Liebe ist staerker als Haß
in ihm nichts als einen Howard sehen.
Er ballte die Fäuste und wandte sich ab. Seine Worte bedeuteten ihr nichts. Und warum betrübt mich das? fragte er sich zum tausendsten Mal. Was konnte es ihm denn ausmachen, wie diese eine junge Frau über ihn dachte? Warum vergnügte er sich nicht mit anderen? Er könnte jetzt mit einem vollbusigen Weib auf den Knien und einem zweiten neben sich lachen und trinken. Statt dessen stand er hier im Dunkeln und bemühte sich, einem hartschädligen Kobold von Mädchen beizubringen, daß er ein genauso gutaussehender Mann wie dieser Idiot Colbrand war. Er, Tearle, sah doch gut aus, er war reich und gebildet. Doch dieses Mädchen behandelte ihn wie den Sohn eines Hufschmieds.
Langsam drehte er sich wieder um. »Komm jetzt, wir gehen zum Zelt deines Bruder. Er wird sich Sorgen machen, wenn du nicht da bist.«
»Severn verbringt die Nacht nicht allein. Er verbringt sie bei einer Frau.«
Sie sagte es mit einer so belegten Stimme, daß er lächeln mußte. Ihm war nun klar, daß sie hier gesessen hatte, weil sie sich selber leid tat. Weil Colbrand nicht gespürt hatte, daß sie eine Frau war.
Doch er konnte es nicht mit ansehen, wie sie sich selber leid tat. Andererseits kannte er sie schon gut genug, um zu wissen, daß ihr Stolz stärker sein würde als ihr Selbstmitleid.
»Peregrine«, sagte er mit gespielter Ernsthaftigkeit, »und legtest du das schönste Gewand der ganzen Erde an, Colbrand würde dich übersehen. Zieh an, was du magst, du wirst nie eine Frau sein. Nie wirst du einen Mann verführen.«
Sie reagierte genauso, wie er gehofft hatte. Sie schoß in die Höhe. »Ich kann jeden Mann haben, den ich will. Liana hat gesagt, daß ich hübsch bin.«
Er lachte sie an. »Das hat dir eine Frau gesagt, aber kein Mann!«
Zared merkte nicht, daß er sie nur neckte, und war am Rande der Tränen. Denn er sprach alles aus, was sie selber empfand. »Auch ein Mann würde mir sagen, daß ich hübsch bin, wenn er wüßte, daß er eine Frau vor sich hat. Viele Männer würden mich mögen, wenn ...«
Plötzlich war Tearle nicht mehr in der Stimmung, sie aufzuziehen. Natürlich könnte sie jeden Mann verführen, den sie haben wollte. Aber wen würde sie denn verführen wollen? »So einen wie Colbrand?« sagte er verärgert. »Er spürt ja noch nicht einmal etwas, wenn deine Hände über seinen Körper gleiten.
Wie kommst du darauf, daß er es merken würde, wenn du Frauenkleider trügest?«
»Ich hasse dich«, flüsterte sie, »ich hasse dich.« Sie drehte sich um und kletterte die Uferböschung hinauf.
Er vertrat ihr den Weg. Er hatte sie nicht zum Weinen bringen wollen, aber ihr Verlangen nach Colbrand war ihm unerträglich. »Würde es dir etwas bedeuten, wenn ich dir sagte, daß du genauso hübsch und weiblich bist wie nur irgendeine Frau, die ich kenne?« fragte er leise.
Sie wandte den Kopf. Er sollte nicht sehen, daß sie weinte. »Was du sagst, bedeutet mir weniger als nichts.« Sie ging um ihn herum und schritt aufrecht und gerade davon.
Tearle folgte ihr auf dem Weg zum Zelt. Er fühlte sich elend. Durch seinen Spott hatte er sich nur selber weh getan.
6
Im Hauptzelt der Peregrines standen drei Feldbetten. Severns Männer schliefen im zweiten Zelt. Als Tearle hineinging, lag Zared bereits auf einem Bett. Wortlos entkleidete er sich bis auf das Lendentuch und ging zu Bett.
Er konnte nicht gleich einschlafen. Lange lag er wach und schaute zum Zeltdach hinauf. Das Mädchen machte etwas aus ihm, was ihm nicht gefiel. Er kannte sich selber nicht mehr wieder. Wo war der Mann geblieben, der mit Frauen scherzte und lachte, der eine Frau küßte und streichelte? Irgendwie erregte das Mädchen in ihm nur ohnmächtige Wut.
Bevor er einschlief, schwor er sich, daß er sich durch nichts mehr, was sie tat, aus der Ruhe bringen lassen würde. Als Severn zurückkam und mit dem Gesicht nach unten auf das dritte Bett fiel, wachte Tearle nur kurz auf.
Kurz vor dem Morgengrauen wurde er dann richtig wach. Er lauschte, die Augen weit aufgerissen, alle Sinne gespannt. Irgend etwas stimmte nicht. Ganz still lag er da, horchte in die Stille draußen und versuchte zu ergründen, ob ihnen Gefahr drohte. Sein erster Gedanke war, daß sein Bruder draußen umherschlich. Geräuschlos griff er nach dem Schwert neben seinem Bett.
Nach einer Weile merkte er, daß das, was ihn geweckt hatte, nicht draußen, sondern im Zelt sein mußte. Er warf die Decke zurück und ging zu Zared hinüber. Obwohl kein
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