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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daß er dem Taxi nachgelaufen sei. Es mußte ein geradezu olympisches Rennen von Bouillon gewesen sein.
    »Es war einfach –«, sagte Fürst Globotkin, als alle in der Küche waren, sich mit Kaffee und Kognak bedienten und die ebenfalls bereitgestellten kalten, nassen Handtücher ergriffen, um sie auf einige Beulen, Schrunden, Schrammen und Risse in Gesicht und an den Armen zu drücken. Auch Pierre hatte es nötig … er hatte nicht nur zugesehen und dabei ein linkes blaues Auge bekommen. Zur Tat genötigt hatte ihn Bouillon. Er war – wie erwähnt – plötzlich im Jugendheim ›Jeunesse 2000‹ aufgetaucht und hatte sich mit einem Todesmut ohne Beispiel in das Kampfgetümmel gestürzt. Gerade als er sich in dem Hintern eines der Rocker festgebissen hatte, kam diesem ein Kamerad zu Hilfe und wollte Bouillon mit einem Messer abstechen. Das war das Signal für Pierre, aktiv einzugreifen. Mit einem Stuhl hatte er um sich geschlagen, Bouillon aus seiner Lebensgefahr befreit und war dann aus dem Knäuel der schlagenden Menschen nicht mehr herausgekommen.
    »Eine kurze, präzise Aktion«, sagte Fürst Globotkin und hob sein Kognakglas. »Nicht nur vom Physischen her … auch vom Psychischen. Sie wissen jetzt, daß sie zwölftausendfünfhundert Taxifahrer in Paris gegen sich haben. Daß wir sie ab sofort unter Beobachtung halten.« Er trank sein Glas leer und warf es dann gegen die Wand, wo es zerspritzte. Jaja, die Russen! »Aber dann die da –« Er zeigte auf den ›Roten Henry‹ und das lange, dürre ›Gebetbuch‹, die beide ein nasses kaltes Handtuch um den Kopf gewickelt hatten. »Der eine schreibt ein schweinisches Gedicht an die Wand, der andere verteilt Heiligenbildchen! Man soll es nicht für möglich halten! Ich habe schon viel Verrücktes erlebt, aber das …«
    »Man muß Stil haben«, sagte der ›Rote Henry‹. »Du wirst das nie begreifen, Fürst!«
    »Außerdem bedarf jeder Bedrängte des geistlichen Zuspruchs –« sagte das ›Gebetbuch‹. »Meine Bildchen werden sie beruhigen und seelisch festigen.«
    »O Kinder!« sagte Madame. Sie sagte tatsächlich Kinder, wo jeder damit gerechnet hatte, einen feuerspeienden roten Drachen vorzufinden. »Wie schön! Wenn das Leben nicht verrückt wäre – was wäre es dann noch wert?!«
    Sie fraßen und soffen bis zum Morgengrauen und begrüßten die trübe Wintersonne mit lallendem Gesang. Wladimir Andrejewitsch bekam Heimweh nach Rußland, das er gar nicht kannte, und weinte.
    Es war eine herrliche Siegesfeier.
    *
    Morgens um halb neun – wie es Ev jeden Tag pünktlich tat – erschien Pierre bei Monsieur Callac.
    Der Alte saß in seinem Büro, trank Kaffee und Kognak und beobachtete auf dem Fernsehschirm den Ladeneingang. Als er Pierre de Sangries hereinkommen sah, griff er schnell zur Munddusche, spritzte sich Menthol in den Gaumen und schlug mit der Faust auf den Tisch. Beruhigend allein war, daß Sangries kein Gemälde unter dem Arm trug, aber das will nicht viel heißen. Vielleicht hatte er einen Stapel draußen vor der Ladentür deponiert.
    Callac straffte sich, hauchte in die Luft, es roch beruhigend nach Menthol, und betrat dann seine Galerie mit der ganzen abweisenden, eiskalten Würde, die man an Callac rühmte und verfluchte.
    »Aha!« sagte er, bevor Pierre sein Anliegen vorbringen konnte. »Ein Kollege hat Ihnen bereits ein blaues Auge geschlagen. Kommen Sie, um sich bei mir das andere Auge behandeln zu lassen?«
    Manchmal konnte man Callac erwürgen, und jeder psychologisch etwas gebildete Richter hätte einen freigesprochen. Pierre schwieg, wartete auf weitere verbale Glanzleistungen und war bereit, sich weiter beschimpfen zu lassen. Aber Callac hielt sein Pulver zurück … er wartete auch. So stand man sich eine Weile gegenüber, sah sich stumm an und hatte Zeit, sich genau zu betrachten. Vor allem Pierre tat das … er hatte nie Gelegenheit gefunden, Marius Callac, den großen Callac, so lange aus der Nähe zu sehen. Ein faszinierender Kopf, helle Augen hinter den fürchterlich dicken Brillengläsern, eine zerklüftete Gesichtslandschaft, in der fast ein Jahrhundert wohnte. Jeder Mensch hatte recht, wenn er vor dieser Persönlichkeit klein wurde.
    »Wem wollten Sie ein Bild verkaufen?« fragte Callac endlich.
    »Wieso ein Bild, Monsieur?« fragte Pierre zurück.
    »Ihr blaues Auge –«
    »Es ist eine Trophäe für Ev …«
    »Bravo! Sie hat Ihnen einen über den Kopf gegeben! Braves Mädchen! Ich liebe sie wie meine Tochter. Jetzt noch

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