß dann doch herum, weil alles nicht richtig war.
    »Ich biege in die Rue l'Hôtel Colbert ein« – sagte Fürst Globotkin – »da sehe ich noch, wie drei junge Burschen wegrennen. Diese Typen, weißt du … Lederhosen und Lederjacken mit Nieten, diese Saukerle, die nie allein auftreten, sondern immer nur in Rudeln wie die Wölfe. Und ich sehe Ev, wie sie an der

Weitere Kostenlose Bücher