Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
mehr. Wo ist Ev?« Er blickte Pierre mißtrauisch an. »Sie haben doch nicht etwa zurückgeschlagen, Sie Wüstling?«
    »Ev schickt mich, Ihre Post zu bearbeiten, Monsieur Callac.«
    »Was tut sie?« Callac hob seine Greisenstimme. »Was ist mit meiner Ev?«
    »Sie liegt im Hôpital Laennec.«
    »Sie Hunne!« Callac ballte die Fäuste. »Und Sie wagen es noch –«
    »Pardon, Monsieur –« Pierre wich zurück. Der Alte war fähig, wirklich zuzuschlagen. »Lassen Sie sich alles erklären. Ev ist auf der Straße überfallen worden, und wir haben heute nacht die Angelegenheit bereinigt. Sie werden es heute abend im ›France soir‹ lesen. Sie schickt mich zu Ihnen, bis zu ihrer Wiederherstellung ihre Arbeit zu übernehmen.«
    »Ev schickt Sie? Ausgerechnet Sie?« Callacs dicke Brillengläser beschlugen wieder, ein Zeichen seiner großen Erregung. »Kommen Sie mit, junger Mann! Berichten Sie mir genau! Ev überfallen? Das ist ja unglaublich –«
    Es stimmt, dachte Pierre später, Callac trinkt Kognak. Ev hat nicht gelogen. Er saß im Büro auf Evs Platz, hatte mit Callac bis jetzt vier Gläschen getrunken und alles erzählt. Callac hatte sofort eine Blumenhandlung angerufen, einen großen Strauß Rosen ins Hospital schicken lassen und ein Gespräch mit Professor Mauron angemeldet. Auch Doktor Mauron war Kunde von Callac … wer, der in Paris etwas auf sich hält, war kein Kunde bei Callac?
    »Sie beherrschen die Büroarbeit?« fragte Callac jetzt.
    »Ja –«, log Pierre schamlos und mit treuem Blick.
    »Schreibmaschine? Buchführung?«
    »Alles, Monsieur.«
    »Warum malen Sie dann?«
    Ich könnte jetzt zurückfragen: Warum hat van Gogh gemalt … aber dann wirft er mich mit Sicherheit hinaus. So schwieg Pierre, hob nur die Schultern und verstand plötzlich zutiefst den kleinen häßlichen Bouillon, wie er im Regen vor dem warmen Kellerfenster gesessen hatte und auf eine Seele wartete, die ihn lieben würde.
    Bis elf Uhr hatte er die Post bearbeitet, Rechnungen ausgeschrieben, Anfragen beantwortet (er nahm dafür den Text von Ev aus früheren Briefkopien) und alles abgeheftet. Callac verhandelte mit einem Grafen, der einen Buffet kaufen wollte als Weihnachtsgeschenk für seine Gräfin. Die Sache hatte nur einen Haken: Er wollte in drei Raten bezahlen. Für Callac eine geradezu unvorstellbare Zumutung.
    »Fertig –«, sagte Pierre, als Callac in sein Büro zurückkam. Der Graf hatte doch mit Barzahlung hinausgehen müssen. »Es stehen noch vier Lieferungen aus. Ich kann sie ausführen, Monsieur. Ich eigne mich für alles, auch als Bilderzusteller.«
    Callac setzte sich, goß sich einen Kognak ein, reichte Pierre die Flasche über den Tisch und trank mit dem unnachahmlichen Charme von sechzig Jahre Kognaktrinken.
    »Sie lieben Ev?« fragte er plötzlich. Pierre zuckte zusammen.
    »Ja, Monsieur.«
    »Sie haben Ihren Kopf für sie hingehalten –«
    »Es war keine Heldentat, Monsieur. Wenn Bouillon nicht …«
    »Sie haben sich wegen Ev geschlagen, Pierre! Ihr Auge ist verletzt! Das Auge eines Malers.« Callac starrte auf seinen Fernsehschirm. Er war leer, keiner stand in der Galerie, aber er wollte jetzt Pierre nicht anblicken. »Bringen Sie mir morgen ein Bild von sich mit –«, sagte er. »Aber das hat nichts zu bedeuten …«
    Am Nachmittag kam Pierre nach Hause, den Arm voller Winterastern. Für Ev. Er setzte sich an Madames Küchentisch und starrte den häßlichsten Hund von Paris an, der vor dem warmen Ofen lag und träge mit dem Schwanz wedelte.
    »Petite mère –«, sagte er. »Es ist etwas Phantastisches geschehen. Bouillon hat an Callac ein Bild verkauft –«
    *
    Pierre erschien auf der Privatstation von Professor Mauron mit den Gefühlen eines Hochstaplers, der diesen Beruf gerade begonnen hat und eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit Betrug überwinden muß.
    Jetzt, am Tage, sah das Hospital, wenigstens dieser Teil, ganz anders aus als in der vergangenen dramatischen Nacht. Evs Zimmer hatte ein eigenes Waschkabinett, eingebaute Schränke aus Mahagoni, Radio und Fernsehen und glich mehr einem Appartement in einem Luxushotel als einem Krankenzimmer. An die Kosten zu denken, versagte sich Pierre bei diesem Anblick sofort, um nicht schwindelig zu werden. Er setzte sich an Evs Bett, küßte sie und legte ihr die Winterastern auf die Bettdecke. Die Schwester, die er im Flur getroffen hatte, besorgte bereits eine große Vase. Man war hier dienstbeflissen und lautlos schnell.
    Was kostet ein Tag, dachte Pierre,

Weitere Kostenlose Bücher